Hetzer & Kruse 01 - SchattenHaut
Mica. Es tut mir sehr leid. Wenn ich gewusst hätte, dass Otto von der Weiden dein Vater ist, dann hätte ich es dir persönlich gesagt.“
„Ist schon ok.“
„Eine Sache noch. Du hast doch an den Fällen mitgearbeitet. Wir wissen jetzt, dass er entführt worden ist. Es besteht die Möglichkeit, dass er ein weiteres Opfer unseres Täters ist. Hast du eine Ahnung, wo wir ihn suchen könnten? Die Bückeburger Kollegen haben übrigens eine Verbindung zwischen Sabine Schreiber und Josef Fraas gefunden. Sie werden nur noch nicht ganz schlau aus dem Material. Vielleicht können unsere Graphologen den restlichen Text aus dem Brief wieder rekonstruieren. Wenigstens teilweise, damit sich ein Sinn ergibt.“
„Leider kann ich dir nicht sagen, wo mein Vater sein könnte. Er war Chirurg. Ich glaube nicht, dass es eine Verbindung zwischen ihm und der Jugendamtsleiterin oder dem Pfarrer gibt.“
„Falls dir doch noch etwas einfällt, auch wenn es das kleinste Detail ist, lass es uns wissen.“
„Ja, ist gut.“
Sie legte auf.
So kannte er sie gar nicht. So wortkarg und still. Das war eine ganz andere Mica, als die, die er sonst kannte. Er vermutete, dass das Verschwinden ihres Vaters sie doch mehr mitgenommen hatte, als sie sich selbst eingestehen wollte.
Peter hatte das Gespräch mitverfolgt.
„Puh, das konnte ja niemand ahnen, dass das ihr Vater ist, Wolf. Mach dir keine Gedanken.“
„Nee, aber blöd ist es trotzdem. Ich hatte auch den Eindruck, dass ich da bei ihr eine Stelle berührt habe, die tabu war. Weißt du, wie ein Tor, durch das man niemanden einlassen will. Sie war auf einmal ein ganz anderer Mensch. Verschlossen, schweigsam und verletzlich.“
„Das kann ich mir kaum vorstellen von unserer Frotzologin.“
„Hast es ja auch nicht selbst gehört, wie sie war. Ermittlungstechnisch ist sie uns hierbei leider keine große Hilfe. Es bestünde schon seit Jahren kein Kontakt mehr, hat sie mir gesagt. Das müsste man sicherheitshalber mal nachprüfen.“
„Schade eigentlich! Sie hätte Licht ins Dunkel bringen können. Aber so wird sie sich auch nicht allzu große Sorgen um ihn machen, so kurz vor Weihnachten.“
„Das eine schließt das andere nicht unbedingt aus. Immerhin ist es ihr Vater. So ganz frei kannst du da nicht werden, denke ich.“
„Vielleicht nicht. Ich bin zum Glück nicht in der Situation.“
Peter ließ den Stift fallen.
„Und egal, was du jetzt noch vorhast, ich mache Feierabend.“
„Keine schlechte Idee. Ich bin sowieso noch rekonvaleszent. Da soll man es nicht übertreiben. Schneit es denn noch?“
„Ja, aber es sieht so aus, als würde es weniger.“
Eingepackt in dicke Jacken fegten sie ihre Autos vom Schnee frei und machten sich auf den Weg nach Hause.
Hetzer stellte den Ford in die Garage und schloss die hölzerne Flügeltür. Seitdem die Hundeklappe verriegelt worden war, war Gaga tagsüber immer bei Moni. Dort holte er sie lieber sofort ab, damit er sich nicht noch einmal an- und ausziehen musste. Erst jetzt merkte er, wie kaputt er noch war. So eine Grippe steckte man in seinem Alter eben auch nicht mehr so leicht weg. Mit 45 wusste man nicht, ob man den Zenit schon überschritten hatte und ob einem noch einmal dieselbe Zeitspanne zur Verfügung stand. Er klingelte bei Moni. Wie immer war Gaga zuerst an der Tür und fiepte.
„Hallo Wolf, na, war der erste Tag anstrengend?“
„Sieht man mir das an?“
„Lügen wäre jetzt charmanter, aber ich fürchte, das glaubst du mir sowieso nicht. Komm doch rein, es gibt Erbsen- und Möhreneintopf. Ist viel zu viel für mich allein. Zu zweit schmeckt es auch besser.“
Ok, ich hole die Jungs noch rüber, dann sind wir komplett.“
„Von mir aus.“
„War ein Witz!“, sagte Hetzer und trat sich die Schuhe ab. Auf der Matte zog er sie aus, streckte seine Zehen in den Selbstgestrickten aus und folgte den beiden. Die Socken waren noch von seiner Oma und wurden an manchen Stellen langsam dünn, bemerkte er mit Wehmut. Der Tisch war schon gedeckt.
„Setz dich schon, ich stelle eben den Herd noch mal an. Ich wusste ja nicht, wann du Feierabend hast.“
Gaga legte sich unter seinen Stuhl und schien seine Nähe zu genießen. Mit den Zehen kraulte er ihren Bauch.
„Du verwöhnst mich aber“, sagte er, als sie mit dem dampfenden Topf ins Esszimmer kam. Als sich der Duft in seiner Nase entfaltete, merkte er, wie hungrig er war.
„Lass es dir schmecken!“
„Danke. Guten Appetit.“
Der Eintopf war so gut, dass
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