Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
fühlte Millandra sich von dem Blick seiner jadegrünen Augen magisch angezogen. Obwohl die untere Gesichtshälfte des Wegelagerers vom schwarzen Dreieck seiner Maske verhüllt war, spürte sie, dass auf seinen sinnlichen Lippen ein Lächeln lag. Unter ihrem eng geschnürten Korsett flatterte Millandras Herz wie ein gefangener Vogel. Als die Hand des Banditen höher wanderte, empfand Millandra …
»Katy? Sind Sie auch für diesen Vorschlag?«
Vorschlag? Was für ein Vorschlag?
Ich schaue auf und stelle erschüttert fest, dass ich mich in der Konferenz des Fachbereichs Englisch befinde. Jake verschwindet, während neun Augenpaare mich abwartend anblicken.
Ich schiebe mein Werk unter meinen Lehrerkalender. Unterdessen werde ich von Cyril Franklin, dem Fachbereichsleiter, mit der üblichen Mischung aus Ungeduld und Frustration betrachtet. Dabei klopft er mit einem Bleistift an seine ungepflegten Zähne. »Und, was ist nun, Katy? Sind Sie auch dieser Meinung?«
Welcher denn? Dass Marmite super schmeckt? Dass Brad Pitt sexyer ist als George Clooney? Ich laufe mal wieder Gefahr, wie der letzte Trottel dazustehen, was an sich nichts Ungewöhnliches ist. Allerdings habe ich meinem Verlobten unlängst versprochen, ein neues Kapitel im Leben zu beginnen und mich endlich auf meine Karriere zu konzentrieren. Schluss mit endlosem Schmökern. Schluss mit Zigeunerröcken und Plateausohlenstiefeln. Und vor allem – in diesem Punkt ist James besonders strikt – Schluss mit Träumen von einem Dasein als Autorin von Bestseller-Liebesromanen. Und ich bemühe mich ernsthaft! Aber es verhält sich so ähnlich, wie wenn man die Kippen aufgeben will (zum Glück kriegt James nie mit, dass ich mir ab und zu heimlich im Heizungskeller eine genehmige; er kann es nämlich nicht ausstehen, wenn ich rauche): Ich muss einfach schreiben. Deshalb entsteht Das Herz des Banditen im Englischheft meines Schülers Wayne Lobb.
Die Lehrerkollegen warten auf eine Antwort, was an sich kein Problem wäre, wenn ich die Frage kennen würde.
»Ähm«, bringe ich hervor, »das ist eine wirklich wichtige Frage.« Da alle nicken, habe ich offenbar ins Schwarze getroffen. Wenn ich Cyril jetzt beipflichte, wird er mich in Ruhe lassen, und wir können hoffentlich alle früh nach Hause gehen. Ich hole tief Luft, werfe ihm meinen überzeugendsten Ich interessiere mich leidenschaftlich für alle pädagogischen Themen -Blick zu und sage: »Ich halte das für eine hervorragende Idee.«
»Im Ernst?«, fragt Cyril verblüfft. »Sie stehen auf meiner Seite?«
»Komplett«, verkünde ich mit Nachdruck. »Hundertprozentig.«
Eisiges Schweigen tritt ein, und mir wird leicht mulmig. Was kann denn so wichtig sein? Soll der Schulabschluss verändert werden? Oder wollen sie Jamie Oliver einladen, um unsere erbärmliche Schulküche auf Vordermann zu bringen?
Die Kids an der Sir Bob Geldof Community School würden dem armen Jamie den Garaus machen. Die würden ihm seine Wraps schneller in den Hintern stecken, als man »fette Würstchen« sagen kann. Für unsere Schüler bräuchte es schon jemanden vom Zuschnitt des ruppigen Gordon Ramsey.
»Dann steht es jetzt fest!« Cyril tippt irgendwas in seinen Laptop. »Katy steht mir zur Seite, und alle anderen stimmen auch zu, nehme ich doch an?«
Das Schweigen wird noch eisiger. Mein Freund Ollie wirft mir giftige Blicke zu und streicht mit dem Zeigefinger quer über seinen Hals. Miss Lewis, eine ältere Kollegin, steckt sich ein Minzbonbon in den Mund und zerbeißt es geräuschvoll.
»Alle anderen stimmen auch zu?«, zischt Cyril so drohend, wie es jemandem möglich ist, der mit Vorliebe Polyester trägt. Die Kollegen wittern gemeine Stundenpläne als Retourkutsche und halten hastig die Hand hoch. Ich höre das Gejammer schon jetzt.
»Prächtig«, sagt Cyril lächelnd. »Damit ist die Sommerschule offiziell ins Leben gerufen. Sie beginnt am ersten Tag der Ferien.«
»Sommerschule?«, frage ich Ollie mit Lippenbewegungen.
Er nickt. »Verräterin!«
Sommerschule? Unter keinen Umständen! Ich brauche diese sechs Wochen dringend! Ich freue mich jetzt schon darauf, und dabei ist erst April. James allerdings würde wohl begeistert sein. Er meckert sowieso immer darüber, dass Lehrer zu viel Ferien haben. Typische Äußerung von jemandem, der noch nie freitagnachmittags pubertierende Jugendliche unterrichten oder einen Berg von Kursarbeiten korrigieren musste, gegen den der K2 ein flaches Hügelchen ist.
»Katy kann auf keinen
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