Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
Eltern zu erreichen. Meurer wartet mit der Obduktion auf uns. Ich hoffe, wir können sie eindeutig identifizieren lassen, bevor er sie aufschneidet.«
Oliver hielt Jennifer die Tür zu dem Trakt auf, in dem ihr Büro lag. Der winzige Empfangsbereich, in dem Freya Olssons Schreibtisch stand, war verlassen, doch sie hörten den Kopierer am Ende des Flurs.
Jennifer bog in die andere Richtung ab und fuhr fort: »Jarik und seine Leute nehmen die Agentur auseinander. Es gibt sehr viele Spuren, die aber vermutlich alle nichts mit unserem Fall zu tun haben, und selbst wenn, schwierig zuzuordnen sein dürften. Er wollte mir so bald wie möglich Fotos schicken.« Diese konnten sie für die Vernehmung der Inhaberin und ihrer Angestellten gut gebrauchen.
Sie betraten das Büro, das sich Jennifer mit ihrem Partner teilte. Marcel Meyer saß leicht vornübergebeugt an seinem Schreibtisch und schreckte erst hoch, als sich Jennifer ihm gegenüber in ihren Stuhl fallen ließ.
Oliver hatte den Kommissar das letzte Mal vor zwei Wochen gesehen, und der offensichtliche Verfall war erschreckend. Die dunkelbraunen Augen lagen tief in den Höhlen, und seine Haut wirkte wächsern und aufgedunsen. Er hatte augenscheinlich Schwierigkeiten, überhaupt wach zu bleiben.
Jennifer schaltete ihren Computer ein, bevor sie ihren Kollegen ansah. »Geh nach Hause«, sagte sie entschieden. »Schlaf dich aus. Dann geh zum Arzt und besorg dir für die nächsten Wochen einen gelben Schein.«
Marcel Meyer öffnete den Mund, doch Jennifer kam seinem Protest zuvor. »Keine Diskussion. Du gehst. Jetzt. Sofort.«
Zwei Sekunden lang starrte er sie nur über die beiden Tische hinweg an. Dann stand er auf, nahm seine Jacke, die er über den Stuhl gehängt hatte, und verließ den Raum.
Jennifer konzentrierte sich auf den Bildschirm und vermied es, Oliver Grohmann anzusehen, der sich einen Stuhl heranzog und sich neben sie setzte.
Ihr Rechner brauchte mal wieder eine kleine Ewigkeit zum Hochfahren. Bevor die Stille richtig unangenehm werden konnte, begrüßte sie glücklicherweise die Aufforderung zum Einloggen.
Jarik Fröhlich hatte Wort gehalten und ihr einige Fotos vom Fundort geschickt, inklusive einer guten Aufnahme vom Gesicht der Toten. Sie schickte es an den Fotodrucker, der surrend mit der Arbeit begann, dann jeweils noch eines von der aufgebrochenen Tür, dem Stuhl, auf dem die Tote gesessen hatte, und den vermutlich vom Täter bewegten Skulpturen.
»Wurde Larissa Schröder eigentlich als vermisst gemeldet?«, fragte Oliver.
»Nein, deshalb ist die bisherige Identifizierung auch mit Vorsicht zu genießen. Es gibt aber auch sonst keine Vermisstenanzeige, die zu unserer Toten passen würde.«
Freya Olsson tauchte im Türrahmen auf. »Wusste ich doch, dass ich die Tür gehört habe.« Das Sicherheitssystem, das eigentlich eine Chipkarte zum Betreten des Flügels erforderte, war schon vor Monaten ausgefallen. Wenn die Sekretärin nicht an ihrem Platz war, konnte theoretisch jeder ein- und ausgehen, der den Sicherheits-Check am Gebäudeeingang passiert hatte.
Freya trug einen kleinen Papierstapel auf dem Arm, den sie jetzt neben Jennifer auf die Schreibtischplatte legte. »Das sind alle Verlobungs- und Hochzeitsanzeigen der Schröders, die ich gefunden habe. Die müssen ein kleines Vermögen gekostet haben. Wisst ihr, wie teuer es ist, eine ganze Seite im Hanauer Anzeiger zu buchen, noch dazu in Farbe?«
Jennifer und Oliver schüttelten gleichzeitig den Kopf.
Freya Olsson arbeitete hauptsächlich für die beiden Ermittlerteams der Kriminalpolizei. Sie unterstützte die Kommissare tatkräftig bei deren Arbeit, sorgte aber auch dafür, dass sie ihren Schreibkram pünktlich erledigten. Freya war klein und zierlich und verströmte immer eine unglaubliche Energie. Sie war schwedischer Herkunft, und obwohl sie ansonsten perfekt und akzentfrei Deutsch sprach, hatte sie die Art der Schweden übernommen, alle in ihrem Umfeld zu duzen.
Jennifer nahm den obersten Ausdruck zur Hand. Es war eine Verlobungsanzeige in Farbe, mit einem Foto des glücklichen Paares. Die beiden lächelten übertrieben in die Kamera und hatten ihre Hände mit den Verlobungsringen ineinander verschränkt. Larissa Tröbst und Sascha Schröder. Sie hatten sich am 19. August des Vorjahres verlobt.
Jennifer hielt den Ausdruck neben den Bildschirm, nachdem sie ein Foto der Toten geladen hatte.
»Sieht nach unserem Opfer aus«, bemerkte der Staatsanwalt.
Daran konnte tatsächlich kaum
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