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Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Titel: Hexen: Vier historische Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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eigener Kampfgeist durch die genossenen Speisen zum Erliegen gekommen war. Dann musste er mit ansehen, wie sich ein Mann nach dem anderen auf seinen Hocker fallen ließ, bis auch er sich wieder setzte und fassungslos seinen schwarzhaarigen Kopf schüttelte.
„Freundlichstes Entgegenkommen jetzt“, raunte uns die Äbtissin darauf zu, trat zum Gästetisch und sprach den Hauptmann an: „Auf unsere Gesellschaft müsst Ihr nun verzichten, mein Herr. Bitte versteht, es ist spät geworden, wir gehen zu Bett.“
„Spät?“, wiederholte er ungläubig und blickte dann fragend in die Runde seiner Männer, von denen sich einer gerade reckte und ein anderer bis zum Anschlag seinen Mund zum Gähnen aufriss. Der Hauptmann musste erkennen, dass heute nichts mehr mit ihnen anzufangen war, weshalb er ihnen vorschlug, ihr Vorhaben zu verschieben. Er erntete einhellige Zustimmung.
Ich übersetzte es leise der Äbtissin, worauf sie den Hauptmann mit argloser Miene fragte: „Übernachtet Ihr mit Euren Freunden in einem Hechinger Gasthof?“
„Im - im Gasthof übernachten? - Non, hier im Kloster. Am besten im Stall.“
„Doch nicht im Stall“, widersprach sie mit gespieltem Entsetzen. „Wir verfügen über einen Gästeschlafraum, den habt Ihr ganz für Euch alleine, denn andere Gäste beherbergen wir heute nicht.“
Er sah sie ungläubig an: „Ihr stellt uns einen Schlafraum zur Verfügung? - Einen Moment.“
Nun übersetzte er das Angebot seinen Leuten, befahl ihnen dann, das Raubgut herzuschaffen und wandte sich wieder an die Äbtissin: „Merci für Euer Angebot, Madame Magistra! Nur müssen wir erst unsere Säck . . , das Reisegepäck herholen, Ihr versteht, oui?“
Freilich verstand sie: „In Ordnung, solange können wir noch warten.“

    N achdem die verdreckten Ganoven schließlich alle Säcke und Schnürpakete angeschleppt hatten, führten wir sie über den mit Wandfackeln beleuchteten Flur, zeigten ihnen den Abort, und als die Äbtissin ihnen weit die Tür zum Schlafraum öffnete, wurde ihr Staunen noch größer. „Ist ja ganz was Feines. Merci, Madame Magistra, merci nochmal!“, bedankte sich der Hauptmann beim Eintreten, und wir wünschten eine gute Nacht.
Sie bemerkten nicht, dass wir gleich drauf zwei Türen weiter in unseren kleinen Aufenthaltsraum schlupften. Dort zündeten wir auf kleiner Flamme eine Tranlampe an, verteilten uns auf die Hocker um den Tisch und schwiegen erschöpft. Wir wussten, dass diese Nacht nur eine Erholungspause für uns bedeutete, da die Räuber ihr Vorhaben lediglich verschoben hatten. Fraglos auf morgen Früh.
Nach einem gemeinsamen Gebet und einer anschließenden gedankenreichen Pause brachte Notburga mit einem Seufzer hervor: „Jetzt könnte ich einen geistigen Tropfen vertragen.“
„Der wird uns allen gut tun“, ging die Äbtissin darauf ein, holte aus der Kredenz eine Steinflasche mit Gin und einen Becher hervor, schenkte ein und ließ den Becher reihum gehen.
Der Tropfen entspannte uns ein wenig. Dann erkundigte sich die Äbtissin bei mir: „Du warst doch in der Küche, hast du von Gerlinde erfahren, wie viele Landsknechte vor dem Haupt- und dem Schulportal platziert sind?“
„Ohje, nein. Ich habe in meiner Aufregung vergessen, sie danach zu fragen.“
„Ach so“, murmelte die Äbtissin bedauernd.
Notburga entging wohl nicht, welche Selbstvorwürfe ich mir ob dieses Versäumnisses machte, denn nachdem sie mehrere Atemzüge hatte verstreichen lassen, hob sie hervor: „Respekt, Tora, wie couragiert du den Anführer aufgefordert hast, draußen seine zwei Männer zur Ordnung zu rufen.“
Da die Äbtissin, die indessen Marie von jenen Liederjanen befreit hatte, diese Begebenheit nicht miterlebt hatte, schilderte Notburga sie ihr. Darauf entspann sich zwischen uns ein Ideenaustausch über die zurückliegenden und die noch zu erwartenden Schrecknisse mit der Verbrecherhorde. Einen Vorgehensplan für morgen konnten wir nicht entwickeln, uns blieb lediglich, zu hoffen, dass die Wachtmänner die Räuber beim Stehlen ertappen und überwältigen werden.
Es wurde eine lange Nacht, in der immer wieder eine von uns, Kopf auf dem Tisch, vorübergehend einnickte.
Am Ende waren die Äbtissin und ich gänzlich eingeschlafen.

    „G sch, gsch“, drang es an mein Ohr, dann Norburgas Flüsterstimme: „Komm zu dir, meine Kleine, langsam, langsam die Äuglein öffnen.“ Dann wandte sie sich behutsam an die schlafende Äbtissin: „Hallo, ehrwürdige Mutter, langsam aufwachen. - Doch nicht

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