Herzgrab: Thriller (German Edition)
er ihr misstraute und sie überwachen ließ. Selbst wenn er allen Grund dazu gehabt hatte – was machte das für einen Unterschied?
» Dann bleibt nur noch eine Option: Sie behalten diese Information für sich und schlagen Ihrer Tochter so bald wie möglich ein Vorausvermächtnis vor. Machen Sie ihr eine Schenkung über beispielsweise hunderttausend Euro Bargeld, die im Fall Ihres Todes auf Lydias Pflichtteil angerechnet werden und … «
» Ich weiß, wie das funktioniert! « , unterbrach er sie.
» Sie sollten Ihre Tochter dabei möglichst großzügig abfertigen, damit … « Elena verstummte, denn diese Variante schien ihm genauso wenig zu gefallen.
» Oder viertens « , murmelte er, » ich erfülle ihr den Wunsch und nehme mir das Leben. «
» Reden Sie nicht so einen Schwachsinn! «
» War nur ein Scherz. «
In Anbetracht der Lage war Elena nicht zu Scherzen aufgelegt – auch wenn es sich um einen Anfall von Galgenhumor handelte. Sie selbst hatte ihre Detektivkollegen in der Ausbildung stets davor gewarnt, Klienten in Beschattungsaufträge zu involvieren. Eine der goldenen Regeln in diesem Geschäft! Sie waren ein zu großes Risiko. Bisher hatte sie sich stets daran gehalten. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie von ihrem eigenen Prinzip abgewichen – und prompt in eine kritische Situation geraten. Jetzt musste sie das Beste daraus machen. Ihr war klar, dass Hödel zutiefst enttäuscht war. Doch es irritierte sie, dass er in diesem Moment so ruhig war … zu ruhig. Sie befürchtete, er könnte die Fassung verlieren.
» Meine eigene Tochter möchte mich für immer loswerden. « Seine Stimme wurde leise. » Wie viel Hass muss in ihr stecken? «
» Hören Sie, wir sollten jetzt nichts überstürzen. Lassen Sie uns einen klaren Kopf bewahren … « Elena zuckte zusammen, als ihr Handy erneut vibrierte. Das Display zeigte dieselbe unbekannte Nummer von vorhin.
» Einen Moment! « Sie nahm das Gespräch entgegen. » Hallo? «
» Mein Name ist Monica Del Vecchio … « Die jugendliche Frauenstimme am anderen Ende der Verbindung zögerte.
Del Vecchio? Ein italienischer Akzent. Von irgendwoher kannte Elena den Namen. » Kann ich Sie am Nachmittag zurückrufen? «
» Ich würde Sie gern für einen Auftrag engagieren. «
» Liebend gern – aber im Moment ist es bei mir leider unpassend. Ich rufe Sie zurück, sobald … «
» Es ist dringend, und ich soll Ihnen von Ihrem Mann etwas ausrichten. «
» Aha. « Elena stand auf und ging zum Balkon. » Ich höre. «
» Er möchte sein Notebook mit dem Equipment zurückhaben. «
Das passte ja wunderbar! Elena blickte zum Monitor. » Das geht im Moment leider nicht. « Sie dachte nach. » Ist es Ihnen recht, wenn wir uns wegen Ihres Auftrags heute Abend treffen? «
» Ausgezeichnet. «
» Ich verspreche, ich rufe Sie später zurück. «
Die Italienerin war einverstanden, und Elena legte auf. Ihr Blick glitt durch das Zimmer. Wo war Hödel? Die Tür zum Korridor stand offen.
Verdammt!
Sie riss aus ihrer großen Handtasche die Glock heraus, die sie sicherheitshalber immer bei sich trug. Halbautomatik, Kaliber 9 Millimeter und siebzehn Schuss. Damit eilte sie zur Tür. Als sie das Zimmer eben verlassen wollte, sah sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung auf dem Bildschirm des Notebooks. Sie hielt inne und beobachtete, wie Lydia und der osteuropäische Auftragsmörder gleichzeitig vom Bett hochsprangen und sich einen fragenden Blick zuwarfen. Dann öffnete die Frau die Tür.
Langsam kehrte Elena in das Zimmer zurück. Im ersten Moment wollte sie nicht glauben, was sie sah. Gerhard Hödel betrat das Zimmer und griff nach der Hand seiner Tochter. Elena schaltete den Ton ein. Während sie die Szene auf dem Monitor mit Argusaugen beobachtete, um kein Detail zu übersehen, schlug ihr das Herz bis zum Hals.
Hödel sprach mit seiner Tochter. Währenddessen griff der Auftragsmörder hektisch nach seinem Sakko und den Unterlagen auf dem Bett, drängte sich an den beiden vorbei und verschwand durch die Tür. Hödel bekam das nicht einmal mit.
Ohne den Monitor aus dem Auge zu lassen, ging Elena mit Waffe und Handy zum Fenster, versteckte sich hinter dem Vorhang, spähte auf die Straße und bereitete auf ihrem Mobiltelefon die Fotofunktion vor. Wenn es so weit war, musste es rasch gehen. Als der Mann mit dem osteuropäischen Akzent das Hotel verließ, über die Straße lief und sein Blick dabei einmal kurz nach oben wanderte, fotografierte Elena ihn vom Fenster aus
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