Herzflattern im Duett
Haufen Arbeit abnehmen. Jeder Vampir oder Halbvampir, den er nicht mehr jagen musste, war ein guter Vampir.
Stimmung
im Keller
S ilvania saß auf dem Sarg ihres Vaters und öffnete die dritte Blutampulle. »Bitte, setz dich doch neben mich. Ich tu dir ganz bestimmt nichts mehr«, sagte sie zu Daka, die drei Schritte Abstand hielt.
»Erst, wenn du die Ampulle getrunken hast.«
Silvania leerte die Ampulle mit einem Zug. Ein kleines Blutrinnsal floss ihr vom Mundwinkel zum Kinn. Sie rülpste. »Verzeihung.«
»Schnappobyx«, sagte Daka. Das hieß ›Prost‹.
»Daka. Es tut mir furchtbar schrecklich unendlich leid. Bitte, bitte, bitte verzeih mir. Ich weiß selbst nicht, was in mich gefahren ist. Ich war einfach hungrig und habe überhaupt nicht mehr nachgedacht und ... und ...« Silvania hatte Tränen in den Augen.
»Ich weiß«, sagte Daka leise. »Es war die tödliche Begierde.«
Silvania nickte. Sie sah ihre Schwester bekümmert an.
Daka ging langsam zu Silvania hinüber und hüpfte auf den Sarg. »Immerhin. Hüpfen geht noch.«
Vorsichtig legte Silvania ihrer Schwester den Arm um die Schulter. Im ersten Moment zuckte Daka zusammen. Doch nach ein paar Sekunden entspannte sie sich. Sie legte ihre Hand auf Silvanias Oberschenkel. Die Minuten verstrichen und die Schwestern saßen schweigend im Keller auf dem Sarg. Nur eine Kerze brannte.
»Ali Bin Schick hatte recht«, sagte Silvania schließlich. »In mein Leben sind wirklich beängstigende Kräfte, tödliche Begierde und schlaflose Nächte getreten.«
»Und bei mir gab es jede Menge Turbulenzen, gefährliche Situationen und Schmerzen hatte ich auch.« Daka zeigte ihrer Schwester die blauen Flecken, die sie sich bei ihren Flugversuchen in der Turnhalle geholt hatte. Silvania spuckte dreimal darauf. Daka fand, sie waren gleich nicht mehr ganz so blau.
»Ein guter Wahrsager ist er also schon«, meinte Silvania. »Aber bei den Wünschen, da lässt er zu wünschen übrig. Oder hat sich deiner schon erfüllt?«
»Von wegen.« Daka schüttelte den Kopf. Plötzlich hielt sie inne. Langsam drehte sie den Kopf zu ihrer Schwester und sah sie mit großen Augen an.
»Was ist?«
»Unsere Wünsche!«
»Was ist damit?« Silvania runzelte die Stirn.
Daka sprang vom Sarg. Sie lief mit großen Schritten von einer Kellerseite zur anderen. »Na, überleg doch mal. Du fliegst und flopst auf einmal wie Tante Karpa in ihrer Jugend, deine Eckzähne wachsen wie verrückt, du bist blasser als ein Schneemann, fällst beim Geruch von Knoblauch in Ohnmacht, zerstörst Schuleigentum und willst deinen Nachhilfelehrer und deine eigene Schwester aussaugen.« Daka blieb vor ihrer Schwester stehen. »Was sagt uns das?«
Silvania zog die Schultern hoch und schielte nach rechts und links. »Dass ich guten Geschmack habe?«
Daka schüttelte den Kopf. »Das sagt uns, dass du ein Vampir geworden bist ...«
»WAS!?!« Silvania fiel beinahe vom Sarg.
»... und ich ein Mensch.«
»Du? Ein Mensch?« Silvania sah ihre Schwester mit großen Augen an.
»Klar. Wieso kann ich nicht mehr fliegen und flopsen? Wieso wachsen meine Eckzähne nicht mehr? Wieso willst du sonst mein Blut saugen?«
Silvania schluckte. Sie, ein Vampir? Allerdings würde das so einiges erklären. »Aber ... aber ich will kein Vampir sein.«
»Na, denkst du etwa, ich will ein Mensch sein?« Daka verschränkte die Arme. Menschsein war das Langweiligste, was sie sich vorstellen konnte.
Nein. Silvania wusste, dass Daka nie im Leben ein Mensch sein wollte. Daka wollte immer ein echter Vampir sein. Und Silvania immer ein echter Mensch. Auf einmal verstand Silvania, was ihre Schwester meinte. Die Wünsche. »Ali Bin Schick muss unsere Wünsche vertauscht haben.«
»Ganz genau.«
Silvania schlug sich die Hände vors Gesicht. »Jetzt bin ich ein Vampir. Mein ganzes Leben lang.« Und jeder weiß, dass ein Vampirleben sehr lang sein kann.
Daka biss sich mit ihren rund gelutschten Eckzähnen angestrengt auf der Lippe herum. Sie wollte ihr Leben nicht als Mensch fristen. Und sie wollte nicht, dass ihre Schwester ein ganzes, langes Vampirleben unglücklich war. »Gumox«, sagte sie bestimmt. »Wir gehen morgen auf den Jahrmarkt zu Ali Bin Schick und erstatten Reklamation. Das ist alles schließlich seine Schuld. Er hat zwar gesagt, dass man Wünsche nicht rückgängig machen kann, aber reklamieren kann man sie auf jeden Fall.«
Silvania sah ihre Schwester zweifelnd an. Sie hatte zwar nicht wie Ludo die Gabe, in die Zukunft zu
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