Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
Kaufbeuren, mit gesenktem Kopf.
»Bingo«, sagte Maier.
Hefele wirkte verblüfft. »Hut ab, Klufti, du erstaunst einen immer wieder, echt.« Die anderen nickten zustimmend.
»Der Lodenbacher, ihr wisst schon, unser allseits beliebter und geschätzter Polizeipräsident …«, der Kommissar machte eine Pause und sah zu Maier, »… der wird sich auf jeden Fall freuen. Richard, du versuchst, ein möglichst gutes Bild rauszuziehen, und schickst es ans LKA wegen der Dingsda, der Verbrecherkartei. Vielleicht haben wir Glück, und der Herr hat schon was auf dem Kerbholz. Würd mich doch wundern, wenn der nicht zumindest was mit Betäubungsmitteln am Hut hat, so fertig, wie der aussieht. Wenn die einen Treffer haben, werden sie sich ja melden. Ich lass das Handy an, ruft durch, wenn ihr was wisst.«
»Können wir dann auch heimgehen?«, fragte Strobl.
»Wenn ihr das habt: logisch. Aber haltet euch alle bereit, falls was wär.«
Zwanzig Minuten später öffnete Kluftinger sein Garagentor. Er war guter Dinge; der Fall hatte eine überraschend positive Wendung genommen. Beim Parken des alten Passats achtete er darauf, exakt in dem Moment anzuhalten, als der Sektkorken, der an einem Faden von der Decke baumelte, die Windschutzscheibe berührte. Er hatte diese Hilfskonstruktion entworfen, damit er nicht zu weit hineinfuhr – und so am Ende noch seinen Zweitwagen beschädigte, der momentan hinten quer in der Garage im Dornröschenschlaf lag. Er wollte den rosafarbenen Smart, den er sich umständehalber im letzten Jahr hatte zulegen müssen, nicht leichtfertig zu irgendeinem Spottpreis verschleudern, sondern ihn lieber aufheben, bis der Passat eines Tages seinen Dienst versagte. Gegen Erikas Bitten, den Kleinwagen doch angemeldet zu lassen, schließlich sei sie dann tagsüber viel mobiler, hatte er plausible finanzielle Gründe ins Feld geführt – und seine Frau irgendwann klein beigegeben. Außerdem hatte es ihn viele Stunden und ebenso viele Flüche gekostet, den Wagen in diese Position zu rangieren.
Er lehnte das Tor an – es schloss wegen der Doppelbelegung der Einzelgarage nicht mehr ganz – und betrat den Hausgang. Tief sog er den Duft in seine Lungen: So roch es immer montags, wenn Erika ihm seine Kässpatzen machte. Das Aroma von Zwiebeln und Käse mischte sich mit jenem wohligen Eigengeruch, der sich im Laufe der Jahre in jedem Haushalt bildet.
Der Kommissar zog seine Haferlschuhe aus, schlüpfte in seine Fellclogs und steuerte sein Wohnzimmer an, wo er Erika vor dem Fernseher vermutete. Im Türrahmen setzte er gerade zu einem »Bin dahoim!« an, hielt jedoch die Luft an, als er sah, dass seine Frau vor dem Fernseher eingenickt war. Also machte er sich seufzend auf in die Küche. Er war den ganzen Tag über nicht zu einer richtigen Mahlzeit gekommen, hatte gar keinen richtigen Hunger verspürt. Zu schwer waren ihm der rätselhafte Fall und die drohende Pressekonferenz im Magen gelegen. Doch nun waren sie einen entscheidenden Schritt weitergekommen, und er wollte sich zu dieser späten Stunde wenigstens noch einen kleinen Imbiss gönnen.
Die Kässpatzen standen allerdings bereits aufgeräumt in einer mit Folie abgedeckten Schüssel auf dem Küchentisch. Na gut. Gab es sie eben morgen, abgeröstet. Gegen ein kaltes Abendessen war auch nichts einzuwenden. Nur drei Minuten später hatte Kluftinger drei Butterbrote, eine Scheibe Leberkäse, ein paar Radieschen und Essiggurken, einige Rädle Salami und einen ordentlichen Ranken Bergkäse auf einem hölzernen Brotzeitbrettchen drapiert und den Inhalt einer Flasche Bier in seinen Lieblings-Steingutkrug umgefüllt. Gerade wollte er wieder ins Wohnzimmer gehen, da fiel sein Blick erneut auf die Kässpatzenschüssel. Kleine Wassertröpfchen hatten sich an der Klarsichtfolie gebildet. Er zog sie ein Stück auf: Ein betörender Duft strömte heraus, und sein Entschluss geriet ins Wanken. Vielleicht doch? Andererseits hatte er ja schon die Brote geschmiert … Mit zwei Fingerrücken prüfte er die Temperatur samt Zwiebelauflage: Die Spatzen waren handwarm, also eigentlich noch zum Verzehr geeignet.
Kluftinger schürzte die Lippen. Wer sagte denn eigentlich, dass nur Wurst, Käse, Marmelade und Butter adäquate Brotauflagen waren? Warum nicht mal neue Wege gehen?
Kurzerhand schichtete der Kommissar die Auflage auf seinem Brettchen ein bisschen um, bis drei üppige Kässpatzenbrote den Mittelpunkt bildeten.
Im Wohnzimmer stellte er sein Abendessen ab, deckte
Weitere Kostenlose Bücher