Hexenbrand
was ihr Assunga gesagt hatte, deshalb schob sie die Schattenhexe etwas zur Seite, um einen Blick in den Flur zu werfen.
Sie tat es und sah, dass sich dort tatsächlich der einäugige Henker und die blonde Bestie gegenüberstanden. Sie waren Feinde, sogar Todfeinde, aber noch griff keiner den anderen an. Es ging nur verbal zur Sache, und Jane fragte sich, ob Justine Cavallo gegen diesen mächtigen Henker ankam. Sie war nicht bewaffnet, und ihre beiden Blutzähne würden eine Gestalt wie ihn kaum beeindrucken.
Er hatte seine Waffe noch nicht weggesteckt. Jane stellte sich vor, wie es ablaufen würde. Der Henker würde gnadenlos sein und versuchen, Justine Cavallo in Stücke zu schlagen.
Die Unterhaltung steigerte sich. Sie lief auf ihr Ende zu, das böse sein würde.
»Willst du nicht eingreifen?«, flüsterte Jane.
»Warum?«
»Wegen der Cavallo.«
»Sie kann sich doch wehren, oder nicht?«
»Ja, das schon. Sollte man annehmen. Aber nicht gegen so ein Monster. Das schlägt alles in Stücke.«
»Und? Stört es dich?«
»Ja, obwohl sie meine Feindin ist. Es stört mich, denn dann sind wir an der Reihe.«
»Wir werden uns nicht abschlachten lassen, das kann ich dir versprechen.« Assunga lächelte, was Jane nicht begreifen konnte. Hielt sie noch einen Trumpf in der Hinterhand?
Eine Antwort zu geben war nicht mehr nötig.
Der Henker gab jetzt den Takt vor.
Er drosch zu!
***
Der Einäugige war es gewohnt, seine Feinde zu treffen, wenn er sein Schwert einsetzte. Das hatte er vor Kurzem noch bewiesen, und jetzt wollte er es weiterführen.
Er drosch zu – und wurde abgewehrt!
Justine Cavallo war alles anderes als ein normaler Mensch. Sie war zwar eine Vampirin, aber sie war noch mehr, und zwar eine mit allen Wassern gewaschene Kämpferin, die sich zu wehren wusste.
Diesen Schlag hatte sie erwartet. Der Henker hatte ihr die Klinge in den Kopf schlagen wollen, um ihn zu spalten.
Aus dem Stand sprang sie nach vorn und mitten in den Schlag hinein.
Jeder Zuschauer hätte denken müssen, dass ihr der Schädel gespalten wurde. Das traf nicht zu. Ihre Bewegung war genau getimt gewesen, und sie schaffte es, den Schlag abzuwehren. Mit beiden Händen bekam sie den Unterarm des Henkers zu packen, und dann zeigte die Cavallo, über welche Kräfte sie verfügte.
Sie schaffte es, den Henker zurückzuhalten, und der Einäugige bemühte sich vergeblich, sich aus diesem Griff zu befreien.
Er schaffte es nicht.
Sie drehte seinen Arm herum.
Plötzlich zeigte die Klinge in die Höhe. Zugleich setzte die Cavallo zu einem gemeinen Tritt an. Sie sorgte dafür, dass die Beine des Henkers zur Seite geschleudert wurden, und dann lag er tatsächlich auf dem Rücken.
Für einen Moment war er nicht mehr Herr der Lage. Das nutzte die Cavallo aus. Sie entriss dem Henker das Schwert und stieß einen Jubelschrei aus.
Dann lachte sie noch mal auf, packte den Griff mit beiden Händen und riss das Schwert hoch. Die Klinge wies nach unten, und die Spitze zeigte genau auf die Brust des Henkers.
Der kam wieder hoch.
Genau da stieß Justine Cavallo zu!
Die Aktion wurde von einem gellenden Schrei begleitet. Mit voller Wucht rammte das Schwert in die Brust des Henkers, und erst als es tief in ihr steckte, ließ Justine es los.
Sie trat zurück. Sie wollte ihren Sieg feiern und sah, das Assunga und John Collins erschienen, wobei die Detektivin die Gelegenheit nutzte und auf die Treppe zulief.
Sekunden später auch der Henker.
Er hatte sich wieder erhoben, das Schwert steckte in seiner Brust, und er bewegte sich auf die oberste Stufe zu, um die Flucht anzutreten …
***
Genau das Bild sahen Suko und ich.
Wir entdeckten Jane Collins, um die wir uns nicht kümmern mussten, da sie sich aus der Gefahrenzone begeben hatte.
Noch stand der Henker am Ende der Treppe. Aber er ging vor. Das schaffte er, obwohl in seiner Brust ein Schwert steckte, sein Schwert. Und wir sahen noch etwas, denn das Schwert richtete seine Kräfte jetzt gegen ihn. Es hatte die Menschen verbrannt, und das war jetzt nicht anders. Plötzlich schlugen die ersten Flammen aus der Wunde, was ihm aber nichts ausmachte.
Er ging weiter die Treppe hinab.
Er kam auf uns zu.
Wir hätten verschwinden können, doch daran dachte keiner von uns. Denn jetzt sahen wir, dass der einäugige Henker keine Chance mehr hatte. Er musste sich mit seinem Schicksal abfinden, denn er war es, der jetzt verbrannte.
Die eigene Waffe sorgte dafür. Jetzt half ihm auch kein Fegefeuer mehr. Aber
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