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Hetzer & Kruse 01 - SchattenHaut

Hetzer & Kruse 01 - SchattenHaut

Titel: Hetzer & Kruse 01 - SchattenHaut
Autoren: Nané Lénard
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er konnte sie nicht abschütteln. Das hätte noch stärkere Schwingungen verursacht. Hetzer konnte nicht erkennen, wie die Kugel befestigt war. Sie schien einfach im Raum zu schweben. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er hatte gelernt, selbst in den schwierigsten Situationen Ruhe zu bewahren. Er konnte auch länger als andere Menschen auf einem Platz stehen, ohne sich zu bewegen. Aber er war nicht darauf vorbereitet worden, dass dabei auch noch eine Ratte an ihm hoch lief. Sie war jetzt schon bis zu seinem Hals gekrabbelt. Dort war er empfindlich.
    „Es ist gar nicht so schlimm!“, flüsterte die Ratte leise in sein Ohr. „Ich habe auch keine mehr.“ Dabei lachte sie so schrill, dass die Kugel in tiefer Resonanz anfing zu brummen und sich zu vergrößern.
    „Halt die Klappe!“, zischte Hetzer, immer ihr Glitzern im Blick. Sie vibrierte jetzt und drehte sich um sich selbst.
    Die Ratte rückte näher.
    „Du brauchst auch keine. Bleibst sowieso ein einsamer Wolf.“
    „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“
    „Von allem und nichts.“
    Die Kugel war in symmetrische Schwingung geraten. Ihre Ausdehnung wurde immer größer. Das Brummen war fast nicht mehr zu ertragen.
    Da öffnete die Ratte das Maul und biss Hetzer mit aller Wucht ins Ohr. Sein Schrei entfesselte das Inferno über ihm. Die Kugel platzte.
    „Ich bin nicht schuld, du hast geschrien“, lachte die Ratte in jedem Spiegelbild der Skalpelle, die sich aus der Kugel gelöst hatten und wie Moskitos auf ihn zuschwirrten.
    Hetzer wachte schweißgebadet auf. Er lebte noch. Genüsslich rollte sich der Kater auf ihm zusammen und schnurrte. Sofort fühlte er sein Ohr. Aber da war alles in Ordnung. Was für ein merkwürdiger Traum, die Anspannung fühlte er immer noch.
    Hatte er etwas zu bedeuten?
    Hetzer gehörte nicht zu den Männern, die solche Gedanken einfach wegwischten. Er selbst hielt viel von Intuition und Dingen, die unter der Oberfläche verborgen waren. Manches hörte man, ohne es zunächst für wichtig zu halten, aber es war da. Im richtigen Moment drängte es sich vielleicht ins Bewusstsein und war genau das Puzzleteil, das einem gefehlt hatte.
    Warum war die Ratte dagewesen?
    Warum die Skalpelle? Und was hatte das widerliche Vieh gesagt? Sie hätte keine und er bräuchte auch keine?
    Weil er einsam sei und es auch bleiben würde?
    Was brauchte man denn nicht in der Einsamkeit? Ohren? Weil niemand mit einem sprach? Nein, das konnte nicht sein, die Ratte hatte mit ihm gesprochen und ihn gehört.
    Er nahm sich vor, das Bild im Kopf zu behalten. Eine Erklärung konnte er jetzt nicht finden.
    Mühsam stand er auf und ging hinunter in die Küche. Er fühlte sich wie zerschlagen und trotzdem unruhig. Seine Oma hatte immer eine Milch getrunken, wenn sie nachts nicht schlafen konnte. Er hatte das von ihr übernommen. Die Milch hinterließ ein wohliges Gefühl. Stundenlanges Grübeln brachte nichts. In der Gemütlichkeit des warmen Bettes kehrte der Schlaf rasch zurück.
    Als er am Morgen die Brötchen hereinholte, trat er auf etwas Weiches. Im Halbdunkel konnte er nicht genau erkennen, was es war. Bestimmt hatte Gaga irgendein Spielzeug herumgeschleppt. Er bückte sich, und als er genauer hinsah, wich er vor Ekel zurück. Da lag eine tote Ratte auf seiner Fußmatte.

Susis Geheimnis
    An dem Weihnachtsabend im Jahr 1971 hatte Susi begriffen, dass ihre Eltern eine ganz andere Vorstellung von dem hatten, womit sie ihre Zeit verbringen sollte. Mit Überwindung ging sie in den Folgejahren zu den Ballettstunden. Tapfer trug sie das Tütü, in dem sie sich einfach lächerlich vorkam. Aber sie wollte ihren Eltern gefallen. „Hanni und Nanni” hatte sie an die Seite gelegt und auf „Winnetou III” gespart. Die albernen Internats-Geschichten interessierten sie nicht.
    Glücklicherweise waren Vater und Mutter tagsüber beschäftigt. Die eigene Praxis im Haus kostete viel Zeit. Für Susi war das gut und schlecht. Wenn sie die Ballettschuhe aufgehängt hatte, schnappte sie sich Pfeil und Bogen und lief nach draußen. Immer draußen. Sie war so gerne draußen in der Natur. Sprach mit dem Wind, kletterte auf die alten Kirsch- und Apfelbäume und baute Dämme im Bachlauf. Zu jener Zeit gab es viele Kinder in den Gärten. Es war immer jemand zum Spielen da. Wenn sie sich heute zurückerinnerte, hatte sie den Eindruck, die Sommer waren immer schön gewesen. Keine Regentage. Nur ein Gewitter ab und zu.
    Die Eltern sahen, dass Susis Noten hervorragend waren. Für den
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