Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hexenopfer

Titel: Hexenopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beverly Barton
Vom Netzwerk:
Sie zog sie an.
    Wo Dallas wohl sein mag? Sie wusste, er hatte sie nicht allein gelassen. Sein Beschützerinstinkt ihr gegenüber war zu stark geworden, um sie unbewacht zu lassen. Als sie die Schlafzimmertür öffnete und in die Diele hinaustrat, hörte sie Stimmen aus der Küche. Weibliche Stimmen. Streitende Stimmen. Oh Gott, das waren Sally und Ludie.
    Genny eilte in die Küche und blieb an der Tür stehen. Keine der beiden alten Damen bemerkte sie.
    »Ich sage, wir wecken sie, wenn sie nicht bis fünf Uhr aufgestanden ist«, bestimmte Sally. »Das Mädel muss essen. Dallas hat gesagt, sie hat ihr Frühstück kaum angerührt. Sie ist schon dünn genug. Ein starker Wind würde sie umpusten.«
    »Lass sie schlafen. Sie wird schon wach, wenn es ihr wieder gut geht. Dallas hat gesagt, das arme kleine Ding war total erschöpft.«
    »Du weißt doch, dass sie immer so ist, wenn sie ihre Hexenkunst ausübt. Melva Mae war genauso.« Sally machte sich daran, den Küchentisch zu decken, ohne auf Ludie zu achten. »Ich wecke sie um fünf, und wir können alle zusammen essen, bevor Dallas wieder in die Stadt fährt.«
    »Gennys Gabe hat nichts mit Hexenkunst zu tun, und das weißt du verdammt genau«, korrigierte Ludie sie. »In dem Kind steckt nur Gutes.«
    »Meinst du, das weiß ich nicht?« Sallys Miene wurde hart, als sie ihre Freundin anfunkelte. »Genny übt weiße Magie aus, genau wie Melva Mae.«
    »Du bist eine verrückte alte Frau«, sagte Ludie leise, aber laut genug, um gehört zu werden.
    »Wen nennst du hier verrückt?«
    »Dich«, erwiderte Ludie. »Melva Mae hatte das Zweite Gesicht, so wie ihre beiden Großmütter. Sie wusste, was passieren würde, bevor es eintrat, und sie hatte Visionen. Sie konnte Sachen finden, die verlorengegangen waren, und sie konnte mit Katzen, Hunden und allen Waldtieren sprechen.«
    »Ja, und sie konnte auch mit Leuten sprechen, ohne ein Wort zu sagen. Sie konnte sich direkt in den Verstand eines Menschen schleichen.« Sally stemmte ihre großen, knochigen Hände in die Hüfte. »Das nenne ich Magie. Und weil Melva Mae ihre Magie niemals gegen jemanden einsetzte, war es weiße Magie.«
    »Das war überhaupt keine Magie. Es war ein Geschenk Gottes. Du weißt genau, dass Melva Mae eine gottesfürchtige Frau war.«
    »Hab ich was anderes gesagt?«
    »Du hast behauptet …«
    Genny räusperte sich. Erschreckt verstummten Sally und Ludie und drehten sich zu Genny um.
    »Wieso bist du schon auf?«, fragte Ludie.
    »Sie ist auf, weil sie genug geruht hat«, sagte Sally. »Siehst du das denn nicht? Und wer ist jetzt die verrückte alte Frau?«
    »Mir geht es viel besser«, teilte Genny ihnen mit. »Ich nehme an, ich habe den ganzen Tag geschlafen, nicht wahr?«
    »Fast«, sagte Sally.
    »Wie lange seid Ihr denn schon hier?«, fragte Genny.
    »Seit zwölf«, erwiderte Sally. »Doc Swain behält die Hunde über Nacht bei sich. Er sagt, die werden in null Komma nichts wieder auf dem Damm sein, sie haben nicht genug von diesem verdammten Gas eingeatmet, um dauerhaft Schaden davonzutragen. Als Jacob bei uns vorbeikam, um nach uns zu sehen, und sagte, er sei auf dem Weg zu dir, bin ich gleich mitgefahren.«
    »Ich bin hergekommen, um nach dir zu sehen, als ich im Fernsehen hörte, dass der Mörder Misty umgebracht hat und du der Polizei geholfen hast«, sagte Ludie. »Ich war schon eine Stunde vor Sally hier.« Ludie warf einen Blick auf den Herd. »Ich habe uns ein richtig gutes Abendessen gekocht. Gebratene Hähnchen, grüne Bohnen, Kartoffelbrei, gefüllte Eier, Maisbrot und einen Kuchen aus Süßkartoffeln als Nachtisch.«
    »Riecht köstlich.« Genny betrachtete den Tisch, der für vier gedeckt war. »Wo ist Dallas?«
    Als Ludie lächelte, wurden ihre Wangen rund und die feinen Falten in ihrem weichen Gesicht tiefer. »Er ist spazieren gegangen. Hat gesagt, er muss den Kopf frei bekommen.«
    »Der Mann ist um dich rumgeschwirrt wie eine Drohne um eine Bienenkönigin«, sagte Sally. »Er war krank vor Sorge um dich, Kleines.«
    »Wisst ihr, welchen Weg er eingeschlagen hat?« Genny war auf dem Weg zur Hintertür.
    »Nur ein Stück die Straße runter.« Sally trat zu Genny und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Lauf nicht hinter ihm her. Der kommt schnell genug wieder.«
    Ludie hob den Deckel des Topfes, in dem die Kartoffeln kochten und ließ ihn mit lautem Krachen wieder fallen. »Ein bisschen frische Luft und Bewegung täten dir vielleicht gut. Drudwyn ist draußen. Nimm ihn mit und

Weitere Kostenlose Bücher