Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
du hast leider auch keine Zeit, ich brauch dich noch für die Überwachungsvideos. Schön dableiben.«
Renn und Böhm nutzten die Gelegenheit und verdrückten sich eilig. Maier nahm schmollend wieder Platz.
Kluftinger fläzte sich auf einen der Sessel in seinem Büro. Gut zwei Minuten schwiegen sich die beiden Kollegen an. Bis Richard Maier sich auf einmal aufrichtete und mit einer fahrigen Handbewegung in Richtung Couchtisch zeigte: »Sag mal, wieso blinkt und vibriert denn dein Handy dauernd? Das macht mich hochgradig nervös! Kannst du das mal bitte abstellen?«
Das konnte er nicht, weshalb Kluftinger das Mobiltelefon beiläufig ein Stück in Maiers Richtung schob. »Mach’s doch grad selber aus.«
Maier griff sich das Telefon, drückte einige Tasten und verkündete mit wichtiger Miene, der Kommissar habe ein Voicememo des Anrufs, der während der Pressekonferenz eingegangen war.
»Was hab ich?«, fragte Kluftinger besorgt.
»Ein Voicememo hast du erstellt zu dem Anruf!«
»Ist das schlimm?«
Maier runzelte die Stirn. »Wie, schlimm? Du hast doch das Gespräch mitgeschnitten. Soll ich’s löschen?«
»Ja … klar. Mitgeschnitten. Mach ich immer. Nix wird da gelöscht! Lass es doch bitte grad noch mal laufen.«
Maier startete die Aufnahme, wobei Kluftinger versuchte, sich die Tastenkombination einzuprägen, die dafür nötig war. Wenig später drangen aus dem kleinen Lautsprecher knackend und scheppernd ein paar undefinierbare Geräusche: Es raschelte und brummte, und Maier begann sofort, einen Vortrag über die mangelnde Klangqualität von Kluftingers altem Handy zu halten. Der schüttelte den Kopf und beschloss, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Vielleicht hatte sich ja einfach jemand verwählt.
Eine Stunde später meldeten sich Hefele und Strobl vom Auto aus: In wenigen Minuten wären sie mit dem Filmmaterial da. Kluftinger machte sich auf in den kleinen Besprechungsraum, wo Maier bereits einen Beamer vorbereitet hatte.
»Und, alles klar, Richie?«, fragte er, als er den abgedunkelten Raum betrat. Maier saß an einem Laptop, der Projektor warf ein blaues Rechteck an die Wand.
»Sicher! Ich hab sogar eine Splitscreen vorbereitet.«
»Auweh.«
»Ich werde beide Überwachungsfilme parallel laufen lassen, damit wir eventuelle Kreuztreffer besser identifizieren können!«
»Aha.« Kluftinger setzte sich und war froh, dass in diesem Moment auch seine beiden Kollegen mit dem Material aus Buchloe eintrafen. Maiers Vorträge über moderne Projektions- und Videotechnik hätte er nur schwer ertragen nach alldem, was passiert war.
»Du, Richie, lass doch gleich noch mal das aus Kaufbeuren laufen. Sagen wir, wir beginnen eine halbe Stunde vor dem Tatzeitpunkt, dann sind wir wieder in der G’schichte drin«, bat Kluftinger.
Wenige Minuten darauf liefen parallel dazu die Bilder aus Buchloe. Die beiden Aufnahmen zeigten ähnliche Szenen: Menschen, die Züge verließen, andere, die wartend und frierend auf den Bahnsteig kamen, den Kopf eingezogen, die Hände in den Taschen, und die sich an Stellen kratzten, an denen man das nur tut, wenn man sich unbeobachtet wähnt. Reisende betraten und verließen den Bahnsteig, ein junges Pärchen turtelte eng umschlungen, eine Frau telefonierte, ein abgerissen aussehender Typ mit Kapuzenjacke hielt seine Hände schützend vors Gesicht, um sich eine Zigarette anzuzünden …
»Stopp, zefix!«, schrie Kluftinger auf einmal. Erneut fuhr ihm dieses Stechen in die Brust, doch er achtete nicht weiter darauf. Maier hielt die beiden parallel laufenden Filme an, während sich der Kommissar der Leinwand näherte.
»Richie, fahr zurück. Rechts, in Buchloe, der Typ mit der Kapuzenjacke. Der mit der Zigarette im Mund … der war vorher in Kaufbeuren. Hundertprozentig, ich erinnere mich an den!«
Nun lief der Film langsam zurück, und der Mann, den Kluftinger gemeint hatte, ging rückwärts wieder in Richtung Treppe.
»Minimal vor!«, rief Kluftinger. Das Bild ruckte zweimal, und Maier konnte das Gesicht des Mannes heranzoomen. Es war nicht ganz deutlich, aber man konnte ihn erkennen. Er hatte für einen kurzen Moment Richtung Kamera geblickt, als er den Bahnsteig betreten hatte.
»Kennt ihr den?«
Die Kollegen schüttelten die Köpfe.
»Richie, lass uns den auf dem Kaufbeurer Film suchen!«
Zwei Minuten später sah man auf der Leinwand nebeneinander tatsächlich denselben jungen Mann: einmal das Gesicht der Kamera zugewandt, einmal, auf dem Video aus
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