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Herzflimmern

Herzflimmern

Titel: Herzflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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nie wieder an diesem Ort zusammenkommen würden. Sie sah zu Ruth hinunter, deren Hände verkrampft waren, als wollten sie etwas festhalten, das nicht da war, und sagte: »Kommt, machen wir einen Spaziergang über den Campus.«
    Sie halfen Sondra den steilen, stolprigen Felsweg hinauf.
    »Puh!« stöhnte Ruth, als sie oben waren. »Ich bin vielleicht außer Form.«
    {328}
    Mickey lachte, während sie sich den Schmutz von den Händen wischte.
    »Eine Supersportlerin warst du nie, Ruth.«
    »Nein«, meinte Ruth. Und leiser fügte sie hinzu: »Nein, das war ich nie, nicht?«
    Sie folgten den vertrauten Wegen und waren erstaunt, daß so vieles unverändert war. Doch das Haus, in dem sie gewohnt hatten, war verschwunden; luxuriöse Wohnblöcke säumten jetzt die Avenida Oriente. Das St. Catherine’s schien aus allen Nähten geplatzt zu sein: Es hatte zahlreiche neue Anbauten und Parkplätze. Gilhooley’s war nicht mehr da, und auch das kleine Kino nicht mehr, in dem Ruth mit einem Studenten aus dem vierten Jahr gesessen hatte, an dessen Namen sie sich nicht mehr erinnern konnte. Aber die Encinitas Hall, wo Mickey zum erstenmal Chris Novack begegnet war, stand noch. Sie gingen an der Tesoro Hall vorüber, in die gerade ein paar frühe Studenten mit ihren Koffern einzogen; an der Mariposa Hall, wo das Anatomielabor war; und kamen endlich zur Manzanitas Hall, wo sie schweigend stehenblieben.
    Hier hatte es angefangen. Vor achtzehn Jahren.
    Das Gebäude war nicht abgeschlossen. Drinnen war es kühl und still. Der Klang ihrer Schritte widerhallte auf dem blanken Boden, als sie langsam durch den Korridor gingen. Es war, als wären sie erst gestern von hier fortgegangen, oder als wäre die Zeit stehengeblieben. Ruth spürte, wie die Spannung in ihrem Inneren noch mehr anstieg. Sie merkte, daß sie diesen Ort haßte, daß er ihr bedrohlich erschien. Die Mauern schienen näher zusammenzurücken, als wollten sie sie einschließen.
    Schließlich gelangten sie zur Aula.
    »Sieh nach, ob offen ist«, sagte Sondra. »Kommt, gehen wir rein.«
    Indirekte Beleuchtung tauchte den großen Hörsaal in ein weiches Licht. Acht gerundete Sitzreihen schwangen sich terrassenförmig in die Höhe. Unten war das leere Podium mit dem einsamen Lesepult.
    »Die Einführung ist nächste Woche«, bemerkte Mickey. »Ich habe den Anschlag draußen gesehen. Nächste Woche um diese Zeit sitzen hier lauter ängstliche und hoffnungsvolle Neulinge – genau wie wir einmal.«
    Sie ging langsam hinter der obersten Sitzreihe entlang – die Aula erschien ihr viel kleiner als damals – und blieb hinter dem Sitz stehen, den sie achtzehn Jahre zuvor an ihrem Tag am Castillo College eingenommen hatte.
    {329}
    »Wenn ich damals gewußt hätte, was ich heute weiß …«
    Ruth stellte sich zu ihr. »Würdest du etwas anders machen?«
    »Nein. Ich würde alles noch einmal genauso machen«, sagte Mickey ruhig, und Ruth empfand Neid.
    Sondra stand in einem Seitengang. »Schaut mal«, rief sie und hob den geschienten Arm. »Da ist was Neues.«
    An der ganzen Wand, stufenförmig angeordnet wie die Sitzreihen, hingen Gruppenfotos der verschiedenen Examensjahrgänge.
    »Da sind wir bestimmt auch irgendwo dabei«, meinte Sondra, während sie langsam die Stufen hinunterging und dabei ein Foto nach dem anderen musterte.
    Ruth und Mickey blieben schweigend stehen.
    »Erinnerst du dich noch an die Einführungsrede von Dekan Hoskins?« fragte Ruth. »Wie wir daraufhin alle am liebsten sofort losgestürzt wären und die ganze Welt von Leid und Krankheit befreit hätten?« Ihr kurzes Lachen war voller Bitterkeit. »Ich war letzte Woche bei einer Patientin im Krankenhaus, die sich gerade im Fernsehen irgendeine Quizsendung anschaute. Eine der Fragen war: Können sie die vier Götter nennen, die im hippokratischen Eid erwähnt werden? Der Kandidat konnte es nicht. Daraufhin sah die Patientin mich an und sagte: ›Aber Sie wissen bestimmt, wie sie heißen, nicht?‹ Und soll ich dir was sagen, Mickey? Ich konnte mich nicht erinnern.«
    Mickey runzelte die Stirn. »War einer von ihnen nicht Apollo?«
    Ruth blickte zum Pult hinunter und stellte sich Dekan Hoskins vor, wie er dort gestanden hatte. Es war eine gute Erinnerung; eine, an der man festhalten mußte. Sie löste die Spannung, die ihren Magen umkrallt hielt.
    »Das waren Zeiten. Kannst du dich noch erinnern, wie Mandell uns am Ende des Praktikums reinlegte?«
    »Nein«, antwortete Mickey, den Blick achtsam auf Sondra

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