Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
sich gerade befand.
»Alles klar bei Ihnen, Frau Bechthold?«, fragte Sabrina.
»Ja, ja, sicher doch«, erwiderte Rolla mit einer fahrigen Geste. »Ich war nur gerade in diese Extremsituation abgetaucht.« Sie schüttelte sich. »Der Stoß kam so überraschend, dass ich in diesem Moment keinen klaren Gedanken fassen konnte.«
Sie räusperte sich und fügte hinzu: »Ich habe wohl instinktiv reagiert. Während ich kopfüber über den Maschendrahtzaun fiel, muss ich in meiner Todesangst reflexartig nach einem Halt gesucht haben.«
Rolla seufzte erleichtert. »Den ich ja zum Glück gefunden habe.« Sie lächelte versonnen. »Ich habe meine Rettung nur dem glücklichen Zufall zu verdanken, dass am unteren Ende dieses Absperrzauns noch Reste des ehemaligen Zauns hingen. Dort habe ich mich festgekrallt, mein Fuß hat einen Widerstand gefunden und so konnte ich dann mühsam zurück auf die Aussichtsplattform klettern.«
»Da hatten Sie ja wirklich unglaubliches Glück im Unglück«, bemerkte der Polizeipräsident.
»Tja, da hatte ich wohl einen Mordsdusel«, stimmte Petra Bechthold zu.
»Dann dürften anscheinend trotz der Walpurgisnacht außer den Hexen noch ein paar Schutzengel um den Jungfernsprung herumgekreist sein«, meinte Dr. Schönthaler.
Petra Bechthold hatte seinen Einwurf nur als peripheres Rauschen wahrgenommen, denn sie war mit allen Sinnen auf ihre Peinigerin fixiert.
»Du Miststück bist ja gleich, nachdem du uns von dem Felsplateau gestoßen hattest, verschwunden«, brüllte sie und schwang ihr zornig eine Faust entgegen. »Das war ein riesengroßer Fehler.« Ein spöttisches Grinsen huschte über ihr Gesicht.
»Du hast es leider versäumt, mit deiner superteuren Premiumtaschenlampe nach unten zu leuchten und dich davon zu überzeugen, dass wir tatsächlich am Fuße des Jungfernsprungs angekommen sind.«
Rolla zündete sich eine neue Zigarette an und inhalierte tief. »Ich habe sogar gehört, wie du mit deiner Protzkarosse weggefahren bist. Du hast es wohl sehr eilig gehabt, vom Ort deines gemeinen Verbrechens wegzukommen.«
Ein diabolisches Lachen. »Und das war dein zweiter großer Fehler, meine liebes Lottchen«, spottete sie. »Du hättest dich sofort vergewissern müssen, ob tatsächlich zwei zerschmetterte Leichname unten auf den Felsen liegen – und nicht nur einer. Du warst dir einfach viel zu sicher, dass dein perfekter Plan keine Schwachstelle hat, stimmt’s?«
Keine Antwort.
Genüsslich trieb Rolla den glühenden Rachedolch noch tiefer in die Seele ihrer ehemaligen Freundin. »Hochmut kommt eben vor dem Fall!«, zischte sie.
»Dieses Zitat passt nun wirklich haargenau«, warf Dr. Schönthaler schmunzelnd ein.
»Du arrogante, hinterfotzige Ziege!«, polterte Petra Bechthold los.
Hasserfüllt schaute sie hinüber zum Kaffeetisch, wo alle gebannt ihrer Aussage lauschten.
»Du hättest doch nicht im Traum daran gedacht, dass ich mal freiwillig mit den Bull…«, die Kronzeugin hüstelte affektiert und korrigierte sich, »mit der Polizei Kontakt aufnehmen würde, oder?«
Agnes Rottmüller-Klomann zeigte noch immer nicht die geringste Reaktion auf die heftigen Anfeindungen und Unterstellungen.
Angespannte Stille breitete sich im Raum aus. Die Luft knisterte förmlich.
Oberstaatsanwalt Willenbacher brach das Schweigen, indem er sich an Tannenberg wandte. »Wie ging die Sache eigentlich genau vonstatten, Herr Hauptkommissar?«, fragte er und schob erläuternd nach: »Ich meine, wie und wann hatten Sie zum ersten Mal Kontakt mit Frau Bechthold?«
»Kurz nach Mitternacht hatten uns die Kollegen darüber verständigt, dass am Fuße des Jungfernsprungs ein weiblicher Leichnam aufgefunden worden sei. Während wir dorthin unterwegs waren, sind zwei Kollegen hoch auf den Felsen geklettert und haben dort Frau Bechthold entdeckt.
Verständlicherweise stand sie unter Schock und war zunächst nicht ansprechbar. Die Sanitäter brachten sie hinunter zum Parkplatz. Inzwischen stabilisierte sie sich so weit, dass wir sie befragen konnten. Frau Bechthold hat uns auf Maren Ruelius’ PKW aufmerksam gemacht.«
Ein kurzer Blick zum Leiter der kriminaltechnischen Abteilung. »Kollege Mertel hat das Fahrzeug geöffnet. In diesem sind wir dann auf die mutmaßliche Tatwaffe, einen Ansitzmantel sowie Männer-Wanderschuhe gestoßen. Stimmt’s, Karl?«
Der Spurenexperte nickte.
Tannenberg grinste und wandte sich wieder dem Oberstaatsanwalt zu. »Als Kollege Mertel mehrere Einlagen und Innenschuhe
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