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Herzflimmern

Herzflimmern

Titel: Herzflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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wieder als Ärztin arbeiten? Wie willst du eine Naht legen, wie willst du einen Puls fühlen?«
    Sondra sah Ruth mit ruhigem Blick an. »Ich lerne eben alles noch einmal neu, wenn es nicht anders geht.«
    »Noch einmal neu? Du willst in deinem Alter noch einmal ganz von vorn anfangen?«
    Ruth stand auf. Sie sah sich um, unsicher, nicht fähig, auch nur einen Schritt zu tun. Sie lehnte sich an die Wand, ohne zu merken, daß sie unter einem Bild stand, das sie selber zeigte, wie sie vor Jahren gewesen war – frisch, zuversichtlich, lachend.
    »Woher nimmst du die Kraft und den Mut für ein solches Ziel? Du mußt dir doch mit jedem neuen Tag sagen, daß du vielleicht dein Leben lang verkrüppelt bleiben, immer auf die Hilfe anderer angewiesen sein wirst? Wie kannst du weiterleben nach dem, was dir passiert ist? Nachdem du zusehen mußtest, wie dein Mann auf schreckliche Weise ums Leben kam; nachdem du dein ungeborenes Kind verloren hattest. Jetzt, wo du dieses – diese –« Ruth konnte nicht weiter. Sie wies auf Sondras Hände.
    »Ich habe zu mir selber gefunden, Ruth«, antwortete Sondra ruhig.
    Ruth begann wieder zu weinen. Sie wandte sich ab und starrte auf das Lesepult, an dem vor Jahren Dekan Hoskins gestanden und ihr das Gefühl gegeben hatte, ihr Leben habe einen Sinn.
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    »Ich wollte, ich könnte mit meinem Vater abschließen«, sagte sie mit bebenden Lippen. »Mein ganzes Leben hat sich nur an ihm orientiert. Mich gab es immer nur im Verhältnis zu meinem Vater; ohne ihn hatte ich keine Bedeutung. Ich lebte nur für ihn, um ihm zu gefallen, um seine Anerkennung zu erringen. Als er starb, starb mit ihm der Sinn meines Lebens. Das ist die Bedeutung des Traums. Ohne meinen Vater habe ich keine Identität.« Sie drehte sich wieder nach Sondra und Mickey um. »Ich wußte von Anfang an, ich wußte immer, daß ich es niemals schaffen würde, ihm zu gefallen, aber ich wußte auch, daß ich niemals aufhören würde, es zu versuchen. Das hat mich am Leben erhalten. Das hat mich getrieben.
Ich
bin die Perverse. Mein ganzes Leben mit Arnie war nichts als Fassade; ich habe im Grunde niemals einen Gedanken daran verschwendet. Aber jetzt –« Sie drückte eine Hand auf den Mund. »Ich will ihn nicht verlieren.«
    Mickey stand wieder auf und führte Ruth zu einem Stuhl.
    »Ich wollte, ich könnte aufhören zu heulen«, schimpfte Ruth in ihr Taschentuch.
    »Laß es doch ruhig kommen«, sagte Mickey. »Wein’ dir das alles von der Seele. Wenn das Gift weg ist, kann die Heilung beginnen.«
    Ruth weinte noch eine Weile, dann wischte sie sich die Augen und sagte leise: »Ich weiß nicht, wie ich da noch was retten soll. Ich weiß nicht einmal, ob ich die Kraft dazu habe.« Sie tupfte sich ein letztesmal das Gesicht mit dem Taschentuch, dann straffte sie die Schultern und holte tief Atem. »Es ist alles kaputt. Das ganze Haus ist eingestürzt. Ich müßte mit dem Aufbau ganz von vorn anfangen.«
    Sie schwieg und sah zu Sondra hin, die in tiefer Konzentration auf ihre Hand starrte. Mickey, der plötzlich bewußt wurde, wie still es geworden war, drehte sich jetzt ebenfalls nach Sondra um. Unverwandt waren die lichtbraunen Augen auf die Hand gerichtet; es war, als wollten sie ihr eine Botschaft schicken. Sondra versuchte offenbar, die Hand zu heben.
    Mickey wollte etwas sagen und schluckte es hinunter. Sie wußte, daß dies der entscheidende Moment war, die Wende. Und auch Ruth, gleichermaßen gebannt von Sondras gespannter Konzentration, sagte kein Wort, sondern blickte nur auf Sondras Hand.
    Erst war es nur ein Zittern, ein leichtes Zucken, dann sprang der kleine Finger hoch und neigte sich, die Handfläche zu berühren. Dann krümmte sich der Ringfinger, der Mittel- und der Zeigefinger folgten und zum Schluß kam der Daumen; die Finger schlossen sich wie die Blätter einer Blüte sich am Abend schließen. Und dann öffneten sie sich wieder, einer {335} nach dem anderen, breiteten sich aus wie Sonnenstrahlen. Sondra sah lächelnd zu den Freundinnen auf.
    Mickey war einen Moment sprachlos, dann schrie sie auf und griff nach Sondras Hand.
    »Sie funktioniert!« rief sie mit Tränen in den Augen. »Sondra, deine Hand funktioniert.«
    Sondra fing an zu lachen, und Mickey mit ihr, während Ruth wie gebannt stand. Ein zweitesmal begann Sondra ihre Finger zu beugen, die Hand zur Faust zu ballen, um sie dann langsam wieder zu öffnen. Ihr Gelächter wurde ausgelassener und mischte sich oben in der Kuppel mit dem

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