Herzraub
ja.“
„Sie haben Sie gehasst?“
„Ja, ich habe sie gehasst. Wie ich Ihnen schon erzählte: Sie hat mir alles genommen, was man einem Menschen nur nehmen kann.“
„Dann sind Sie auch verdächtig.“ Brigitte Lasbeck zwinkerte ihm zu. Etwas von ihrer alten Vitalität war zurückgekehrt.
„Dann haben wir etwas gemeinsam. Zum Wohl!“ Er hob das Glas.
„Zum Wohl!“
Der Ober servierte den Rotbarsch mit Kartoffelsalat.
„Ja, haben Sie denn kein Alibi?“ Saalbach beugte sich flüsternd über den Tisch.
„Nein, ich war zu Hause. Und Sie?“
„Ich auch. Zumindest an dem angeblichen Tattag. Wieder was gemeinsam.“ Er hob erneut das Glas. „Auf uns beide. Auf die beiden Pechvögel!“
„Sie hat die Polizei aber bisher in Ruhe gelassen.“ Brigitte Lasbeck wurde wieder ernst. „Während es bei mir jetzt richtig losgeht. Wer weiß, was da alles auf mich zukommt: Durchsuchungen ohne Ende, bis in die Intimsphäre, Kreuzverhöre, Befragung meiner Bekannten …“
Claus Saalbach blickte sie forschend an. „Sie haben aber nichts zu befürchten. Sie sind doch keine Mörderin.“
„Natürlich nicht. Aber …“
„Was für irre schicksalhafte Verbindungen. Meine Ex-Frau, diese bösartige Zerstörerin, in einem Atemzug mit Ihnen, einer so liebenswerten, menschlichen Frau. Oder anders gesagt: eine unwürdige Empfängerin, verknüpft mit einer unfreiwilligen Spenderin. Transplantation und Explantation.“
„Was reden Sie denn da?“ Brigitte Lasbeck warf das Fischmesser auf den Teller. „Es gibt keine Verbindung! Nicht die geringste!“
„Aber, nein, natürlich nicht. Nur in den Gedankenspielen der Polizei. Mehr wollte ich doch gar nicht sagen.“
Die Lasbeck funkelte ihn noch immer an. Saalbach strich sanft über ihre Hand. „Ich meine nur, Sie und ich, wir sind beide unfreiwillige Spender, das verbindet uns. Aber deshalb sind wir noch keine Mörder.“
„Ich bin auch keine Spenderin!“
„Ich habe mich etwas unglücklich ausgedrückt, verzeihen Sie.“
Brigitte Lasbeck lehnte sich ermattet zurück.
„Alles wird sich aufklären. Das ist absolut lächerlich. Sicher wird man den Täter bald finden.“ Saalbach legte so lange einen strahlenden Charme in sein Lächeln, bis sie endlich zurücklächelte.
Ohne ihn anzusehen, nahm sie langsam einen Schluck Wein. „Wollen Sie noch immer wissen, wer das Herz Ihres Sohnes bekommen hat?“
„Ja, ich wüsste es gern. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich es rauskriegen kann.“
„Lassen Sie es, ich rate Ihnen davon ab. Ich glaube, wir bewahren uns unseren Seelenfrieden, wenn wir es nicht wissen.“
Saalbachs Blick sog sich am Ausschnitt ihres engen schwarzen Kleides fest. Ihre distanzierte Eleganz fesselte ihn mehr denn je. Er begehrte sie.
24
„Worauf warten wir noch?“ Torsten Tügel warf seinen Kugelschreiber in die Luft und fing ihn wieder auf.
„In einer viertel Stunde kommt die Lasbeck zur Abnahme der Fingerabdrücke“, sagte Danzik. „Inzwischen habe ich auch den Durchsuchungsbeschluss für ihre Wohnung.“
„Ja, aber wir müssen zu der Polin. Zum Nonnenstieg. Offensichtlich hat sie sich auf Dauer in der Oss-wald-Villa eingenistet.“
„Du kannst es wohl gar nicht abwarten?“
„Was denkst d u denn? Meinst du, ich fahr auf solche Weiber ab? Die gehört doch zur Luder-Kategorie.“
„Ist schon gut.“ Danzik hob milde lächelnd die Hand.
Sie wurden einer Entscheidung enthoben, denn in dem Moment flog die Tür auf, und vorbei an dem diensthabenden Wachtmeister stürmte Ewa Jablonski herein.
„Wenn man vom Teufel spricht …“, murmelte Danzik.
„Wie bittä?“
„Ach, nichts.“
„Ich muss Sie sofort sprechen, Herr Kommissar. So-fort!“
Sie trug einen kürzestmöglichen schwarzen Ledermini, eine knappe Jeansjacke, die sich über ihrem gewaltigen Busen nicht mehr schließen ließ, und schwenkte einen pinkfarbenen Kelly-bag vor sich her. Die Umgebung des linken Auges war violettschwarz aufgequollen, unter den hochblondierten Ponyfransen sah eine rote, kerbigeWunde hervor.
„Nun nehmen Sie doch erstmal Platz. Was ist passiert? Wer hat Sie so übel zugerichtet?“
Ewa Jablonski schob verächtlich die vollen Lippen vor.
„Ach, was soll’s. Herr Kommissar, weshalb ich bin gekommen: Ich hab damals gegäbben ein falsches Alibi, hab gesagt, dass mein – dass Marco, also, dass Steinmann die ganze Zeit war zu Hause. Aber ich war selbst gar nicht da. Ich war überhaupt nicht in Wohnung, Herr
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