Hexenkuss
Hause kommen, um am Ritual teilzunehmen. Jetzt war es neun, er war seinem Plan zwei volle Stunden voraus. Da die beiden nicht wissen sollten, dass sie heute kein einfaches Lammasfest erwartete, und er sie schon gar nicht bei dem Ritual dabeihaben wollte, das er stattdessen durchführen würde, hatte er ihnen verboten, bei den Vorbereitungen zu helfen. Eli war einverstanden gewesen - er hatte kein Problem damit, die magische Arbeit seinem Vater und Bruder zu überlassen, solange er in den Genuss ihrer Früchte in Form von Geld, Frauen und Autos kam. Jeraud jedoch hatte einen richtigen Wutanfall bekommen. Er hatte hitzig widersprochen, Sachen durch die Gegend geworfen, ein finsteres Gesicht gemacht, geflucht und eine Menge sehr leichtsinniger Drohungen ausgestoßen. Michael hatte ihm befohlen, Letztere zurückzunehmen, wenn er nicht die Konsequenzen tragen wollte. Dann hatte Michael seine gesamte Autorität zusammengenommen, ihn fortgeschickt und dem Hausverbot mit der Drohung Nachdruck verliehen, dass Jer sonst üblere Schadenszauber erleben würde, als er sich ausmalen konnte. Das hatte Jer nur noch wütender gemacht.
Jer weiß, dass etwas vor sich geht. Ich hätte ihm mehr zutrauen und mir mehr Mühe geben sollen, meine Arbeit vor ihm zu verbergen. Ich habe in letzter Zeit viele Geheimnisse gehabt. Na ja, wenn diese Nacht hinter uns liegt, wird er verstehen, dass ich mich konzentrieren musste. Ich kann keine Ablenkungen gebrauchen. Wäre er doch ein bisschen mehr wie Eli - nur gierig und einfach gestrickt. Kein Wunder, dass Sasha ihn mitnehmen wollte, als sie mich verlassen hat.
Michael öffnete die Augen und lächelte grimmig auf die Blutstropfen hinab, die auf seine Handflächen traten.
Ich will nicht meine gesamte Macht mit meinen ehrgeizigen Jungen teilen. Eli würde mich ohne zu zögern umbringen, wenn er glaubte, er könnte damit durchkommen. Tja, dieser alte Mann hat noch ein paar Jahre vor sich. Jahrhunderte, hoffe ich. Also seid schön vorsichtig, Jungs. Ein falscher Schritt in meine Richtung, und ich werde euch vernichten.
»Seht Ihr das, Duc Laurent?«, fragte er laut. »Ihr werdet endlich bekommen, was Ihr immer wolltet. Heute Nacht werde ich die Hexe verbrennen. Das heißt vergeben und vergessen, einverstanden? Heute ist die Nacht des Schwarzen Feuers, und ich werde Eure Hilfe brauchen. Eure
Macht.«
Er bekam keine Antwort. Der Geist von Laurent Deveraux, dem adligen, kriegerischen Ahnherrn der Familie, der vor fast siebenhundert Jahren gestorben war, hatte fast sechs Monde lang nicht mehr mit Michael kommuniziert. Michael wusste, dass der alte Herzog furchtbar wütend auf ihn war, weil er die Hexe »mit Herz und Seele« an sich gebunden hatte - mit anderen Worten, weil er eine Affäre mit Marie-Claire Cathers-Anderson begonnen hatte. Während des uralten Fruchtbarkeitsfestes Imbolc hatte Michael sie sich hörig gemacht - der Fürst und seine geliebte Fürstin, ganz wie in den alten Tagen, da sich Hexe und Hexer verbunden hatten. Er hatte gehofft, sich die Kraft nutzbar zu machen, die der Legende nach explodierte, wenn Cahors und Deveraux sich vereinigten.
Die Idee war gut, sagte er sich. Und es hat Spaß gemacht, auch wenn die Vereinigung mir nicht das magische Upgrade gebracht hat, das ich mir erhofft hatte. Der Teil der Geschichte muss also tatsächlich reine Legende gewesen sein, wie Laurent so hartnäckig behauptet hat.
Er zuckte mit den Schultern und fragte sich, ob der Herzog ihm jetzt zusah. Michael hatte auf die harte Tour gelernt, dass sein geisterhafter Ahnherr seine eigenen Bespitzelungsmethoden hatte. Ein Jammer, dass sie sterben muss, aber wenigstens wird Laurent sich darüber freuen. Er war übellaunig, seit ich etwas mit ihr angefangen habe.
Drei Meter entfernt, auf einem roten Samtsofa mit Klauenfüßen, lag die bewusstlose Marie-Claire. Sie ruhte auf dem Rücken, einen Arm über dem Kopf, und ihr Profil zeichnete sich vor dem roten Samt ab. Sie trug einen Morgenmantel aus schwarzem Satin und blutrote Rubinohrringe. Ihr Zehennagellack hatte die gleiche Farbe, doch das Rot ihrer Lippen kam vom Küssen, nicht vom Lippenstift. Mit zweiundvierzig war sie immer noch unglaublich schön mit ihren schweren Wimpern und vollen, fein geschwungenen Lippen. Wie wird es sein, wenn ihre Haut Blasen wirft und aufspringt, ihre Lippen zerfallen und ihre Augen verdampfen?
Marie-Claire in seinen Bann zu ziehen, war ein Leichtes gewesen, und er bildete sich gern ein, dass er seine Magie dazu
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