Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexenlicht

Hexenlicht

Titel: Hexenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
Vom Netzwerk:
hier unterschreiben.«
    »Noch mehr Papierkram?«, fragte sie im Tonfall einer Sterbenden. Die Polizei hatte ihr bereits Tausende Fragen gestellt. Offenbar weckte es die Behördenneugier, wenn man in einem Haus voller lebloser Körper entdeckt wurde.
    »Ja, Ma’am.« Er bedachte sie mit einem reumütigen Grinsen. Detective Macmillan sah gut aus, hatte welliges dunkles Haar und einen leichten Bartschatten, der wohl eher seinem überlangen Arbeitstag geschuldet sein dürfte als dem Bemühen um einen Bad-Boy-Look. »Die Wege des Gesetzes führen über Dreifachdurchschläge.«
    Vorsichtig nahm sie das Klemmbrett. Das Formular durchzulesen war zwecklos, denn dank der Pillen und ihrer Erschöpfung vollführten die Buchstaben auf dem Blatt ohnehin einen Can-Can.
    Dann kam die Feuerwehr mit schnaufendem Motorenlärm. Langsam und sehr geübt manövrierten die langen Wagen sich durch die enge zugeparkte Straße. Die Schaulustigen mussten ihnen aus dem Weg springen.
    »Wo kommen die vielen Leute her?«, fragte Holly sich laut.
    »Mord bringt immer sein eigenes Publikum mit. Und übernatürlicher Mord steht ganz oben auf der Hitliste.« Macmillan zuckte mit den Schultern. »Wenn Sie das Formular unterschreiben, kriegen Sie noch einen Kaffee. Sie sehen, was Verhaltenskorrektur betrifft, wenden wir nur die nettesten Methoden an.«
    Sein Mikrogrinsen dauerte keine Sekunde, was es erstaunlicherweise umso charmanter machte. Unweigerlich registrierte Holly, dass dieser Mann sich anzuziehen verstand, auch wenn sein Anzug nach dem langen harten Tag etwas zerknautscht war.
    Sie seufzte das Klemmbrett an. »Was unterschreibe ich hier?«
    »Den Abbrennbefehl für das Haus. Wie man mir sagte, waren Sie die offizielle Ermittlerin vor Ort. Denkmalschutz hin oder her: Nach so vielen Toten können wir es nicht stehen lassen.«
    Holly nickte. Das Gesetz zum Schutz physischer Wesen sah vor, dass nur solche Wesen, die der anerkannten Definition von physischem Leben entsprachen, ein Anrecht auf einen Prozess hatten. Fühlende Häuser wie auch Geister, Gespenster und manche Dämonenformen gehörten nicht dazu und konnten ohne Gerichtsbeschluss zerstört werden. Es brauchte lediglich ihre Unterschrift, und das große böse Haus ging in Flammen auf.
    Nach diesem lustigen Spieleabend unterschrieb Holly sehr erfreut. Sie kritzelte etwas, das entfernt ihrem Namen ähnelte, in das vorgesehene Feld und reichte Macmillan das Klemmbrett, wobei sie ihn mit einem Lächeln ihrerseits belohnte.
    Mit einem Anflug von Erleichterung wurde ihr klar, dass ihr Job im Flanders-Haus nun endgültig erledigt war.
Brenn, Baby, brenn!
     
    Alessandro schritt allein durch das Haus. Die Sanitäter waren gekommen, hatten die noch Lebenden nach draußen gebracht und nur die Toten und ihn, den Untoten, zurückgelassen. Folglich war es hier drinnen wohltuend ruhig – im Gegensatz zu dem zunehmenden Chaos vor dem Haus.
    Er hatte darauf bestanden, dass die Rettungskräfte sich als Erstes Hollys annahmen. Als er sie vom Schlafzimmerboden aufgehoben hatte, war sie ohnmächtig geworden. In dem kurzen Moment der Panik hatte Alessandros Herz zum ersten Mal seit einem Jahrhundert wieder zu schlagen begonnen.
    Es war die Vampir-Variante einer Herzattacke bei Sterblichen. Einzig sehr starke Emotionen konnten ein untotes Herz wiederbeleben. In diesem Fall war es Angst um die Frau in seinen Armen gewesen.
    Etwas stimmte nicht mit Holly. Nach außergewöhnlicher Anstrengung – sei es ein Marathonlauf oder das Wirken eines Zaubers – war Erschöpfung normal. Die matten Schmerzensschreie hingegen waren es nicht. Es hatte einen Fehler in Hollys Energie gegeben, eine bedeutsame Schwäche.
    Sie hatte Alessandro nie davon erzählt. Wie viele andere war sie freundlich zu ihm, was ihn jedoch nicht zu ihrem Freund machte – nicht richtig.
    Du wärst ein Narr, mehr zu erwarten.
    Dennoch nagte etwas in seiner Brust, ein dumpfer, einsamer Schmerz. Alessandro neigte nicht zu finsteren Grübeleien über seine verlorene Menschlichkeit: Nach sechshundert Jahren hatte man sich entweder gepfählt oder damit abgefunden. Nichtsdestoweniger brachte das Dasein als Untoter gewisse Nachteile mit sich.
    Beispielsweise machte es ihn zum Mörder, und das wiederum führte zu sozialen Enttäuschungen.
    Zum Glück hatten die Sanitäter versichert, dass Holly sich wieder erholen würde. Und zum Glück bot das Haus, eines der übelsten, die er je gesehen hatte, eine gute Ablenkung von seinen unangenehmen

Weitere Kostenlose Bücher