Herzen in süßer Gefahr (German Edition)
Unwillkürlich reckte sie sich ihm entgegen. Die Decke rutschte ihr von den Schultern.
Draußen näherten sich Schritte, und plötzlich ertönte ein vernehmliches Räuspern.
Dammartin und Josette erstarrten.
„Capitaine“, erklang Lamonts Stimme von draußen – und der Zauber war gebrochen.
Dammartin ließ sie los und öffnete die Zelttür – gerade so weit, dass man nicht hereinsehen konnte.
Der Sergeant und er unterhielten sich leise auf Französisch. Zwar bekam Josette nicht jedes Wort mit, aber sie hörte genug, um zu verstehen, warum Lamont es für angemessen hielt, seinen Capitaine zu stören. Die Laterne im Zelt verwandelte die Vorgänge im Zelt zu einer Art Schattentheater. Wer draußen stand, konnte jede Bewegung im Innern verfolgen. Dammartins Männern war nichts entgangen. Josettes Wangen brannten vor Scham.
Falls Dammartin verlegen war, so ließ er sich jedenfalls nichts davon anmerken, als er die Zelttür fallen ließ und sich zu ihr umwandte.
„Pardon, Mademoiselle … ich muss gehen.“
Sie biss sich auf die Unterlippe und brachte kein Wort heraus.
Nach einem letzten langen Blick drehte er sich um und verließ das Zelt.
9. KAPITEL
Als Allererstes löschte Josette die Laterne. Erst dann zog sie sich aus, um zu Bett zu gehen. Sie behielt Rosas Unterkleid an und deckte sich zu.
Das Herz klopfte ihr bis in die Haarwurzeln, und ihr ganzer Körper kribbelte bei dem Gedanken daran, was geschehen wäre, wenn Lamont sie nicht unterbrochen hätte. Sie war sicher, dass Dammartin sie geküsst und sie seinen Kuss erwidert hätte. Es wäre keine Bestrafung gewesen, kein Kuss, der sie vor seinen Männern demütigen sollte, sondern ein echter Kuss zwischen einem Mann und einer Frau, die sich zueinander hingezogen fühlten.
Sie berührte ihre Lippen mit der Fingerspitze, so wie er es getan hatte. Es nützte nichts, sich etwas vorzumachen: Sie hatte sich gewünscht, dass Capitaine Pierre Dammartin sie küsste – ihr Feind, der Mann, der für den Tod ihres Vaters verantwortlich war. Die ernüchternde Erkenntnis erfüllte Josette mit Scham und erdrückenden Schuldgefühlen. Lieber Himmel, was hätte ihr Vater dazu gesagt?
Mit einem leisen Stöhnen flüsterte sie: „Papa, vergib mir.“
Was sie getan hatte, war verrückt und verwerflich. Aber sie kam nicht dagegen an. Dammartin erweckte Gefühle in ihr, die sie verwirrten und gleichzeitig entzückten. In seiner Nähe verlangte es sie danach, von ihm geküsst zu werden und seine starken Arme um sich zu spüren. Wenn er bei ihr war, vergaß sie alles – die Tagebücher, ihren Vater, die Banditen, den Kampf in Telemos. Es gab dann nur den französischen Capitaine und ihre Sehnsucht nach seinen Küssen. Die Erkenntnis schockierte und entsetzte sie.
Als könne sie durch die Dunkelheit sehen, richtete sie den Blick in die Richtung, wo das Zelt stand, in dem er, Lamont und Molyneux die Nacht verbrachten. Dammartin … Ein Schauer überlief sie, sobald sie nur an ihn dachte. Seufzend schloss sie die Augen und betete darum, die Kraft zu finden, ihren schamlosen Wünschen zu widerstehen.
Doch Dammartin schlief nicht in dem Zelt. Nur Molyneux befand sich dort. Der Capitaine und Lamont saßen auf einem Hügel und blickten auf das Lager hinunter. Lamont rauchte seine lange Tonpfeife. Ein kleiner glühender Punkt leuchtete jedes Mal auf, wenn er an ihr zog. Der süßliche Geruch seines Tabaks erfüllte die Nachtluft. Hier und da tropfte es von den Bäumen – ein letzter Rest des heftigen Regengusses, der hinter ihnen lag.
Lamont sog an seiner Pfeife und schien damit zufrieden, zu den dunklen Wolken hinaufzustarren, die die Sterne am Himmel vollständig verdeckten.
Er räusperte sich. „Sie begehren sie. Die Engländerin.“
Dammartin straffte die Schultern. „Ihr Vater hat meinen ermordet. Sie trägt den Namen, den ich seit Monaten hasse. Sie ist meine Feindin und eine Frau, die mich eigentlich abstoßen sollte.“ Er verzog den Mund zu einem verbitterten Lächeln. „Und dennoch kann nichts von alldem mich aufhalten. Das ist wirklich ein Problem, Lamont.“
„Manche Probleme lassen sich leicht lösen.“
„Dieses nicht. Was Mademoiselle Mallington angeht, kann ich mir nicht mehr trauen. Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie eingegriffen haben.“
„Sind Sie das wirklich?“ Lamont sah ihn eindringlich an.
„Glauben Sie, ich möchte das Andenken meines Vaters beschmutzen?“
Lamont seufzte. „Ich weiß, wie sehr sein Tod Sie schmerzt,
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