Herzen in süßer Gefahr (German Edition)
wie ihr Herz schneller zu schlagen begann. „Haben Sie Neuigkeiten, was meinen Mantelsack angeht?“, fragte sie.
„Leider nein.“
Sie wartete.
Dammartin öffnete die Weinflasche, die er mitgebracht hatte, und füllte einen Becher. „Essen Sie, bevor es kalt wird“, sagte er.
Nickend griff Josette nach dem Löffel und begann, den Eintopf zu essen. Sie bemerkte, dass Dammartins Blick über die Decke auf ihren Schultern und den weiten rotschwarzen Rock glitt. „Rosa hat Ihnen ein Kleid gebracht.“
Wieder nickte sie.
Es war ihm keine Gefühlsregung anzusehen, aber er strahlte eine seltsame Anspannung aus, so, als sei er in Alarmbereitschaft. Josettes Magen zog sich zusammen. Sie fragte sich, warum er gekommen war und was seine Haltung zu bedeuten hatte.
Der Löffel kratzte über den Zinnteller. Das Geräusch erschien ihr viel zu laut in der Stille, die das Zelt erfüllte. „Ich werde es ihr zurückgeben, sobald ich kann.“
„Das ist nicht nötig. Rosa ist entschädigt worden.“
„Ja, das erwähnte sie.“ Josette blickte zu ihm hoch. Die Worte der schönen dunkelhaarigen Portugiesin waren ihr noch im Ohr. Zum ersten Mal sah sie in Dammartin nicht den französischen Offizier, der das Kloster bei Telemos gestürmt hatte, und nicht einmal den Feind, sondern nur den Mann.
Ihr fiel auf, dass sie kaum etwas über ihn wusste – eigentlich nur die Geschichte über seinen Vater. Sie fragte sich, ob er verheiratet war, ob er Kinder hatte, ob er Rosa heute Nacht mit in sein Bett nahm. Sie hätte nicht sagen können, warum dieser Gedanke sie so sehr störte. Er sollte mir nicht das Geringste ausmachen, sagte sie sich. Doch die bloße Vorstellung irritierte sie über die Maßen.
Sie nahm einen Schluck Wein. „Sind Sie verheiratet, Capitaine?“
Sein Erstaunen war offensichtlich. Nach kurzem Zögern antwortete er: „Nein, Mademoiselle.“
Ihr Herz schlug ein wenig schneller, und sie trank mehr Wein. „Rosa ist keine Gefangene der Franzosen.“
Dieses Mal hob er eine Augenbraue. „Nein, das ist sie nicht.“
Wieder herrschte Stille, und die Spannung zwischen ihnen schien beinahe mit Händen greifbar.
Josette bedauerte ihre Unbedachtheit. Er war ihr Feind und sie seine Gefangene. Warum sollte es ihr etwas ausmachen, was er tat? Warum war er überhaupt in ihrem Zelt?
„Rosa folgt der Truppe wegen Sergeant Lamont“, sagte Dammartin.
„Ich dachte nur …“ Josette trank abermals von ihrem Wein. „Ich bin überrascht, mehr nicht. Weil sie doch Portugiesin ist.“
„Lamont bewahrte sie davor, von einer Gruppe Partisanen vergewaltigt und ausgepeitscht zu werden.“
Josette stockte der Atem, als sie sich an ihre eigene entsetzliche Erfahrung vor ein paar Tagen erinnerte. Hastig verdrängte sie den Gedanken. „Warum wollten ihre eigenen Landsmänner ihr so etwas antun?“
„Sie glaubten, sie habe sich mit dem Feind eingelassen.“
„Hatte sie?“
„Sie war unschuldig, aber in Portugal ist unsere Armee verhasst. Wenn sie in ihr Dorf zurückgekehrt wäre, hätte man sie getötet.“
„Also folgt sie den französischen Truppen.“
„Sie folgt Lamont“, korrigierte Dammartin.
„Weil er sie gerettet hat.“ Mit angehaltenem Atem sah Josette ihm in die Augen.
„Ja.“
Sein Blick ließ ihren nicht los. Josette schob ihren Teller von sich und stand auf – in der Hoffnung, dass Dammartin den Wink verstehen würde. „Vielen Dank für das Abendessen.“
Wortlos füllte Dammartin ihr Wein nach.
„Es war ein anstrengender Tag, Sir. Ich bin müde und …“
„Setzen Sie sich, Mademoiselle“, unterbrach er sie leise.
Er bemerkte die Angst in Josette Mallingtons Augen. Dennoch konnte Dammartin seine Befragung nicht länger aufschieben. Sie waren beide erschöpft, aber er musste sich endlich Klarheit verschaffen.
„Sie waren sehr bekümmert über den Verlust Ihres Mantelsacks“, begann Dammartin.
Sie nickte.
„Kleidung kann ersetzt werden. Ich gebe zu, dass Ihr Verhalten mich erstaunt hat.“ Er beobachtete sie aufmerksam.
„Ich weiß nicht, was Sie meinen.“ Sie sah ihn nicht an.
„Sie waren außer sich und verängstigt.“
Josette zwang sich zu einem Lächeln. „Ich fror, und ich war klatschnass. Und dann musste ich zu allem Übel noch erfahren, dass meine gesamte Habe gestohlen wurde. Was für ein Verhalten hatten Sie von mir erwartet, Capitaine?“
„Wie viele Jahre haben Sie Ihren Vater auf seinen Märschen begleitet, Mademoiselle?“
„Fast mein ganzes Leben.“
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