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Hexenmacht

Hexenmacht

Titel: Hexenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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ich noch.
    Wie weit war es schon fortgeschritten?
    Ich hatte das Gefühl ins Nichts zu fallen.
    Wie eine Seele, die sich völlig frei durch den Kosmos bewegt!
    Eine Art Schlaf schien mein Bewusstsein zu befallen. Und ich konnte mich nicht dagegen wehren. Ich fühlte mich so unendlich leicht und gleichzeitig auch schwer rund träge.
    Werde ich wieder aufwachen?, fragte ich mich.
    Ich wusste nicht, ob ich mir das wirklich wünschen sollte. Denn in einem hatte Lady Jennifer Blanchard zweifellos recht: Die Gefangenschaft einer Seele in einem toten Stück Materie mute etwas Furchtbares sein!
    Furchtbarer als der Tod selbst.
    Es gab kein Vergessen.
    Nur die endlose Zeit, das endlose Warten...
    Aber auf was?
    Ich spürte einen Hauch jener Verzweiflung, die Lady Jennifer Blanchard empfunden haben musste. Eine Verzweiflung, die dann in grenzenlosen Hass umgeschlagen war.
     
    *
     
    Als mein Bewusstsein wieder aus der Finsternis emporkroch, erwartete ich, mich in einem starren Wachskörper zu befinden. Das einzige, was mich tröstete, war der Gedanke, dass ich in diesem Gefängnis vielleicht nicht allein sein würde.
    "Steve...?"
    "Ich bin bei dir."
    "Oh, Steve"
    Ich schlug die Augen auf. Es war hell. Licht brannte, und es fiel mir sofort auf, dass es elektrisches Licht war.
    Und dann blickte ich in Steves graue Augen.
    Er strich mir zärtlich über die Wange. "Ich bin froh, dass du wieder da bist, Patricia. Ich habe mir solche verdammten Sorgen gemacht. Schließlich wusste niemand von uns, wie weit dieses teuflische Ritual bereits fortgeschritten war."
    Erst jetzt begriff ich, dass ich mich nicht mehr in jenem düsteren Kellergewölbe befand, in dem sich all das Schreckliche abgespielt hatte.
    Ich lag auf einem Futon.
    Steve hatte sich neben mich gesetzt und hielt meine Hand.
    "Komm", sagte er und half mir auf.
    "Wie viel Zeit ist vergangen?", fragte ich.
    "Nicht viel. Du warst eine Viertelstunde ohne Bewusstsein, ich ungefähr fünf Minuten, so behauptete John Wu."
Ich blickte mich um. Zweifellos befanden wir uns in der Villa der Wus.
    Eine Tür wurde geöffnet, und Vater und Sohn kamen herein.
    "Wie geht es ihrer Kollegin, Mr. Davis?", fragte John Wu.
    "Wie es scheint, den Umständen entsprechend gut", erklärte Steve.
    Ich stand auf.
    Ein leichtes Schwindelgefühl plagte mich noch. Sonst fühlte ich mich wohl, Ich schaute George Wu an, dessen regloses Gesicht mich musterte.
    Schließlich sagte der Reeder:"Was geschehen ist, tut mir unendlich Leid, Miss Vanhelsing. Ich hatte keinen freien Wille mehr. Die geistige Macht dieser Frau hat mich völlig beherrscht und ich zu Dingen gezwungen, die ich sonst niemals tun würde."
    "Ich verstehe. Ich hege keinen Groll gegen Sie, Mr. Wu."
    "Danke, Miss Vanhelsing."
    "Ich frage mich, was wirklich geschehen ist", murmelte ich. "Ich sah, wie diese grünen Bestien angriffen..."
    "Lady Jennifer Blanchard hatte auch diesen Glücksgeistern ihren Willen aufgezwungen", erklärte George Wu. "Eigentlich waren sie nicht die Mordbestien, zu denen Lady Jennifer Blanchard sie mit ihrer unheimlichen Kraft gemacht hatte. Als es dann zum Äußersten kam, da rebellierten sie jedoch. Ich vermute, dass sie die Lady endgültig mit ins Totenreich nahmen."
    Ich nickte, hätte fast gelächelt.
    Spekulationen eines Okkultisten.
    Ich hoffte allerdings wirklich, dass er recht hatte und Lady Jennifer Blanchards Seele nun endgültig dort war, wo sie hingehörte: ins Reich der Toten.
    George Wu sah mich sehr ernst an.
    "Werden Sie über diese Sache schreiben, Miss Vanhelsing?"
    Er schien besorgt darüber zu sein, seinen Namen in großen Lettern in einem Blatt wie der >London Express News< zu sehen, anstatt im Wirtschaftsteil einer renommierten Zeitung.
    Ich sah ihn an und schüttelte den Kopf.
    "Mein Chefredakteur würde eine Story, für die es dermaßen wenige konkrete Beweise gibt, gar nicht drucken. Und wer sonst, würde mir das hier auch glauben?"
    "Es freut mich, dass Sie so denken", sagte George Wu.
    Ich fand keineswegs, dass das ein Grund zur Freude war. Schließlich bedeutete es nicht mehr und nicht weniger, dass der Mensch nur das als Wahrheit akzeptierte, was in sein Weltbild hineinpasste.
     
    *
     
    Ich bat George Wu, noch einmal in den Keller zu dürfen. Ich berührte die Wachsfigur und wartete darauf etwas von jener Kraft zu spüren, die Lady Jennifer Blanchard zu eigen gewesen war. Aber da war nichts.
    Und das beruhigte mich ein wenig.
    Steve und ich verlebten noch ein paar schöne Tage in London.

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