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Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Titel: Herzgesteuert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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nicht?!
    »Eine Schande ist das. Eine Schande für unser Land! Viel zu gutmütig sind unsere Politiker«, mäkelt der Lodenmantel hinter mir, während die dicke Frau mit dem Federhut gar nicht aufhören kann, ihm bestätigend zuzunicken.
    »Diese Landstreicher sollten alle im Steinbruch arbeiten! Alle selber schuld! Der ist doch noch jung! Hat doch gesunde Hände!«, schnaubt sie vor sich hin.
    Ich trippele von einem Bein aufs andere und schaue unauffällig auf mein Handgelenk. Dieser Einkauf kostet mich über eine Viertelstunde Zeit. Nur weil Fanny diesen Aufstrich so mag, stehe ich jeden Mittag hier. Töchterlein ist nämlich auf dem Gesundheitstrip. Kein Fleisch, keine Wurst, nichts aus Chemie, das ganze alternative Programm. Und ich als Vollwertmutter (ich bemühe mich, Leute, ich BEMÜHE mich!) nehme das natürlich ernster als alle meine geschäftlichen Termine.
    Nein, ein Uhr wird knapp, und den Besichtigungstermin mit dem neuen Kunden kann ich auch nicht wahrnehmen. Ich werde Stefan Stör schicken, meinen Mitarbeiter.
    Warum stehe ich eigentlich genau zwischen diesen beiden grauenvollen Spießern und komme nicht vom Fleck?
    Weil ich auch nicht an der Pennerkasse stehen will.
    Darum.
     
    Natürlich habe ich einen saftigen Strafzettel am Auto. Mein knallroter Kleinbus mit der Aufschrift »Immobilien Glücksgriff – Leben im Paradies« – ist stadtbekannt. Der blöde Polizist hätte mich auch verschonen können! Sechzig Euro! Teures Vollwertbrot! Verdammt! Heute ist einfach nicht mein Tag.
    Es ging schon damit los, dass Fanny heute Morgen die Nummer ihres Fahrradschlosses nicht mehr einfallen wollte. Diese kleine Hexe! Arbeitet mit sämtlichen Tricks! Gestern Abend hatten wir beide noch gefunden – also besonders ich, aber sie hat es natürlich eingesehen -, dass es jetzt im Frühling gesund, preiswert und praktisch sei, wieder mit dem Fahrrad in die Schule zu fahren. Und gut für die Figur ist es auch, das hat sie voll eingesehen.
    Natürlich hat sich Prinzessin Pubertät daran gewöhnt, jeden Morgen von der gestressten Mama bis vor das Schulportal gefahren zu werden. Trotz Stau und Smog. Wie alle zwölfjährigen Prinzessinnen, die dabei noch schnell die Schulaufgaben nachholen, während die berufstätige Mutter vor der roten Ampel ihre ersten Schweißausbrüche bekommt, weil sie um Viertel vor acht im Büro sein muss. Das ist doch das organisierte Chaos, Morgen für Morgen! Wenn jedes Kind laufen oder radeln würde, gäbe es kein Übergewicht und kein Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom und wie diese ganzen neumodischen Firlefanzkinderkrankheiten alle heißen.
    O nein, meine altkluge Halbschwester Christiane wird nicht recht behalten.
    Ich bin nicht inkonsequent und bequem. Ich habe eine klare Linie in der Kindererziehung. Und zwar erst recht, seit ich alleinerziehend bin! Ich nehme mir Zeit und bin für mein Kind da, aber ich verweichliche und verwöhne es nicht. Was angeordnet wird, das wird gemacht! Und zwar ohne Diskussion!
    Fanny und ich haben also heute früh um kurz nach sieben – ja, im sonst so wundervollen Österreich beginnt die Schule um Viertel vor acht!! – im Stockdunkeln im Vorgarten vor dem dreifach verschlossenen Fahrrad gesessen, das wir aus dem Winterschlaf geholt hatten, und alles versucht.
    Wirklich alles. Sämtliche vierstelligen Kombinationen. Die Uhr tickte unaufhaltsam weiter. Und alle dreißig Sekunden ging in der Garage das Licht aus. Ich habe geflucht und geschimpft und ihr gedroht, dass sie ab sofort zu Fuß geht, wenn ihr die verdammte Zahlenkombination nicht einfällt. Aber sie hat natürlich erreicht, was sie wollte: Am Ende habe ich sie mit dem Auto in die Schule gefahren. Wie ich das hasse! Dieser barbarische Brauch, kleine, unschuldige Kinder und deren noch viel unschuldigere (jawohl!!) Mütter zu nachtschlafender Zeit bei völliger Finsternis aus den warmen Federn zu jagen, nur damit um Viertel vor acht ein missmutiger Lehrer mit dem Unterricht beginnen kann, den sowieso niemand zur Kenntnis nimmt, da alle armen, kleinen, unschuldigen Kinderchen sich noch die Augen reiben und blass und verstört aus der Wäsche gucken, weil sie mit ihrem Traum noch gar nicht fertig waren!
    Welcher Feldherr in römischen Zeiten auch immer mit diesem unkultivierten Unsinn angefangen hat: Man könnte doch mal wieder damit aufhören, jetzt, wo wir schon weit im 21. Jahrhundert sind!
    Ich meine, wir haben doch auch sonst für alle möglichen Annehmlichkeiten gesorgt! Wir fahren mit dem Auto zum

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