Herzen in süßer Gefahr (German Edition)
knapp. „Mademoiselle Mallington ist zäher, als wir ihr zugetraut hatten.“ „Was wird geschehen, wenn Sie sie nicht finden? Commandant La Roque hat nicht …“ „Wenn ich sie nicht finde“, unterbrach Dammartin ihn, „wird sie sterben.“ Und damit galoppierte er davon.
4. KAPITEL
Ein kalter Herbstwind fegte über das Land und riss so heftig an den kahlen Ästen der Bäume, dass sie knarrten und ächzten. Josettes Ausdauer ließ allmählich nach, während sie atemlos den Weg zurückhastete, den die französische Armee gekommen war. Er führte durch bergiges Gelände, in dem es nur spärliche Vegetation und ansonsten nichts als schroffe Felsen, steile Abhänge und Geröll gab, und nirgendwo einen Platz, wo sie Unterschlupf finden konnte.
Allerdings erinnerte sie sich, dass sie etwa eine Stunde, bevor sie den Lagerplatz erreicht hatten, an einer verlassenen Hütte vorbeigekommen waren, und auf genau diese Hütte hielt sie jetzt zu. Nur eine letzte steile Erhebung galt es noch zu überwinden, dann musste das baufällige kleine Gebäude in Sicht kommen. Josettes Lungen brannten, und sie hatte Seitenstechen, doch sie kämpfte sich weiter, da es nur eine Frage der Zeit war, bis man ihre Abwesenheit bemerkte.
Die Abenddämmerung hatte eingesetzt, und sie wusste, dass sie sich beeilen musste. Sobald es dunkel war, würde sie auf der von Geröll und Schlaglöchern übersäten Straße nichts mehr erkennen können, auch nicht den beinahe senkrechten Steilhang zu ihrer Rechten. Irgendwo in der Ferne heulte ein Wolf. Eine Gänsehaut überlief sie, und sie zwang sich, schneller zu gehen. Doch sie floh nicht vor dem Raubtier, der Gedanke an Capitaine Dammartin trieb sie vorwärts.
Plötzlich stolperte sie über einen Stein, verlor das Gleichgewicht und stürzte hart auf die rechte Schulter. Der Schmerz raubte ihr für einen Moment den Atem, aber sie rappelte sich sofort wieder auf und lief weiter, ohne das Brennen ihrer aufgeschürften Hände und Knie zu beachten.
Dammartin ritt im schwindenden Tageslicht weiter und stieß eine Verwünschung aus. In Kürze würde es dunkel sein, und dann hatte er keine Möglichkeit mehr, sie zu finden. Diese kleine Närrin, schimpfte er insgeheim. Ohne ein schützendes Dach über dem Kopf lief sie Gefahr, von wilden Tieren angegriffen zu werden oder womöglich sogar zu erfrieren. Und auch wenn ihr Vater sein Todfeind gewesen war, wollte er nicht, dass sie ihr Leben riskierte.
Er ließ den Blick über den Weg vor ihm gleiten und über den Bergabhang, an dem er sich hinaufschlängelte. Sein Spürsinn sagte ihm, welche Richtung das Mädchen eingeschlagen haben musste. Er nahm sein Fernrohr aus der Satteltasche und suchte die Gegend ab, durch die sie gekommen waren. Und plötzlich entdeckte er eine kleine, dunkle Gestalt in nicht allzu großer Entfernung. Erleichtert schob er das Fernrohr zusammen und steckte es ein.
Das Heulen eines Wolfs ertönte in der Stille und drängte ihn zur Eile. Noch hatte Mallingtons Tochter einen Vorsprung, aber bald würde er sie eingeholt haben.
Josette blieb stehen und spähte angestrengt in die rasch hereinbrechende Dunkelheit. Eine unerklärliche Ahnung von Gefahr sandte ihr einen Schauder den Rücken hinunter. Sie lauschte mit angstvoll klopfendem Herzen. Nur der Wind war zu hören und das abgerissene Keuchen ihres eigenen Atems. Ein schwaches Rascheln zu ihrer Linken ließ sie zusammenfahren. Ihr Kopf fuhr herum, doch außer einigen dürren Sträuchern am Fuß eines riesigen Felsens konnte sie nichts erkennen. Rechts von ihr rieselten plötzlich Kieselsteine den Steilhang hinab. Wieder zuckte sie zusammen. Doch dann straffte sie sich. Du darfst dich nicht von jedem kleinsten Geräusch erschrecken lassen, ermahnte sie sich streng. Konzentrier dich lieber darauf, so schnell wie möglich zu der Hütte zu gelangen .
Mit einem Mal drang entferntes Hufgeklapper an ihr Ohr.
Dammartin.
Für einen kurzen Moment hielt die Angst sie gepackt und sie vermochte sich nicht zu rühren. Dann setzte ihr Verstand wieder ein.
Vor ihm davonzulaufen war sinnlos, dafür kam er viel zu schnell näher, und das dürre Strauchwerk um sie her bot keine Möglichkeit, sich zu verbergen. Sie sah sich um und entdeckte keine fünfzig Yards voraus eine Stelle, an der der schroffe Fels in einen immer noch recht steilen Abhang überging, den zu erklimmen sie sich jedoch zutraute und auf dessen halber Höhe sich ein schmaler Vorsprung befand. Wenn sie es schaffte, diesen
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