HexenLust 1
bei so einfachem Zaubern gar nicht mehr zu bewegen. Als die Ampel auf Gelb umsprang, ließ ich den Demolationszauber los. Kein Knall, keine Explosion, nicht einmal ein Geräusch. Doch der wunderschöne rote F430 soff sofort ab und würde auch nie mehr anspringen. Eigentlich eine Schande. Wenn die beiden Halbstarken die Motorhaube öffneten, würden ihre Augen nur einen Haufen unglaublich kostspieligen Schrotts sehen. Da würde Daddy aber sauer sein!
Die Flüche der beiden interessiert wahrnehmend, spitzte ich die Lippen und pfiff ihnen entgegen. Ihre hochroten Köpfe wanderten nur langsam zu mir, doch als ich ihre Aufmerksamkeit hatte, formte ich einen Kussmund, legte meinen Mittelfinger auf meine Lippen und hauchte ihnen einen Kuss entgegen. Dann gab ich Gas ... viel Gas. Ich liebe starke Auftritte!
»So, erledigt. Was weißt du über ihn?«, fragte ich Ira.
»Äh, warte.«
Durch das Lautsprechersystem hörte ich sogar die Anschläge auf ihrer Tastatur. Sie würde nun mit dem hauseigenen System seine Akte raussuchen und ihn mit verschiedenen Suchmaschinen durchleuchten. Gut, dass der Zirkel andere Möglichkeiten hatte. Diese kleine Nummer hatte meinen Hormonhaushalt wieder ins Gleichgewicht gebracht, so konnten Ira und ich unser Gespräch fortsetzen. Während der Wind mir um die Haare wehte, und ich allmählich die Innenstadt in Richtung Queens verließ, genoss ich den facettenreichen Duft der Parklandschaft. Die hohen Bäume reckten sich dem Himmel entgegen und durchschnitten die glitzernden, fast brennenden Strahlen der hellen Sonne im Sekundentakt. Ich genoss diesen Augenblick und konnte spüren, wie der Fahrtwind meinen Zorn wegpfiff.
»Ich muss dich leider enttäuschen«, sagte Ira nach einiger Zeit. Ihre Stimme war dabei dünn und rissig, wie junges Eis, das von den ersten Sonnenstrahlen erwärmt wurde. »Viel kriege ich nicht über den raus.«
Fragend sah ich das Display meines Handys an. »Was heißt, nicht viel?«
»Fünfundzwanzig Jahre alt, wurde von Myrs und de la Crox persönlich in den Zirkel geholt, keine Adresse, keine Telefonnummer, keine Zeugnisse, kein psychologisches Profil. Vormals im Zirkel West tätig. In L.A. Aber auch da keine weiteren Informationen.«
Sie ratterte die Daten runter, genau, wie sie auf ihrem Bildschirm aufflimmerten.
»Ist auf direkten Befehl von da la Crox hierher kommandiert worden. Das war es. Sorry, Isabelle.«
Ich stöhnte nachdenklich. Dass wir uns unsere Mitarbeiter selbst aussuchten, war ein ganz normaler Vorgang. Schließlich waren Hexen auf dieser Welt rar gesät und es waren pro Jahrgang in Amerika nicht einmal einhundert, die von uns ausgewählt wurden. Natürlich gab es weder eine Webseite noch eine Adresse, bei der man sich einfach so bewerben konnte, doch in der Regel wurde der potenzielle Kandidat mehrfach durchleuchtet.
»Ah, warte«, stieß Ira plötzlich hervor, anscheinend glücklich, doch noch etwas gefunden zu haben. »Du wirst es nicht glauben, aber allem Anschein nach ist der kleine Soldat doch kein unbegabter Reaper, der nur mit großen Waffen umgehen kann.«
Ich steuerte meinen Wagen bereits auf die großzügige Einfahrt, während ich wie gebannt ihrer Stimme lauschte.
»Seine magischen Fähigkeiten, sein gesamter Werdegang, einfach alles ist zur absoluten Verschlusssache erklärt worden. Da kommst nicht einmal du dran. Obwohl du mittlerweile Sicherheitsoffizier bist, sonder nur ...«
Ich vollendete den Satz meiner Freundin, während ich bereits meine Handtasche nahm und mit zusammengebissenen Zähnen in den Rückspiegel blickte.
»... die Chefinnen der Zirkel.«
Wie jedes andere Land mit großen Zirkeln, war auch Amerika in vier Divisionen aufgeteilt. Vier Chefinnen in diesem Land hatten also Einsicht in seine Akte. Was konnte so wichtig an ihm sein, dass nur die oberste Führungsriege seine Daten wissen durfte? Dass er kein ganz normaler Reaper war, mit minderen magischen Fähigkeiten, war mir spätestens bewusst, als er in meine Gedanken eingedrungen war. Doch wie gut konnte er wirklich sein?
Als die Wohnungstür sich geräuschlos öffnete und den Blick in mein Appartement freigab, die Kühle mir entgegenströmte und zärtlich über mein Gesicht fuhr, wurde mir schlagartig bewusst, dass ich in wenigen Stunden bereits meine Arbeit in der Nachtschicht wieder aufnehmen musste. Doch ich konnte nicht anders, als an den immer geheimnisvoller werdenden Mann zu denken, dessen dunkle Augen mehr Fragen aufwarfen, als mir lieb war. An diesem
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