Herzschlagzeilen
wieder keine Zeit hat, platze ich einfach vor lauter Neuigkeiten.
Gestern habe ich mein Handy nicht mehr aus der Hand gelegt. Vor dem Einschlafen habe ich immer wieder draufgeguckt, ob Marc nicht vielleicht doch schon eine SMS geschickt hat. Jedes Mal tröstete ich mich damit, dass er ja meine Nummer gar nicht kennen kann. Doch als dann beim vierten oder fünften Kontrollblick das kleine Briefchen im Display den Eingang einer Kurzmitteilung anzeigte, schlug mein Herz Purzelbäume. Na also! Fast hätte ich Kiki geweckt vor lauter Aufregung.
Marc hat sich gemeldet. Marc hat mir eine SMS geschrieben. MIR!
Emily Isabelle Heimbucher. Mit bebenden Fingern öffnete ich den Mitteilungsordner. Und erstarrte. Das durfte doch nicht wahr sein! Die Kurznachricht war nicht von Marc, sondern von Luke. Auf diese Enttäuschung war ich nicht vorbereitet. Luke. Von all meinen Freunden war er der, von dem ich jetzt am wenigsten eine SMS lesen wollte. Am liebsten hätte ich sie einfach gelöscht, aber das brachte ich dann doch nicht übers Herz. Also öffnete ich die Mitteilung und überflog den kurzen Text.
»Was habe ich falsch gemacht? Warum veränderst du dich plötzlich so? Luke.«
Falsch gemacht? Wie kam er denn auf die Idee, er hätte etwas falsch gemacht? Und warum behauptete er, ich würde mich verändern? Ja, sicher tat ich das. Ich wurde älter und reifer, und jetzt sah ich auch noch besser aus, aber ich wusste nicht, was daran so schlimm sein sollte. Alle Menschen verändern sich im Lauf ihres Lebens hin und wieder. Sogar die eigenen Eltern, dachte ich, als mir die Szene mit Mama in meinem Zimmer wieder einfiel. Was also sollte diese SMS von Luke? Ganz klar: Er war eifersüchtig. Luke gefiel es nicht, dass zwischen Marc und mir etwas lief. Und statt mir das einfach zu sagen, probierte er es jetzt auf diese Mitleidstour.
Was habe ich falsch gemacht?
So ein Blödsinn. Er hatte nichts falsch gemacht. Er war nur einfach nicht der Richtige im Moment. Und auch sonst nicht, ergänzte ich schnell. Aber vor allem im Moment. Denn im Moment interessierten mich wirklich nur die Geburtstagsparty von Marc Behrendt und die Story, die dabei für mich herausspringen würde. Schließlich ging es um meine berufliche Zukunft, und das konnte man gar nicht ernst genug nehmen. Aber wie hätte ich ihm das klarmachen sollen? Überhaupt hielt ich es für das Beste, ihm auf diese SMS gar nicht zu antworten. Das konnten wir alles später noch klären. Jetzt war einfach der falsche Zeitpunkt. Ich löschte die SMS von Luke.
Und habe seitdem ein schlechtes Gewissen.
»Isa? Ist was passiert?« Nina gähnt herzhaft ins Telefon.
»Etwas? Hallo? Ich könnte einen ganzen Roman schreiben.« Schnell setze ich mich im Bett auf und ziehe die Bettdecke bis zum Kinn. »Pass auf, ich muss dir unbedingt …«
»Hast du mal auf die Uhr geguckt?«
»Nina, ich hab nicht viel Zeit. Kiki ist gerade im Bad und kommt bestimmt gleich zurück und ich habe Marc geküsst und dann hat er Eis von meinem Löffel gelutscht und ich habe Eis von seinem Löffel … Melone übrigens … und wir haben …«
»Du hast was?« Endlich scheint Nina wach zu sein. Und dann muss ich ihr ungefähr zwanzigmal erzählen, wie ich es geschafft habe, mit Marc Eis essen zu gehen, und sie ist von meinem Einsatz für meine Karriere ziemlich beeindruckt. Die Schmetterlinge und das Gefühlschaos in meinem Bauch sowie die Tatsache, dass ich die ganze Kussszene nur wegen Luke inszeniert habe, verschweige ich dabei geflissentlich. Selbst meine beste Freundin muss nicht alles wissen. Schon gar nicht, dass mich wegen Luke nun mein schlechtes Gewissen plagt. Dafür lobe ich sie umso ausgiebiger für ihren Einfall mit der Lautsprecherdurchsage. Aber dann kommt mir plötzlich etwas anderes in den Sinn.
»Wo warst du eigentlich plötzlich?«, frage ich sie. »Als wir beim Hausmeister ankamen, war von dir schon weit und breit nichts mehr zu sehen.«
Schweigen.
»Nina?«
»Ich hatte noch einen Termin«, sagt sie nur.
Klar, jetzt hat sogar schon meine allerbeste Freundin Termine. »War es wenigstens schön?«, will ich wissen und fühle mich irgendwie ausgegrenzt. Früher haben wir alles geteilt, wirklich alles. Jedes Erlebnis, jeder Gedanke, jeder noch so verrückte Traum gehörte uns beiden. Und plötzlich hat Nina Geheimnisse vor mir. Das gefällt mir überhaupt nicht. »Hast du dich mit Colin getroffen?«, frage ich schroff und bereue die Frage im selben Moment.
»Bitte, Isa, hör auf
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