Herzschlagzeilen
Isa Heimbucher. Alles, was du von ihm willst, ist eine Einladung zu seiner Geburtstagsparty. Und dafür wirst du dich bitte so teuer wie möglich verkaufen.
Ich schüttele mich kurz, so als ob ich damit die Gefühle, die Schmetterlinge, das Kribbeln vertreiben könnte. Dann springe ich aus dem Bett.
»Ich will alles wissen!« Als ich die Redaktion betrete, lacht mir Rosa schon fröhlich entgegen. Mist. Seit vorgestern ist so viel passiert, dass ich Rosas Rolle in dem Ganzen schon völlig vergessen hatte.
»Übrigens – du siehst umwerfend aus!« Zur Bekräftigung hält sie einen ausgestreckten Daumen in die Höhe.
»Äh – ja – vielen Dank. Und danke auch, dass Sie, also Ihr Sohn …« Gerade noch rechtzeitig fällt mir ein, dass ich mich bei Rosa noch gar nicht bedankt habe. Als ich nämlich am Dienstag von meinem Friseurbesuch zurückkam, telefonierte sie und war so ins Gespräch vertieft, dass sie nicht mal aufgesehen hat. Und gestern Nachmittag habe ich sie gar nicht zu Gesicht bekommen.
»Schon okay, Schätzchen. Er ist ein toller Friseur«, wie zufällig greift sie in ihre goldenen Löckchen, »und er war mir noch einen Gefallen schuldig.« Sie strahlt mich an. »Und jetzt erzähl: Wie war dein Date?«
»Ich – wir …« Verzweifelt suche ich nach einem Ausweg. War doch klar, dass Rosa fragen würde. Und genauso klar ist, dass ich ihr absolut nichts über meine wahren Gründe für den Friseurtermin erzählen kann. Am liebsten hätte ich mich in Luft aufgelöst. Ich fühle mich schrecklich undankbar. Immerhin hat Rosa mir zu einem kostenlosen Haarschnitt mit einem umwerfenden Ergebnis verholfen. Fast will ich schon klein beigeben – um des lieben Friedens willen –, aber ich kann mit Rosa einfach nicht über gestern reden. Nicht über Marc und schon gar nicht darüber, worum es bei der ganzen Aktion wirklich geht.
»Was ist eigentlich der Plural von Vernissage?«, stammele ich, nur um irgendetwas zu sagen.
Gott, Isa, bescheuerter geht’s ja kaum.
Rosa zieht eine Augenbraue hoch. »Das nenne ich mal einen eleganten Themenwechsel. Da können sich die HerrenRedakteure gut eine Scheibe von abschneiden.« Rosa lacht wieder ihr glockenhelles Lachen und zwinkert mir zu. Sie ist mir nicht böse. Dankbar lächele ich zurück und mache mich auf den Weg in
Wefis
Büro. Wir waren verabredet, aber er ist noch nicht da. Inzwischen bin ich hier schon so zu Hause, dass mich das nicht weiter stört. Ich muss ohnehin noch den Ordner mit den neuen Meldungen durchsehen, da kann ich das genauso gut auch jetzt machen.
Mit einem Becher voll dampfendem Kaffee in der Hand werfe ich noch einen Blick auf den Wandkalender. Für heute ist kein Termin eingetragen. Was zunächst nichts heißen muss. Ich habe schon gelernt, dass hier viele der Außentermine eingetragen sind, aber längst nicht alle. Wefi nimmt es mit den Terminen offenbar nicht so genau. Trotzdem versuche ich, mir mal einen Überblick über die anstehenden Veranstaltungen zu verschaffen.
Jahreshauptversammlung/Kleintierzuchtverein
entziffere ich mühsam die krakelige Handschrift meines Ausbilders. Morgen. Ich verdrehe die Augen. Das klingt ja wahnsinnig spannend.
Hoffentlich geht er da allein hin. Ich habe echt keine Lust, meinen Abend mit Diskussionen über die Zuchterfolge von Zwerghühnern zu verbringen. Es muss doch irgendeine wichtige Eröffnung oder Einweihung in dieser Stadt geben, zu der auch Marc aufkreuzen wird. Aber der Terminkalender ist eine komplette Fehlanzeige.
Seufzend packe ich den Ordner mit den aktuellen Meldungen auf den Tisch. Meinen täglichen Praktikumsbericht für gestern muss ich auch noch schreiben. Nächste Woche werden sogar einige Lehrer unsere Praktikumsplätze einzeln aufsuchen und besichtigen. Herr Piesold hat sich im
Stadtanzeiger
angemeldet. Ich schaue mich in dem Büro um und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. Vor allem Wefis Kalender mit den nackten Models dürfte meinem Politiklehrer gefallen.
Als das Telefon auf dem Schreibtisch schrillt, zucke ich zusammen. Eine Weile starre ich es unschlüssig an. Was soll ich machen? Klingeln lassen oder einfach rangehen? Ich entschließe mich dafür, es klingeln zu lassen, und zähle heimlich mit, wie lange derjenige auf der anderen Seite der Leitung braucht, um aufzugeben. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, aber dann verstummt das Telefon doch. Erleichtert wende ich mich wieder meinem Bericht zu. Ich bin gerade fertig, als es an der Tür klopft.
Rosa steckt ihren Kopf ins
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