HexenLust 1
späten Nachmittag kuschelte ich mich in die herrlich kühlende Seidenbettwäsche und meine Gefühle überschwemmten mich. Hass und Unverständnis vermischten sich wie die Farben auf einem Bild mit Lust und Begierde. Zu unreal schien dieses Gefühl zu sein, zu unwirklich diese Gedanken, die meinen Geist nicht zur Ruhe kommen lassen wollten. Zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich Gedanken nicht lesen, nicht wissen, was dieser Mann fühlte, was er dachte und was er begehrte. Doch was noch schlimmer war: Zum ersten Mal konnte ich etwas, das ich unbedingt wollte, nicht haben – und genau das machte mich wahnsinnig!
Erst die Arbeit ...
In den ersten Augenblicken, in denen man erwacht, ist alles gut. Die Bettwäsche lag wie eine schützende Hülle über meinem entspannten Körper und hatte genau die richtige Temperatur, um mich einfach weiterschlafen zu lassen. Meine Atmung war ruhig und der undurchsichtige Schleier, der mich beim ersten Augenaufschlag umgab, hatte etwas Besinnliches. Und dann erwachte der Geist. Unbarmherzig schlägt der Kopf mit aller Macht zu und verdrängt alles Schöne und Angenehme mit den verschlingenden Überlegungen, welche man im Schlaf vergessen konnte.
Es war bereits kurz vor Dienstbeginn, als ich aus der Dusche stieg. Durch die feuchten Nebelschwaden suchten meine Finger ein Handtuch, das ich mir mit geschickten Griffen um die Haare schlang. Der Spiegel war beschlagen. Meine Zukunft schien wie dieses Spiegelbild. Ich wusste, dass ich es bin, aber mein Antlitz selbst war hinter dieser undurchsichtigen Wand verborgen.
Ich hatte genug. Mit schnellen Zügen wischte ich über den Spiegel, spürte die Feuchtigkeit an meiner Hand und sah mir selbst in die Augen. Im weißen Schein drang das helle Grün, das mich anfunkelte, noch mehr durch. Wie bei einem exotischen Frosch oder den frühen Bildern von Monet stach es mir entgegen.
Wortlos schrie ich mich selbst an, fixierte mich und brachte mich selbst wieder zur Raison.
Reiß dich zusammen, Isabelle. Es gibt Wichtigeres, als diesen Typen.
Mehrmals atmete ich dabei aggressiv, als müsste ich der jungen Frau im Spiegelbild Angst einjagen. Mein Gesicht ging wie von selbst nach vorn, sodass ich die Kühle des Glases ganz nahe spüren konnte.
Scheiß auf ihn! Konzentriere dich auf deine Arbeit. Du bist jetzt Sicherheitsoffizier, hast die Verantwortung für den Zirkel und die jungen Hexen ...
Meine eigene Ansprache wurde von Britney Spears »Circus« unterbrochen, das von meinem Handy im Wohnzimmer ertönte. Nur mit dem Handtuch auf dem Kopf tappte ich durch die Wohnung und nahm das Telefonat entgegen.
Ohne Umschweife oder den Ansatz einer Begrüßung feuerte meine Chefin los. Eigentlich nicht ihre Art, aber es schien jetzt bereits im Zirkel hoch her zu gehen.
»De la Crox am Apparat. Haben Sie noch ihre Kontakte, Miss Ashcroft?« Wenn sie ihre Anrede so wählte, war sie nicht allein.
»Ja, Madame.«
»Befragen Sie sie!«
»Ja, Madame.«
»Und Miss Ashcroft ... Passen Sie auf sich auf!«
»Ja, Madame.«
Keine Zeit für Geplänkel. Ihre Stimme war seltsam angespannt, als ob ihr die absolute Sicherheit fehlen würde, das Problem in dieser Nacht bewältigen zu können. Das Telefonat bestätigte meine Vermutungen und machte mir auf unmissverständliche Weise klar, dass dieser Nikolai doch kein Wald- und Wiesendämon war und dem Zirkel mehr Ärger bereiten konnte, als de la Crox zugeben wollte.
Schnell warf ich mich in die Uniform und legte ein dezentes Make-up auf. Ich entschloss mich dazu, meine Haare erst zu föhnen, dann in einen lockeren Zopf zu binden. Bevor ich die Wohnung verließ, noch etwas Parfüm – ein wenig hinter die Ohren und auf den Venushügel. Schließlich war es sozusagen eine Dienstanweisung, Informationen zu besorgen.
Die Nacht hatte den Tag beinahe abgelöst. Golden und wunderschön war ihr orangefarbener Kampf, den die Menschen Dämmerung nannten, entbrannt. Wobei der Sieger, wie an jedem Abend, der Gleiche war. Auch die Hitze war einer wohligen Wärme mit einem leichten Wind gewichen, der eine angenehme Brise in die Stadt hereintrug.
***
Als mein Wagen aufheulte und ich mir den Weg in die City bahnte, ging ich im Kopf die weitere Vorgehensweise des Abends durch. Die Ankunft eines so mächtigen Dämons wie Nikolai dürfte hohe Wellen geschlagen haben. Die Frage war nur, wer war mutig oder dumm genug, mir irgendetwas zu erzählen, was der Zirkel mit seinen unzähligen Quellen und Spionen noch nicht wusste. In jeder
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