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Herzflattern im Duett

Herzflattern im Duett

Titel: Herzflattern im Duett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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geworden. Herr Tepes hatte nach seinem rätselhaften Erscheinen am Spielfeldrand drei Monate lang Stadionverbot erteilt bekommen. Dafür hatte er sich überschwänglich bedankt. Er hatte sich fest vorgenommen, nach dem Fußballspiel in der Praxis von Frau Dr. Gerlinde Zunder anzurufen und einen Termin für seine Töchter auszumachen. Was Herr Tepes allerdings nicht wusste, war ...
    Erstens, dass Dr. Gerlinde Zunder am Wochenende nicht arbeitete und ihre Praxis geschlossen war wie die meisten Arztpraxen in Deutschland und ...
    Zweitens, dass das Gehirn seiner Frau dagegen auf Hochtouren arbeitete, egal ob Wochenende oder nicht, und sich Elvira Tepes auf der Heimfahrt bereits all die Fragen zurechtlegte, die sie ihrem Mann zu seinem Geflopse im Fußballstadion stellen wollte.
    Da El Virus, wie Mihai Tepes seine Frau nannte, wenn sie wütend war, sehr aufbrausend und hartnäckig sein konnte, dauerte die Standpauke zum Geflopse im Stadion eine ganze Weile. Elvira Tepes redete von Verantwortung, Vorbildwirkung, Lebensgefahr und Leichtsinn. Mihai Tepes redete von Stolz, Hilfsbereitschaft, Tapferkeit und Einfallsreichtum.
    Als Elvira hörte, was Ludo vorhergesehen hatte und dass ihr Mann somit dem FC Bindburg zum Sieg verholfen und Opa Gustav vor der Einlieferung ins Krankenhaus bewahrt hatte, verflüchtigte sich ihre Wut alsbald. Mihai und Elvira Tepes versöhnten sich. Da sie beide Versöhnungen liebten und ausgiebig genossen, kümmerten sie sich an dem Abend nicht weiter um ihre Töchter, sondern nur umeinander. Das, fand Elvira, musste auch mal sein. Mihai fand, es könnte noch öfter sein.
    So kam es, dass Daka und Silvania an dem Abend alleine auf der Terrasse saßen. Das heißt, Daka saß. Silvania hing kopfüber an der Dachrinne. Ihre rotbraunen Haare wehten im Abendwind.
    Dirk van Kombast saß ebenfalls auf seiner Terrasse. Wenn er sich aufgrund seines Gesundheitszustandes schon nicht an frischer Luft bewegen konnte, wollte er wenigstens an frischer Luft lesen. Er hielt ein dickes Buch in der Hand. Er hatte sich vorgenommen, jeden Tag 30 Seiten zu lesen. Er hatte sich ausgerechnet, dass er bei dem Tempo ungefähr 55 Bücher im Jahr lesen konnte. Der Gehirnjogging-Trainer der Gesundheitszeitschrift, die Dirk van Kombast abonniert hatte, empfahl, mindestens 25 Bücher im Jahr zu lesen. Dirk van Kombast würde doppelt so viel lesen. Er würde ein Leistungsleser sein.
    Hin und wieder blickte Dirk van Kombast auf und schielte zur Nachbarterrasse. Er wunderte sich nicht, dass eine der Töchter an der Dachrinne hing. Er hatte schon viel wunderlichere Dinge bei den Nachbarn gesehen. Solange sie ihn in Frieden genesen ließen, würde er sie nicht ansprechen. Es schien ihm am klügsten, einen Sicherheitsabstand zu wahren, bis er wieder bei vollen Kräften war. Dirk van Kombast nahm das Lesezeichen mit der goldgelben Kordel aus dem Buch und begann zu lesen.
    Silvania Tepes hing an der Dachrinne und dachte nach. Alle paar Sekunden schüttelte sie den Kopf. Immer dann, wenn sie an Jacob dachte. Beinahe hätte sie ihren Nachhilfelehrer ausgesaugt. Wie konnte das passieren? Nie im Leben würde sie auf die Idee kommen, jemanden zu beißen. Aber genau das war das Problem: Es war keine Idee gewesen, sondern ein Impuls, ein Drang. Eine tödliche Begierde. Es war etwas, was sie nicht kontrollieren konnte. Es war etwas, was ihr Angst machte.
    Daka lag im Liegestuhl. Mit den Fingern trommelte sie ein Lied von Krypton Krax auf die Stuhllehnen. Doch sie konnte sich nicht auf den Rhythmus konzentrieren. Sie musste reden. Endlich reden über all die unheimlichen Sachen, die mit ihr vor sich gingen. Lange hatte sie darüber nachgedacht. Lange hatte sie alles für sich behalten. Was mit ihr passierte, war einfach zu gespenstisch. Sie war froh, dass ihre Schwester über ihr hing und sie ihr nicht in die Augen sehen musste. Daka holte tief Luft und sagte: »Ich bin krank.«
    Silvania machte von oben »hm«.
    »Ich habe nachgedacht und genau fünf Anzeichen gezählt«, fuhr Daka fort. Sie streckte eine Hand mit erhobenem Daumen aus. »Erstens, meine Eckzähne.
    Sie sind seit einer Woche nicht mehr gewachsen. Sie sind winzig und sehen wie ein rund gelutschtes Bonbon aus.« Daka fuhr sich mit der Zunge über die Eckzähne und verzog das Gesicht. Jeder Vampirmilchzahn war größer und spitzer! Mit diesen Eckzähnen konnte sie ja noch nicht einmal ein Hackfleischbällchen aufspießen, geschweige denn eine Fliege. Obwohl... so richtig Appetit auf

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