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Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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gelitten und sich dann mit ihm erlöst gefühlt, ihre feinsinnige Maman. Daher am Ende ihre Verklärtheit.
Jetzt streichelte Meister Rodder seiner Tochter den Arm: "Ich würd's verstehen, wenn du allein sein willst, aber ich bleib auch gern bei dir. Ganz wie du willst."
"Lieb von dir. Wie geht es denn Mutter?"
"Gut", versicherte er ihr, "mach dir um sie kein Kopf, es geht ihr gut. Soll ich sie zu dir bitten?"
"Nein. Lieber will ich jetzt alleine sein. In stiller Natur."
Darauf erhob er sich: "Das wird dir gut tun", und verließ den Raum.
    In ihrem Garten setzte sich Lucia unter die mächtige alte Linde, unter der sie schon mehrmals ihre Sorgen vergessen hatte. Mit Blick nach oben in die frischgrünen Knospen gab sie sich dem Wiedererwachen der Natur hin. Alphonse war verschieden, die Natur hingegen erwachte zu neuem Leben. Paradox? Seltsamerweise konnte Lucia das so nicht empfinden, da sie ihre derzeitigen Malstudien über die Entfaltung und das Ergrünen einen umfassenden Sinn in diesem Geschehen erkennen ließen. Dem Winterschlaf folgt neues Erwachen, sinnierte sie, es entfalten sich Blüten. Während des Sommers wandelt sich die Blüte zur Frucht. Sie fällt im Herbst auf die Erde, in deren Schoß sie den Winter über dann ruht und im Frühjahr schließlich als neuer Keimling aus der Erde sprießt. Ewiger Wandel, ewiges Leben.
Auch Alphonses Seele, an die sein Bewusstsein gebunden ist, lebt weiter, ging es Lucia durch den Kopf, sie hat sich lediglich aus dem verbrauchten Erdenkörper gelöst, um in eine höhere Sphäre zu gelangen. - Die erlöste Seele, die Befreiung im höheren Sinn - Phönix aus der Asche. Ob Alphonse jene Malstudie noch rechtzeitig erhalten und sie richtig gedeutet hatte? Lucia glaubte schon. 'Viel Glück auf deiner Seelenreise', rief ihr Herz ihm zu.

    Während im Wohnhaus vorübergehend Trauerstimmung geherrscht hatte, war im Werk noch mehr Geschäftigkeit ausgebrochen. Ausgelöst von Meister Woiz. Er hatte solchen Gefallen an dem Mahagonirot gefunden, dass er sich als Bezahlung seiner Dienste überwiegend diesen Farbton ausgewählt hatte, der nun, um den Lagerbestand aufrecht zu erhalten, in Mengen produziert werden musste - für Meister Rodder natürlich durfte.
Der inzwischen alt gewordene Lenzingmond verwöhnte die Meraner zum Abschied mit lebensspendendem Sonnenschein. Die Gebäude auf dem Bellwillhügel lachten mit ihren frischen Gesichtern in die Welt hinein, weshalb sich die Kunden, wenn ihre Pferdegespanne bereits beladen waren, gerne noch ein wenig auf dem Hügel umschauten, denn solch eine freundliche Farbgestaltung war unüblich, sogar gewagt, doch sie fand Anklang. Und die Kunden waren nicht die einzigen Schaulustigen, die Neugestaltung der Bellwillgebäude hatte sich herumgesprochen, es trafen jetzt täglich auch Nichtkäufer hier ein, um sich Anregungen für das Renovieren ihrer Grundstücke zu holen, wobei einige auch neugierige Blicke auf das Herrschaftshaus wagten. Schaut nur, schaut euch alles an, freute sich Lucia über dieses Interesse, das verspricht einen guten Verkauf unserer Farben. Und Lucia erfüllte eine weitere Freude, Herr Ernstein will als Kapitalanlage auch ihr Sechsfamilienhaus erwerben.
Gerade hatte es sich Lucia zur Dämmerungsstunde in ihrem Garten gemütlich gemacht, als ihr Vater vom Hügel her die vier Steinstufen herab zu ihr trat und sich erkundigte, ob er sich zu ihr setzen dürfe.
"Aber bitte doch", wies sie auf einen Gartenstuhl, den er sogleich einnahm.
Ohne Umschweife kam er dann auf ihr früheres, jetzt leer stehendes Wohnhaus zu sprechen, das dringend renoviert werden müsste. Lucia schlug ihm vor, es doch an seinen Lieblingsbruder Andreas mit dessen Gattin und seiner bei ihm lebenden Mutter zu vermieten. Diesen Gedanken habe sie schon länger erwogen, sagte sie ihm, da Meister Flausching im Herbst aus dem Werk scheiden werde, und Onkel Andreas, ebenfalls Mechaniker Meister, könnte dann dessen Position übernehmen. Auf ihres Vaters Einwand, Andreas betreibe doch in Latsch eine eigene Werkstatt, riet sie, die solle er endlich seinem verheirateten Sohn überschreiben, da diese Werkstatt ja angeblich keine zwei Familien ernähren könne. Ein vernünftiger Vorschlag, meinte Meister Rodder, und sie malten sich aus, wie schön es wäre, wenn die Drei hier bei ihnen auf dem Hügel wohnten, wobei Lucia vorwiegend an ihre reizende Großmutter dachte.
Dann wollte Meister Rodder wissen, ob er das Haus auf Firmenkosten renovieren und bei dieser Gelegenheit

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