Herzen in süßer Gefahr (German Edition)
seinen Helm ab und fuhr sich mit der Hand durch das nasse Haar. Er genoss den kurzen Moment des Alleinseins in dem leeren Zelt. Jeder Knochen tat ihm weh, und er war völlig ausgehungert. Aber es störte ihn nicht; warum sollte es ihm besser gehen als den Männern, die unter ihm dienten. Mit einem Seufzer strich er sich über das unrasierte Kinn. Das Klappen der Zelttür ließ ihn aufblicken. Sergeant Lamont trat ein.
„Capitaine. Rosa hat Mademoiselle Mallington die Sachen gebracht.“
„Gut. Danke, Lamont. Sie haben Rosa das Geld gegeben?“
„Ja. Ich habe ihr gesagt, dass sie es nicht annehmen soll, Sir, aber Sie will es sparen.“
„Für Ihre gemeinsame Zukunft?“ Lamont lachte. „Ich nehme nicht an, dass sie mit einem alten Mann wie mir zusammenbleiben will. Schon bald wird sie sich davonmachen.“
„Nein, mein Freund“, erwiderte Dammartin überzeugt. „Das glaube ich nicht. Sie haben sie vor einem Schicksal gerettet, das jeder Frau zuwider ist. Das wird sie Ihnen nicht vergessen.“
„Ich verlange nichts von ihr.“
„Und genau deswegen bleibt sie. Es ist für keine Frau leicht, der Trommel zu folgen. Also muss es etwas geben, das ihr wichtig genug ist, um zu bleiben“, sagte Dammartin mit einem Lächeln.
Lamont zuckte gleichgültig die Achseln, aber Dammartin durchschaute ihn.
„Ist der Mantelsack von Mademoiselle noch nicht wieder aufgetaucht?“ Lamont kratzte sich am Kinn. „Er kann nicht vom Maulesel gefallen sein, mon Capitaine .“
Die beiden Männer sahen sich an.
„Und außerdem“, fuhr Lamont fort, „ist es nicht einfach, etwas vom Maulesel eines Offiziers zu stehlen, noch dazu am helllichten Tage.“
„Sie fragen sich gar nicht, warum jemand den Mantelsack einer Gefangenen stehlen will?“
„Jedenfalls waren es nicht die Frauen. Rosa ist über alles im Bilde, was bei ihnen vor sich geht. Sie mögen Mademoiselle Mallington nicht, aber sie würden es nicht wagen, irgendetwas an sich zu nehmen, das ihr gehört.“
„Nein, die Frauen stecken nicht dahinter, Lamont. Selbst wenn sie gewollt hätten, das verdammte Ding wäre viel zu schwer für sie gewesen.“
„Es gibt da noch eine Möglichkeit, mon Capitaine . Mallington ist bei allen verhasst, und jeder weiß, dass sie seine Tochter ist. Es hat wie aus Eimern geregnet. Ihr ist kalt, sie ist klatschnass. Und jetzt hat sie keine trockenen Sachen. Vielleicht will jemand sie leiden sehen?“
„Vielleicht“, versetzte Dammartin, aber insgeheim wusste er, dass Lamonts Vermutung nicht zutraf. „Fragen Sie inoffiziell bei den Männern nach. Jemand von ihnen muss etwas gesehen haben.“
„Gut. Der Eintopf ist fertig. Soll ich Mademoiselle Mallington einen Teller bringen?“
„Das mache ich selbst, danke. Ich möchte mit ihr reden.“
Lamont schenkte ihm einen nachdenklichen Blick, ein kaum merkliches Lächeln um die Lippen.
„Sehen Sie mich nicht so an, Lamont. Wenn ich weibliche Gesellschaft wünschte, wie Sie zu denken scheinen, könnte ich sie im Tross finden. Aber ich werde wohl kaum vergessen, wessen Tochter Mademoiselle Mallington ist.“ Noch während er die Worte äußerte, wusste er, dass sie nicht der Wahrheit entsprachen. Er hatte sich noch nie eine Frau aus dem Tross genommen, und er war einige Male gefährlich nahe daran gewesen, Mademoiselle Mallingtons Herkunft zu vergessen.
Lamont lachte. Er ging hinaus und überließ es Dammartin, nach Josette Mallington zu sehen.
Josette verknotete die Verschnürung ihres Mieders.
„Excusez-moi, mademoiselle.“ Die Stimme auf am Zelteingang gehörte unzweifelhaft Capitaine Dammartin.
Sie betrachtete besorgt den tiefen Ausschnitt des Kleides und seufzte. „Einen Augenblick, bitte.“ Verzweifelt sah sie sich nach etwas um, mit dem sie ihre Blöße bedecken konnte, um den Anstand zu wahren. Aber es gab nur die nassen Sachen auf dem Boden und die Decken ihres Behelfsbettes. Hastig eilte sie zu ihrem Lager, griff nach der obersten Decke und legte sie sich um die Schultern.
„Mademoiselle Mallington?“ Ohne weiter abzuwarten, trat Dammartin ins Zelt.
„Capitaine.“ Nach einem schnellen Blick, der ihr versicherte, dass die Decke ihren Zweck erfüllte, wirbelte Josette herum.
Dammartin trug den grünen Uniformrock mit den Messingknöpfen. Den Helm hatte er abgenommen und sich das nasse Haar aus dem Gesicht gestrichen. „Ihr Abendessen.“
Er stellte ein Tablett auf den Tisch. Josette nahm auf dem Stuhl Platz, und er blieb stehen.
Fast sofort spürte sie,
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