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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
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Quicky«, konstatierte Anna. Ihr fiel ein, wie Till sie selbst nachts überfallen hatte, als sie aufs Klo wollte. Das war genauso gewesen, das kalte Porzellan des Waschtischs hatte gegen ihre Hüften gedrückt, ihre Hilflosigkeit war noch schlimmer gewesen als der Schmerz, fast tat ihr die Frau leid. »Entschuldige«, sagte sie. »Ich verstehe dich.«
    »Ich bringe ihn um.« Verheult! Hysterisch! Trotzdem klang etwas mit, was Anna wachsam machte. »Raus damit«, sagte sie, »das war doch nicht alles.«
    »Er hat gesagt, ich wäre nur eine billige Schlampe mit einem verrückten Kind. Ich bringe ihn um! Dafür bring ich ihn um!«
    »Umbringen lohnt nicht. Dafür wanderst du in den Knast. Unser Plan ist besser. Stell dir vor, er verliert seinen besten Freund …«
    »Abschneiden?«
    »Quatsch!« Anna tippte sich gegen die Stirn. Es war eine kindische Geste, eine erwachsene Frau, die einer anderen einen Vogel zeigte, aber das lag an diesem Geschöpf vor ihr. Sie hatten es hundertmal durchgesprochen, die da begriff es nicht. Ein Wesen ohne Phantasie.
    »Halt dich an unseren Plan«, sagte Anna nur. Jedes weitere Wort wäre zuviel. Das mit der billigen Schlampe und dem verrückten Kind traf ins Schwarze, Anna hätte es unterschrieben, wenn es nicht von Till gekommen wäre. Von ihm war es anmaßend und mies und menschenverachtend.
    Im Hinausgehen stieß Anna gegen die Schranktür. Sie sprang auf, und etwas fiel heraus. Ramona sprang vor und bückte sich danach. Anna hatte es nicht für möglich gehalten, daß diese Frau so fix reagieren konnte. Anna blieb stehen. Das, was Ramona dort hastig vom Boden klaubte, war pinkfarben mit glitzernden Silbersprenkeln, es hatte die Form eines Schlegels. »Du hast etwas vergessen«, sagte Anna und bückte sich auch. Sie hielt Ramona die Tube hin, pink mit schwarzer Schrift. Eine Gleitcreme.
    »Du mußt das verstehen …« Ramona machte keine Anstalten, die Tube zu nehmen. »Nimm schon«, sagte Anna. So schlimm konnte es für die da nicht gewesen sein. Sie war bestens präpariert.
    »Schweinkram«, hatte Till derartige Sex-Hilfsmittel genannt. Einmal hatte Anna ein paar japanische Liebeskugeln angebracht, da war er bald explodiert. Ob er woanders Spaß daran fand, mit solchen Mittelchen zu experimentieren? Oder ob diese Frau es sich damit allein besorgte? Anna hätte nie den Mut gehabt, in einen Sex-Shop zu gehen. Die Liebeskugeln hatte sie von ihrer Schwester geschenkt bekommen. Zuerst hatte sie die Dinger wegwerfen wollen. Später hatte sie sie weggeworfen. Warum eigentlich?
     
    »Was ist mit Ramona los?« wollte Andrea wissen.
    Anna schnürte ihren Rollschuh fertig, sie hatte sich mit Andrea zum Rollschuhlaufen verabredet. Sie mußte etwas tun, sich bewegen, laufen, sonst platzte sie. »So«, sagte Anna und stopfte den überstehenden Schnürsenkel hinter die Lasche des Schuhs. »Was mit Ramona los ist?« fragte Andrea erneut.
    »Die hat endlich begriffen, daß sie sich Tills Liebe in die Haare schmieren kann. Frustbumsen statt Liebeszauber. Die Klasse-Lady f rüstet unseren Märchenprinzen, und er reagiert sich an poor little Ramona ab. So simpel läuft das.«
    »Du bist zynisch.«
    »Ich bin seit zehn Jahren mit Till verheiratet.«
    »Manchmal glaube ich, du bist in Wahrheit ganz anders. Sehr romantisch. Obwohl du schon …« Andrea brach mitten im Satz ab.
    Anna mußte Andrea nicht ansehen, um zu wissen, daß sie rot geworden war. Sie kannte diese sich blitzschnell ausbreitende Röte inzwischen schon. Mit zwanzig wirkte das sogar putzig. »Obwohl ich schon fünfunddreißig bin, das meintest du doch«, sagte Anna.
    »Ich mein’s nicht böse.« Andrea wischte sich über den dünnen Hals, dort staute sich das Rot in kräftigen Flecken.
    »Nein, das tust du wohl nicht.«
    »Manchmal bewundere ich dich sogar.«
    »Vergiß es!«
    »Wirklich. Aber du machst mir auch angst. Du hast was …«
    Du hast was! Ihre Schwester hatte das auch gesagt, manchmal spürte Anna es, aber dann war es wieder verschwunden. Laß es raus! Du mußt es nur rauslassen, hatte Marie gesagt. Es war verdammt schwer, es herauszulassen, ohne bitter dabei zu werden. Wahrscheinlich war sie wirklich eine hoffnungslose Romantikerin, und das Zynische war nur Verpackung.
    »Los!« Anna stand auf und lief los, der Wind und das Rollen machten ihren Kopf leer. Sie hörte erst auf, als Andrea sie schnaufend am Ärmel zog. »Für ’ne Alte hast du verdammt viel Power.«
    »Logo.« Anna schnappte nach Luft. Ihre Haut prickelte.

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