Herzensbrecher: Roman (German Edition)
würde.
Im März hatte Maxine viel um die Ohren. Sie war zu zwei Tagungen eingeladen. Eine fand in San Diego statt. Es ging um traumatische Erlebnisse bei Kindern unter zwölf Jahren. Maxine war die Hauptrednerin. Die andere Tagung war in Washington DC und drehte sich um Suizidalität bei Jugendlichen. Maxine nahm an der Podiumsdiskussion teil, mit der die Tagung eröffnet wurde, und hielt am zweiten Tag einen Vortrag. Sie hatte gehofft, dass Blake in den Osterferien etwas mit den Kindern unternehmen würde, aber er konnte nicht aus Marokko fort, weil er bis über beide Ohren in den Vorbereitungen für den Umbau steckte. Für die Kinder war das eine Enttäuschung, und Maxine musste sich eine Woche freinehmen. Thelma würde sie in dieser Zeit vertreten.
Maxine fuhr mit den Kindern für ein paar Tage nach New Hampshire zum Skilaufen. Charles konnte sie nicht begleiten. Er hatte zu viel in der Praxis zu tun. Also fuhr Maxine mit den Kindern, die jeweils einen Freund mitnehmen durften. Sie verbrachten eine schöne Zeit. Ein paar Mal telefonierte sie mit Charles und erzählte ihm, wie turbulent es bei ihnen zuging. Er gestand, froh zu sein, dass er zu Hause geblieben war. Sechs Kinder waren zu viel für seine Nerven. Drei waren mehr als genug. Maxine dagegen war Feuer und Flamme.
Am Tag nach ihrer Rückkehr musste sie zu der Tagung nach Washington DC. Charles flog ihr für eine Nacht hinterher, damit sie sich überhaupt sahen. Doch an diesem Tag war Maxine erst um Mitternacht im Hotel.
Charles hatte zwar Verständnis dafür, dass Maxine so beschäftigt war, aber es verärgerte ihn doch. Er hatte ihr schon vorgeschlagen, sich einen Monat freizunehmen, damit sie in Ruhe die Hochzeit vorbereiten könnte, doch sie hatte nur laut gelacht. Wie und wann sollte sie das bewerkstelligen? Es war absolut undenkbar. Blake hatte sich zwar in Aspen wunderbar um die Kinder gekümmert, aber vor Juli oder August würde er nicht wieder auf der Bildfläche erscheinen.
Als der Frühling anbrach und es langsam wärmer wurde, hatte Maxine in der Praxis noch mehr zu tun. Einige Patienten reagierten negativ auf Frühling und Herbst. Laut Statistik brachten sich im September die meisten Jungen im Teenageralter um. Wenn ab März öfter die Sonne herauskam, die Blumen blühten und Freude in der Luft lag, fühlten sich Menschen, die unter Wintertrübsinn litten, langsam besser. Aber Maxines schwerkranken Patienten machte gerade dieser Jahreszeitenwechsel besonders zu schaffen. Sie waren wie kleine Kieselsteine, die vom Meer an den Strand gespült wurden und dort liegen blieben. Verzweifelt und elendig harrten sie in der Dunkelheit aus. Gerade für selbstmordgefährdete Jugendliche brach nun eine besonders risikoreiche Phase an.
Maxine konnte nicht verhindern, dass sich einer ihrer Patienten im März das Leben nahm. Thelma verlor ebenfalls einen Patienten, einen achtzehnjährigen Jungen, der bereits seit vier Jahren bei ihr in Therapie war.
Bei einem gemeinsamen Mittagessen vertraute Maxine ihrer Freundin an, dass sie sich verlobt hatte. Die Neuigkeit heiterte die beiden Frauen ein wenig auf, wie ein Hoffnungsschimmer in einer traurigen Welt.
»Wow! Das sind ja tolle Nachrichten!«, rief Thelma und sah Maxine begeistert an. Es tat gut, über etwas Positives zu sprechen. »Wie werden die Kinder es aufnehmen?«
Maxine sagte, dass sie es den Kindern nicht vor Juni mitteilen wolle und dass die Hochzeit für August geplant sei. »Ich hoffe, dass sie dann bereit sind, es zu akzeptieren. Sie gewöhnen sich langsam an Charles. Natürlich würden sie von sich aus nichts ändern wollen. Für die drei ist es wunderbar, mich für sich allein zu haben.« Maxine wirkte besorgt bei diesen Worten, aber Thelma lächelte sie beruhigend an.
»Das macht sie zu normalen, gesunden Kindern. Für sie ist es doch nur von Vorteil, wenn sie nicht mit einem Mann um deine Aufmerksamkeit wetteifern müssen.«
»Charles ist ein Gewinn für unsere Familie. Er ist genau die Art Mann, die ich immer gebraucht habe«, antwortete Maxine hoffnungsvoll.
»Das macht es für die Kinder umso schwerer«, entgegnete Thelma weise. »Wenn er ein Idiot wäre, müssten sie ihn nicht ernst nehmen, und du würdest es auch nicht tun. Stattdessen ist er ein anständiger Kerl, und das macht ihn für die drei zum Staatsfeind Nummer eins – zumindest für eine Weile. Leg besser den Sicherheitsgurt an, Maxine. Irgendetwas sagt mir, dass du mit Turbulenzen rechnen musst, wenn du es ihnen
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