Herzflimmern
dieser Maßnahme war es, die Blutzufuhr durch den Lappen zu sichern, den man dann drei Wochen lang genau beobachtete, um festzustellen, ob die losgelösten Hautschichten gesund und wachstumsfähig waren.
Nachdem Mickey sich vergewissert hatte, daß der Lappen lebensfähig und gut durchblutet war, ging sie daran, ihn vom Bauch zu lösen. Ein Ende mußte abgelöst werden, während das andere mit der Bauchhaut verbunden blieb. Die beiden Stellen, wo die abgehobene Haut noch mit dem Bauch verbunden war, hießen die Pedikel. Mickey verschmälerte das erste Pedikel mit zwei kleinen Schnitten, so daß der Lappen jetzt fast spitz zulief, und legte dann um die kleine Zunge, die noch mit dem Bauch verbunden war, eine Klammer. Jeden Tag zog Mickey diese Klammer ein wenig fester, um langsam die Blutzufuhr zu dem Pedikel zu unterbinden, ohne das Gewebe zu verletzen. Gegen die Schmerzen, die damit verbunden waren, injizierte sie das Gebiet wiederholt mit Procain. Als Mickey feststellte, daß der Lappen weiterhin rosig und gesund war und keine Schwellungen zeigte, war es Zeit, ihn auf Sondras Hand zu übertragen.
Im Juni wurde die Narbe an Sondras linkem Handrücken entfernt. Während Sondra in Vollnarkose lag, entfernte Mickey das gummiartige, zusammengezogene Gewebe, säuberte die Stelle, legte Sondras Hand auf den Bauch und nähte den Bauchlappen über der offenen Wunde fest.
Das verpflanzte Gewebe blieb gesund und wuchs gut an. Sondras Hand wurde vom Bauch genommen, die Spenderstelle am Bauch wurde geschlossen. Nun brauchte die linke Hand nur noch zu verheilen.
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Zur Wiederherstellung der rechten Hand war ein anderes Verfahren nötig.
Während Sondras linke Hand grausam nach rückwärts gebogen war, war die rechte Hand in sich zusammengerollt wie eine Schnecke. In einer Serie von Operationen entfernte Mickey Schritt für Schritt das Narbengewebe, das die Kontraktur verursachte, und befreite die traumatisierten Nerven und Sehnen. Nach mehreren Hauttransplantationen von Sondras Oberschenkel wurde die Hand in natürlicher Haltung geschient, damit nicht wieder Kontraktionen auftreten konnten.
Als das verpflanzte Gewebe an der linken Hand ganz geheilt war, ging Mickey die letzte Phase der Wiederherstellungsarbeit an – die Transplantation der Sehnen aus Sondras Zehen in die Finger. Das war im August geschehen. Danach waren die Hände wiederum drei Wochen lang ruhiggestellt worden. An diesem Nachmittag endlich sollten die Schienen abgenommen werden.
»Weiß Arnie davon?« fragte Mickey in Ruths Gedanken hinein.
»Daß ich in der Galerie war, meinst du? Ich weiß es nicht. Ich könnte mir denken, daß sie es ihm erzählt hat, aber er hat nicht ein Wort davon erwähnt, als er mich zum Flughafen fuhr.«
»Wie hat er reagiert, als du ihm sagtest, daß du hierher fliegen würdest?«
Ruth zuckte die Achseln. »Eigentlich überhaupt nicht. Er sagte nur, er würde sich um die Kinder kümmern, ich solle mir keine Sorgen machen.«
»Er fand es nicht merkwürdig? Daß du aus heiterem Himmel plötzlich verkündetest, du würdest am nächsten Tag nach Los Angeles fliegen?«
»Er hat sich jedenfalls nichts anmerken lassen.«
»Und was hast du gesagt, wie lange du bleiben würdest?«
»Ich hab’ gar nichts gesagt. Und er hat nicht gefragt.«
Mickey sah zu den Möwen hinauf, die sich von den Luftströmungen tragen ließen. Ihr war traurig zumute. Das Wiedersehen der drei Freundinnen am vergangenen Morgen, als Ruth in einem Taxi vor dem Haus der Butlers in Beverly Hills vorgefahren war, war herzlich gewesen. Sie waren einander lachend und weinend in die Arme gefallen, hatten alle drei zu gleicher Zeit geredet, Erinnerungen getauscht, Neues berichtet, sich gegenseitig begutachtet und festgestellt, wie wenig oder wie sehr sie sich verändert hatten. Mickey hatte Ruth das letztemal sechs Jahre zuvor gesehen, als sie zur Behandlung ihrer Sterilität nach Seattle gekommen war; Ruth und Sondra hatten sich das letztemal bei Mickeys Hochzeit zwei Jahre früher gesehen.
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Die ersten Stunden des Beisammenseins waren so ausgefüllt gewesen, daß Mickey erst nach einiger Zeit aufgefallen war, daß es Ruth offenbar nicht gut ging. Die Zeichen waren nur allzu vertraut: ruckhafte Bewegungen, zusammengekniffene Lippen, das Gesicht angespannt, die Stimme unnatürlich. Mickey hatte sich an die Zeiten erinnert gefühlt, wenn Ruth auf ein Examen gebüffelt oder auf die Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse gewartet hatte. Ruth verbarg etwas;
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