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Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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begriff. Deshalb war es auch im Speiseraum still geworden, denn gerade er und Herr von Lasbeck hatten bei Tisch mit ihren Witzeleien stets alle unterhalten.
Würde es seine Verfassung zulassen, müsste ihn erfreuen, dass der Verkauf nun stetig zunahm. Zwar war das Lager noch immer überfüllt, doch es wurde an den vorderen Rändern zusehends leerer, zumal die Käufer auch ihre Jubiläumsgeschenke erhielten.
"Ab Pfingsten brauchen wir kaum noch verdorbene Produkte auszusortieren", spekulierte Herr Adam, was allerdings zu euphorisch war.
Um ihren Vater etwas aufzurichten war Lucia geneigt, ihm die neuen, hoffnungsvollen Aufträge zu zeigen, Herr von Lasbeck aber riet ihr: "Lasst Euren Herrn Vater besser noch schmoren, damit er vollends zur Besinnung kommt. Den Rest überlasst nach Eurer Abreise getrost mir, Fräulein, ich kann mit ihm umgehen und werde Euch meine Erfolge bei ihm per Post berichten."
"Auch recht", lachte sie und freute sich wie schon so oft, diesen Mann ihren Vertreter nennen zu dürfen.
Lucia war ein Risiko eingegangen. Noch ehe der Verkauf ihres Sechsfamilienhauses beurkundet und ihr der Kaufpreis ausgezahlt worden war, hatte sie einen Meraner Malerbetrieb beauftragt, ihre drei restlichen Mietshäuser zu tünchen. Die Fassadenfarben dafür hatte sie dann umgehend ausgewählt. Statt dem für die Bürger ungewohnten Weiß, erhielten zwei der Gebäude einen silbergrauen und eins einen elfenbeinfarbenen Anstrich, doch die Fensterläden wie auch die Türen aller drei werden in den nächsten Tagen mit der Bellwillfarbe Mahagonirot lackiert. Diese Farbgestaltungen waren geschmackvoll und ordneten sich dem Stadtbild ein. Das regte inzwischen nicht nur einige Meraner zur Renovierung auch ihrer Häuser an, Lucia hatte auch mit Kauf der Fassadenfarben den Umsatz des Werkes ein wenig, schön, nur ein ganz klein wenig, erhöht.
Ebenso unkompliziert wie vor zwei Wochen, verlief schließlich Anfang des Wonnemonds in der Kanzlei Rosenau der Verkauf von Lucias zweitem Haus.
Damit war ihr finanzieller Engpass überwunden. Sie bezahlte sogleich dem Meraner Malerbetrieb den Anstrich ihrer drei Häuser, zählte dann die Summe für ihre diesjährige Studiengebühr sowie für ihre persönlichen Lebenskosten ab, und das restliche Geld brachte sie zur Bank, wo es Herr Ernstein auf ihr privates Konto verbuchte, über das auch Vera zur Verwaltung ihrer Häuser verfügte. Von diesem Geld wird ihr Vera demnächst auch im Herrenhaus nach ihrem Entwurf vor dem hinteren Teil des Korridors eine Wand ziehen und eine Wohnungstür einsetzen lassen.
"Lass dich überraschen, Lucia", sagte ihr Vera, "bei deinem nächsten Besuch wirst du die Tür vor Augen haben, sie wird dir gefallen. - Brichst du wirklich schon morgen auf?"
"Ja, Vera, ich habe schon länger hier zugebracht, als es mir zusteht."
    So sehr sich Lucia auch auf die da Vinci- Bottega freute, diesmal graute ihr vor der Lukasrolle. Ausgelöst durch ihre letzten Malstudien, durch die sich ihr Herz weit und weiter entfaltet hatte, lehnte sie sich nun gegen die Verleugnung ihres wahren Wesens auf. Allerdings blieb ihr keine Wahl, bereits wenn sie morgen Mittag in Bozen eintrifft, muss sie wieder Lukas werden oder sie müsste ihre Ausbildung aufgeben, und das wollte sie noch weniger.

Kapitel 9 • Ab Wonnemond 1492

     
    Felsgrottenmadonna 1. Version
    In der da Vinci-Bottega traf Lucia auf einen Leonardo, der seine Freude über ihre Rückkehr vor niemandem verbergen konnte, sich auch gar nicht darum bemühte.
"Du hast uns sechs Wochen alleine gelassen", warf er ihr vor, worauf Carlo glaubte, sie verteidigen zu müssen:
"Maestro Leonardo, in Lukas' Familie hat es einen Trauerfall gegeben, wie hätte er denn da weg gekonnt."
Dazu äußerte sich Leonardo nicht.
Carlo suchte nun unentwegt Lucias Nähe, denn in knapp zwei Monden wird er die Bottega verlassen, um sein Studium bei Maestro Bramante fortzusetzen. Er benahm sich neuerdings, als gebühre ihm ein Besitzerrecht auf Lucia, das er gegen Leonardo wie auch gegen Gina, die Lucia bei Tisch wieder aufdringlich umschleichte, verteidigen müsse. Das vergällte Lucia ihre Lukasrolle noch mehr.
Herzog Ludovico hatte die Wandmalereien in seinem Palast vorab zurückstellen lassen, sie beeinträchtigten seine Schlossfeste, weshalb Bernardino und Giovanni wieder täglich in der Bottega arbeiteten und die Garzoni deren Arbeitsstätten pflegen mussten. Als Nachfolger von Carlo hatte Leonardo in Lucias Abwesenheit einen neuen Garzone angenommen,

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