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Hexen in der Stadt

Hexen in der Stadt

Titel: Hexen in der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Engelhardt
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schuld.
    »Ich red’ schon mit ihnen«, versprach Veronika. Während Sebastian sich auf den Weg zu dem kranken Chorherrn machte, ging sie wieder in die Küche. Das Rotköpfchen ließ das Rad schnurren und saß sehr brav und niedlich da in seinem blauen Sonntagskleidchen. Aber die Mutter ließ sich nicht täuschen.
    Sie setzte sich auf die Bank, der Tochter gegenüber, hieß sie mit Spinnen aufhören und fragte streng, wie sie es angestellt habe, daß ihnen der Junker bis zur Haustür nachgegangen sei. Sabine stellte sich dumm, aber die Mutter wischte alle Ausflüchte mit der Hand beiseite. »Ich hab’ genau gehört, was du zur Katrin hinter der Tür gesagt hast. Mir machst du nichts vor.«
    Da gab das Kind klein bei und erzählte stockend eine seltsame Geschichte. Vor ein paar Tagen war sie mit der Katrin auf einem Gang, den ihnen die Mutter aufgetragen hatte, einer Schar von jungen Domicellaren begegnet, darunter diesem Junker. Nein, seinen Namen wußte sie nicht. Aber er hatte ihr gefallen, und im Übermut hatte sie Lust verspürt, an ihm ihre Macht zu erproben.
    »Was für eine Macht?«
    Das Kind erschrak. Hatte es »Macht« gesagt? Nun, das meinte es nicht eigentlich.
    »Was denn sonst?«
    Sabine wand sich, aber ihr blieb nichts übrig, sie mußte antworten. Schon lange hatte sie bemerkt, daß Dinge, von denen sie wünschte, sie möchten geschehen, so von ganzem Herzen wünschte, oft eintrafen. »Was ist Euch, Mutter?«
    Aber was sie in Veronikas Gesicht erschreckt hatte, war schon wieder vergangen. »Weiter, Kind! Was hast du getan?« Es war nicht viel gewesen und gar nichts Schlimmes. Sabine hatte das Seidenband um ihren Hals, an dem ein geweihter Taler hing, heimlich gelöst und auf den Weg fallen lassen mit dem Wunsch, kein anderer als der hübsche Junker möge ihn finden. Sie hatte auch noch gesehen, daß er sich bückte. Dann aber hatte sie doch Angst bekommen vor der eigenen Keckheit und die Katrin in eine Nebengasse gezogen. Später hatte ihr das leid getan. Sie hatte gewünscht – von ganzem Herzen – , der Junker möge zu einer bestimmten Stunde am Brunnen in der Domgasse auf sie warten und ihr den Taler zurückgeben. Dieser Tag und diese Stunde waren heute abend gewesen. Denn sie hatte mit Bedacht den Tag der Kindtaufe gewählt, an dem sie gewiß aus dem Hause käme. Auf dem Heimweg war sie mit der Katrin am Brunnen vorbeigegangen, und da hatte der Junker auch richtig gestanden und ihr den Taler hingehalten. Sie aber hatte die Lust an dem Abenteuer ganz verloren gehabt und der Katrin zugeflüstert, sie wollten fortlaufen, und der da müßte ihnen nach, und wenn er die Schuhsohlen verlieren sollte. Sie hatte sich selbst gewundert, daß er wirklich nachgekommen war.
    »Das ist wirklich alles, Mutter«, endete Sabine und lächelte zaghaft in der Hoffnung, auch die Mutter möge lächeln und alles nicht so schlimm finden.
    Aber die Mutter lächelte nicht. Sie war so ernst, wie Sabine sie nie gesehen hatte, und ihre Stimme klang fremd, als sie sprach – so leise, daß nicht einmal eine Eule im Schornstein oder eine Katze, die am Fenster vorbeistrich, sie hätte hören können: »Weißt du auch, du Kind, daß deine Geschichte, wenn du sie jemand anderm erzählt hättest, dich vor das Malefizgericht bringen könnte?«
    »Nein!« schrie das Mädchen auf. »Mutter, Mutter! Das war doch nicht gehext! Ich hab’ doch nichts Böses getan, keinem Menschen geschadet.«
    »Weißt du denn nicht«, erwiderte Veronika, »daß du verurteilt werden würdest, nicht für etwas, das du getan, sondern einzig für das, was du bist – in ihren Augen?«
    »Wie kannst du so was von mir glauben!« Das Kind warf sich auf die Knie und vornüber in den Schoß der Mutter, von Weinen geschüttelt.
    Veronika sprach sanfter: »Was ich glaube oder du, das zählt ja nicht, nur was die sich einbilden. Sag mir…«, sie packte die Tochter an den Schultern, zog sie empor und zwang sie, ihr ins Auge zu sehen.
    »Wem hast du davon erzählt? Der Katrin?«
    »Die Katrin weiß gar nichts. Der hab’ ich nur gesagt, am Brunnen wartet einer auf mich, den wollen wir schön zum Narren halten. Wirklich, Mutter, mehr nicht.«
    »Dann schweig auch jetzt, hörst du? Zu ihr und zu jedem. Und niemals wieder erlaube dir einen solchen Streich wie mit dem Junker! Es wäre der Tod für dich, vielleicht für uns alle. Verspricht mir in die Hand!«
    Zitternd und verweint stammelte das Mädchen: »Ja, ich versprech’s Euch, Mutter«, reuig überzeugt, daß

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