HexenLust 1
stürzte in die hinterste Ecke der Wohnung. Aus seinem eben noch vor Anstrengung brennenden Gesicht war die Farbe gewichen, als er sich an die Brust fasste und nach Luft japste.
»Der Zirkel, oh Gott, ich dachte, oh Gott ...«
Mit gekreuzten Armen ging ich auf ihn zu. Sein fettes Gesicht glänzte und aus jeder Pore schien er zu schwitzen.
»Wen hast du denn erwartet?«
Augenblicklich lachte er mir mit einem breiten Grinsen entgegen, als er sich mehrmals die Handflächen am gelben Countryhemd abrieb.
»Ich? Niemanden! Wieso?«
Mein Blick fuhr über die Kleidungsstücke am Boden.
»Du willst verreisen?«
»Urlaub«, sagte er langgezogen und mit zittriger Stimme. »Hin und wieder muss man sich das mal gönnen, findest du nicht, Isabelle?«
Ich nickte beiläufig. Wir wussten beide, dass dies nur ein Spiel war und er die ersten Bälle geschlagen hatte, jetzt kam es auf meine Konter an.
»Ich dachte, die Geschäfte laufen gut, warum haust du denn ab?«
Seine Finger griffen tippelnd ineinander.
»Ach, weißt du, jeder braucht mal ’ne Pause.«
Ich schwieg und griff nach dem einzigen Käfig, in dem sich noch etwas bewegte und ein besonders junges Kaninchen sich ängstlich in eine Ecke gekauert hatte. Die Nase dieses Geschöpfes wippte so schnell auf und ab, dass ich nur ahnen konnte, was es gerade durchmachte, denn mir war sein Schicksal durchaus bewusst. Creepy gehörte zu einer besonders widerwärtigen Art von Schlangendämonen, die es auf groteske Art und Weise zu etwas gebracht hatten. Eigentlich harmlos, doch diese Art konnte sich in eine riesige Wasserschlange verwandeln. Kiloweise Drogen konnten im Schlund dieses Tieres unbemerkt ins Land gebracht werden. Deswegen war die Wahl seiner Wohnung, direkt am Hudson River, bestimmt kein Zufall. Der Zirkel ließ ihn gewähren. Was sind schon ein paar Drogen im Vergleich zu den Informationen, die er lieferte. Mit seiner Hilfe hatten wir ein paar Halbwesen des unteren Bodensatzes töten können. Mörder und Vergewaltiger, der letzte Abschaum der Dämonenwelt. Dafür durfte er mehr oder weniger unbehelligt seine Geschäfte führen. Manchmal musste man eben das kleinere Übel wählen.
Mit meinen langen Fingernägeln öffnete ich schnell den Käfig und nahm das kleine Fellknäuel auf den Arm.
»Und was ist mit dem Süßen hier, möchtest du es etwa auch zurücklassen?«
Sein Blick schoss auf das weiße Kaninchen, dass ich schützend im Arm hielt.
»Ich hole mir auf der Fahrt etwas zu essen«, entgegnete er so schnell wie möglich. »Laufen ja viele von den Dingern rum in diesem Sommer.«
Hitzig sah ich ihn an und legte so viel Abscheu in meinen Blick, wie es mir möglich war. »Du bist ekelhaft.«
Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. »Jeder tut, was er kann, Babe.«
Babe? Wollte er mich verarschen?
»Pass auf, was du sagst, Schlange. Für dich immer noch Isabelle. Sag mir lieber, was du über Nikolai weißt.«
Creepy schüttelte heftig mit dem Kopf, als wolle er den Gedanken an ihn so schnell wie möglich loswerden, als wäre er eine Krankheit, vor der man sich schützen müsste. Dazu kicherte er mit seiner hohen, durchdringenden Stimme und hielt sich eine Hand vor dem Mund.
»Nikolai, der Herrscher? Bist du nicht etwas zu alt für solche Märchen? Ein Sohn des Teufels? Ich bitte dich, Isabelle.«
Behutsam legte ich das kleine Kaninchen zurück in seinen Käfig und schloss die Tür.
Creepys Blick blieb an dem Tier haften und neigte sich zu Boden, während er seine Lippen mit der spitzen, gespaltenen Schlangenzunge benetzte und ein zischendes Geräusch ausstieß.
»Alles Märchen, damit böse, kleine Hexen zu Hause bleiben und sich nicht in Dinge einmischen, von denen sie keine Ahnung haben.«
Sofort schoss ich auf den dicklichen Mann los und formte noch in der Luft einen Feuerball, der fackelnd in meiner Hand lag, und den ich gefährlich nahe an sein Gesicht heranführte. Die rote Glut leuchtete seine Augen völlig aus und die vormals weiße Haut schien nun orange zu pulsieren. Mit der einen Hand griff ich grob nach seinem Hemd und zog ihn noch etwas näher an mich heran. Innerhalb von wenigen Herzschlägen schoss Panik in sein Gesicht und glänzte im Schein der Flamme.
»Es tut mir leid, wenn ich den Eindruck erweckt habe, dass mir deine Meinung wichtig ist. Und jetzt will ich etwas über Nikolai wissen!«
Verschreckt zuckte er zusammen und hielt meinem Blick nur unter größter Mühe stand.
»Rede mit mir, Creepy!«, fauchte ich
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