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Herzgrab: Thriller (German Edition)

Herzgrab: Thriller (German Edition)

Titel: Herzgrab: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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mit dem Glätteisen straffte, und so aussehen wie früher.
    Wie früher …
    Sie versuchte, den Gedanken abzustreifen. Doch es ging nicht. Wo fühlte sie sich eigentlich zu Hause? Sie blickte über die Brüstung auf den Vorplatz der Villa, wo die protzigen Autos parkten. War das ihre Heimat? Wo sie aufgewachsen und zur Schule gegangen war und zum ersten Mal einen Jungen geküsst hatte? Unweigerlich kam die schmerzhafte Erinnerung an ihren Vater. Maledetto! Diese gottverfluchte Toskana. Sie hatte seit mindestens zehn Jahren nicht mehr auf Italienisch gedacht und nicht einmal in Gedanken italienisch geflucht. Doch kaum war sie eine Stunde hier und hatte ein paar Worte gewechselt, war ihr alles bereits so vertraut wie eh und je. Was hatte sie auch erwartet? Konnte man die Vergangenheit mit einem einfachen Fingerschnippen aus dem Gedächtnis löschen?
    Ihr blaues Ford Cabrio mit dem Wiener Kennzeichen parkte zwischen einem Maserati und einem Lamborghini auf den Te rr akottasteinen des Vorplatzes und bildete im Moment den einzigen Bezugspunkt zu ihrer Wahlheimat. Ein frecher Spatz setzte sich zwitschernd auf die Oberleiste der Windschutzscheibe, plusterte sich zur doppelten Größe auf und reckte die Schwanzfedern über die Armaturen.
    Scheiß mir bloß nicht in den Wagen, verdammter Italiener!
    Sie hatte CD s von Gabalier, den Cranberries und ein paar Voice-of-Germany -Sampler mitgenommen, damit sie nach dem Grenzübergang nicht die lokalen Radiosender hören musste. Vergeblich! Der Auftritt ihrer Mutter hatte genügt, um die Vergangenheit binnen Sekunden wieder aufleben zu lassen.
    Auf dem Bett lag Teresas geöffneter blauer Samsonite-Koffer. In der Seite steckte ihr Maniküre-Etui, daneben ein gerahmtes Foto ihrer Nichte, das sie auf den Nachttisch stellen wollte. Monica war einundzwanzig und lebte in Teresas Haus am Stadtrand von Wien. Eine weitere Erinnerung an zu Hause. Als Einzige hatten sie es gewagt, Zenobia zu trotzen und der Familie den Rücken zu kehren. Wären Teresas Brüder nicht kürzlich tödlich verunglückt, hätten sie keine zehn Pferde dazu gebracht, in die Toskana zu reisen. Das stille Begräbnis im kleinen Rahmen hatte bereits stattgefunden, und Zenobia hatte verlangt, dass Teresa zumindest bei der heutigen Trauerfeier anwesend war.
    Gott, lass mich diesen Tag überstehen und etwas über Salvatores Verschwinden herausfinden.
    Sie blickte zur Kapelle, wo bereits an die hundert Trauergäste warteten. Die Frauen mit schwarzen Gesichtsschleiern, die Männer in dunklen Anzügen und Hüten. Teresa besaß nur ein dunkelblaues Kostüm, das viel zu modisch aussah, was ihre Familie gewiss als Provokation empfinden würde. Noch dazu, wenn sie neben Zenobia stand und die Gäste an ihnen vorbeistolzierten, um ihr heuchlerisches Beileidsgelaber loszuwerden. Immerhin bezog es sich auf ihre Brüder. Doch bei deren dubiosen Geschäften und ausschweifendem Lebensstil war klar gewesen, dass sie nicht lange am Leben bleiben würden. Auch ein Grund, weshalb sie mit der Familie gebrochen hatte.
    » Teresa? « , drang eine dumpfe Stimme aus dem Raum.
    Roberto nervte! Sie drehte sich um, betrat ihr ehemaliges Jugendzimmer und warf das Handtuch aufs Bett. Über dem Kopfkissen drehten sich der Traumfänger und die Holzmobiles, die sie als Mädchen gebastelt hatte.
    » Teresa, bist du so weit? «
    » Sì, sì. «
    Roberto stand mit verschränkten Armen in der geöffneten Tür. Mit Vollbart, Pferdeschwanz, Tattoo am Hals und der Statur eines Rausschmeißers in einem Florentiner Nachtklub.
    » Schließ die Tür « , sagte sie.
    » Du hast Zenobia gehört. Ich soll dir nicht von der Seite … «
    » Was soll mir schon passieren? Schließ die Tür! Ich muss mich ankleiden. «
    Roberto rührte keine Miene.
    Cretino!
    Sie wusste nicht, worüber sie sich mehr ärgern sollte. Über diesen Affen oder darüber, dass sie wieder italienisch geflucht hatte. Die groß angelegte Trauerfeier diente ohnehin bloß Zenobias Selbstdarstellung – zudem war das Grundstück bewacht, als befürchte Zenobia einen weiteren mysteriösen Todesfall. Auf dem Anwesen der Del Vecchios? Das war lächerlich.
    Teresa nahm ihr Kostüm und die Unterwäsche aus dem Koffer und ging ins Badezimmer. Sie schlüpfte in den schwarzen Slip und frisierte sich die Haare. Da hörte sie einen dumpfen Knall aus dem Zimmer. Der cretino hatte die Tür also doch geschlossen. Offensichtlich hatte er sich damit abgefunden, dass er diesmal keinen Blick auf ihren nackten Körper

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