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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
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Verlaß.
    Für diesen Mittwoch hatte Anna sich Absagen eingehandelt. Mittwochs blieb Till zu Hause, den Tag konnte man getrost vom Beschattungsplan streichen, fanden Ramona und Andrea. Anna hatte den Verdacht, daß sie insgeheim auf einen Besuch von Till hofften, weil er doch mittwochs nicht zu seiner Lady ging. Also schob Anna allein Wache.
    Drei Stunden lang hatte Anna sich im Taxi zuerst zu einem Feinkostladen, von dort zu einer Weingroßhandlung, dann weiter zu einem Bungalow in Rodenkirchen – auf dem Klingelschild stand Schmucker, und Anna hatte einen Blick auf eine ältere Dame erwischt – und schließlich zurück zu dem Apartmenthaus chauffieren lassen, immer hinter dem metallicgrauen BMW her. Dann hatte sich bis zwei Uhr nichts getan. Um zwei war die Glastür aufgeschwungen, und eine andere Anette Schmucker war herausgekommen. Es hatte nicht nur an der Kleidung gelegen und daran, wie sie geschminkt gewesen war. Anna hatte es gerochen. Die Fahrt war zum Flughafen gegangen, ganz kurz hatte Anna befürchtet, die Rivalin würde verreisen. Dann machte sie sich klar, daß das ohne Gepäck unwahrscheinlich war, und Anna behielt recht.
    Gerade als Anna herzhaft gähnte, kamen die beiden. Anette Schmucker trat Arm in Arm mit einem dunkelhaarigen Mann aus der Drehtür der Flughafenhalle. Als sie ihm die Autoschlüssel reichte, küßte er sie. Es war alles andere als ein züchtiger Kuß, er paßte zu ihren kessen Bermudas und der knappen Jacke und der Art, wie sie sich bewegte. Sie konnte unmöglich zwischen Vormittag und Nachmittag rundere Hüften und vollere Brüste bekommen haben, aber es sah so aus. Es war unglaublich, wie sie sich verändert hatte. Es dauerte eine Weile, bis Anna sich auf den Mann besann. Sie mußte herausfinden, wer er war. Ganz entfernt glaubte sie ihn zu kennen, doch das mußte Einbildung sein, weil es solche Zufälle im Leben nicht gab.
    Anna folgte den beiden zurück zu dem Apartmenthaus und wartete in der Weinstube schräg gegenüber. Der Besitzer des »Ambrosius« kannte sie schon. »Wie immer?« fragte er, und sie nickte, ohne die Augen von der Nummer zwölf zu lassen, obwohl sie nicht glaubte, daß die beiden die Wohnung so bald verlassen würden. Anna stellte sich vor, was da oben passierte, sie bekam nicht einmal mit, daß der Wirt ein Kännchen Tee und einen überbackenen Toast vor sie hinstellte. »Schmeckt es Ihnen nicht?« Erst da schreckte sie auf; der Käse war erstarrt und faltig geworden, der Tee kalt. »Schon gut«, sagte sie und nahm einen Bissen. Es schmeckte eklig. Sie legte die Papierserviette über die Schnitte und sah weiter aus dem Fenster.
    Es dauerte sechseinhalb Stunden, bis die beiden wieder herauskamen. Anna hatte sich kurz zuvor ein Taxi bestellt, weil sie das Warten schon hatte aufgeben wollen. Jetzt dirigierte sie den Taxifahrer hinter dem BMW her. Die Tour ging zurück zum Flughafen, das Paar verschwand in der Halle. Wahrscheinlich hätte Anna sich ihnen in den Weg stellen können, ein Flugzeug hätte vom Himmel fallen können: Die beiden waren weit weg von allem. Anna starrte hinüber zu dem metallicgrauen BMW. Ihr Taxifahrer hatte sie beobachtet, er schüttelte den Kopf: »Ich hab mein Lebtag noch keinen so saumäßig parken sehen«, sagte er. Der BMW vor ihnen stand quer in der Taxispur, halb auf dem Gehweg. Ein Hupkonzert begann. »Fahren Sie los«, sagte Anna. Sie begriff, daß nichts mehr passieren würde, was sie interessieren konnte. Sie sank in das Polster zurück und sah das Gesicht der Marmorhallen-Lady vor sich, sehr bewegt und lebendig; es war gar nicht leicht, ein Gesicht zu hassen. Diese Anette Schmucker liebte einen Mann. Und dieser Mann war nicht Till, soviel stand fest.
     
    Mitten in der Nacht stand Anna auf, ging zu ihrem Kleiderschrank und zog das »Feinschmecker«-Heft aus dem Stapel T-Shirts. Sie versteckte seit je Sachen, die unentdeckt bleiben sollten, zwischen ihrer Wäsche. Till hatte die Illustrierte für sie auf dem Eßtisch liegengelassen, aber er mochte es sich anders überlegen, und dieser Artikel war ein Dokument. Wieder schlug sich die Seite vierunddreißig wie von selbst auf. Drei Fotos gehörten zu dem Artikel. Auf einer Gesamtansicht der Akteure jener Veranstaltung entdeckte sie neben einer weißgekleideten Gestalt mit hoher Kochmütze das Gesicht, das sie gesucht hatte. Ihr Unterbewußtsein hatte das Bild des dunkelhaarigen Mannes gespeichert, mit dem Tills Marmor-Lady liiert war. Laut Bildunterschrift hieß der Mann

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