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Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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das ist ja auch schon bald 20 Jahre her.«
    »Bei mir sind es weit über 40 Jahre«, behauptete Petra Bechthold.
    Willenbacher rutschte ungeduldig auf seinem Stuhl herum. »Aber was hat denn Pippi Langstrumpf mit unserer Mordserie zu tun?«, wollte er wissen.
    »Gemach, gemach, Herr Oberstaatsanwalt«, entgegnete Tannenberg. »Ihr Termin ist doch eh geplatzt, oder?«
    Ein kurzer Blick auf die Armbanduhr und ein leidvolles Stöhnen. »Das stimmt allerdings.«
    »Na, da haben Sie doch jetzt alle Zeit der Welt. Ich verspreche Ihnen, es lohnt sich«, erwiderte der Chef-Ermittler. »Ich denke, wir sollten Frau Bechthold in aller Ruhe erzählen lassen.« Mit einer Geste forderte er die Frau zum Weiterreden auf. »Stichwort: Pippi Langstrumpf.«
    Petra Bechthold trank noch einen Schluck Kaffee, bevor sie der Aufforderung nachkam. »Wir wurden damals am Burggymnasium zusammen in dieselbe Sexta gesteckt und haben uns schnell angefreundet.«
    Ein angewiderter Blick und ein Fingerzeig hinüber zur Staatsanwältin. »Bei der da waren wir damals oft zu Hause. Ihre Mutter hat uns alle Pippi-Langstrumpf-Bücher vorgelesen. Sie hat sie uns regelrecht aufgedrängt.«
    Ein kurzes Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Wobei ich zugeben muss, dass wir ziemlich schnell von diesem fetzigen Mädchen fasziniert waren. Und irgendwann haben wir dann den Geheimbund der unheimlichen Schwestern gegründet.«
    Petra Bechthold zog geräuschvoll die Nase hoch, woraufhin ihr eine der Polizeibeamtinnen ein Papiertaschentuch reichte. Sie nahm es entgegen und schnäuzte sich trompetenartig die Nase. »Wir haben uns Decknamen verpasst, die wir von dem vollständigen Namen Pippis abgeleitet haben«, erzählte sie. »Aus Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf wurden Vicki, Lotte und Rolla.«
    »Ah, verstehe«, sagte Willenbacher. »Und mit diesen Namen haben Sie sich ihr Leben lang angesprochen, bis heute?«
    »Nein, natürlich nicht in der Öffentlichkeit, sonst hätte doch jeder unsere Decknamen entschlüsseln können«, entgegnete die Angesprochene kopfschüttelnd.
    Der Oberstaatsanwalt nickte verlegen.
    »Das war immer nur ein Spiel.« Petra Bechthold schluckte hart. »Dachte ich jedenfalls. Ich blöde, naive Kuh! Doch inzwischen habe selbst ich dumme Nuss kapiert, wieso die da so extrem viel Wert darauf gelegt hat, dass wir nur mit diesen albernen Namen miteinander kommunizieren.«
    Sie grunzte höhnisch. »Auf diese Weise konnte sie sich sicher sein.« Es entstand eine Pause.
    »Inwiefern?«, hakte der Polizeipräsident nach.
    »Na ja, wenn zufällig irgendjemand etwas von unseren Aktivitäten mitbekommen hätte, wäre dieser Jemand nicht in der Lage gewesen, unsere Decknamen einer konkreten Person zuzuordnen.«
    »Geniale Idee«, kommentierte Dr. Schönthaler. Er schmierte sich seine Lippen mit einem Fettstift ein und brummte nachdenklich. »Also jede E-Mail, jedes Telefonat, jede SMS immer mit dieser Codierung?«
    »Ja«, seufzte die Frau mit dem Spitznamen ›Rolla‹.
    »Die unheimlichen Schwestern, ein Sextanerinnen-Spaß, aus dem viele Jahrzehnte später blutiger Ernst wurde«, murmelte der Rechtsmediziner. »Nomen est omen.«
    Petra Bechthold wedelte mit dem Finger. »Nein, nein, das stimmt so nicht. Dieser Schwachsinn fing damals bereits mit einem blutigen Ritual an. Wir haben uns nämlich von den Jungs diesen Blutsbrüderschaftsquatsch abgeguckt.«
    Tannenberg warf seinem Freund einen schnellen Blick zu, den der Rechtsmediziner lächelnd erwiderte, schließlich waren die beiden ebenfalls Blutsbrüder.
    »Wir haben uns gesagt: Schwestern, das können wir auch«, fuhr Petra Bechthold unterdessen fort. »Also haben wir uns die Haut aufgeritzt und die blutenden Wunden aufeinandergedrückt. Motto: Indianerinnen kennen keinen Schmerz.«
    »Wenn Astrid Lindgren geahnt hätte, wozu Sextanerinnen des Burggymnasiums ihre Pippi Langstrumpf missbrauchen, hätte sie diese Bücher vielleicht niemals geschrieben«, konnte sich Dr. Schönthaler nicht verkneifen.
    »Was sehr schade gewesen wäre«, meinte die verletzte Frau. »Schließlich hat Astrid Lindgren ein Mädchen erschaffen, das sich zum ersten Mal in der Literaturgeschichte nicht im gebügelten Kleidchen an den Tisch gesetzt, brav mit der Mama Handarbeiten gemacht oder mit Püppchen spielt hat.«
    Rolla wedelte mit dem Finger. »Nein, nein. Pippi durfte endlich das tun, was man bis dahin nur Jungs zugebilligt hat: wild, ungebändigt, aufmüpfig, aggressiv,

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