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Hexenzorn

Titel: Hexenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. A. Pratt
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1
    Marla Mason kauerte in der Gasse neben der Buchhandlung ›City Lights‹ und warf ihre Runen. Auf dem violetten Stück Samt, das sie vor sich ausgebreitet hatte, lagen mehrere Gegenstände verstreut: eine Knoblauchzehe, eine verschrumpelte Zigarettenkippe, eins von diesen neuen 25-Cent-Stücken, die auf jeder Seite einen Kopf haben, ein paar abgeschnittene Fingernägel und ein Krötenstein. Sie betrachtete das Muster eine Zeit lang eingehend, dann seufzte sie. »Das ist nicht gut. In dieser Gasse geht es auch nicht besser als an den beiden anderen Orten, an denen ich es probiert habe. Ich habe keine Ahnung, wo sich in dieser Stadt die Kraftlinien befinden, und ich kann das Muster kein bisschen interpretieren. Ich dachte, ich könnte es vielleicht in Dreiecke einteilen, aber dann ist es immer noch zu ungenau. Da drüben ist jemand, der große Kräfte zu besitzen scheint« - sie deutete vage nach Osten -, »aber ich weiß nicht, ob es der ist, den wir suchen. Ich werde es nass
machen müssen.« Die Luft roch leicht nach Urin und Kaffee, aber nicht einmal diese vertrauten Stadtgerüche konnten Marla beruhigen.
    Rondeau, Marlas Begleiter, stand neben ihr und schlürfte Reisnudeln aus einer Pappschüssel. »Ich würde sagen, Eingeweide lügen nie«, meinte er, stocherte mit seinen Essstäbchen in den Nudeln herum und fischte ein Stückchen Hühnerfleisch heraus. »Was willst du ausnehmen?«
    Marla wickelte die Runen in das Samttuch und stopfte sie in ihren Lederrucksack. Sie streckte die Arme nach oben, bis ihre Schultern knackten, dann seufzte sie. Sie hatte ihren Morgensport sausen lassen und dann mehrere Stunden zusammengekauert auf einem Inlandsflug in der Touristenklasse verbracht, und gegen beides begann ihr Körper nun zu protestieren. »Wenn ich nicht so hohe moralische Ansprüche hätte, würde ich einen Menschen nehmen. Das ist einfach genauer. Andererseits … das hier ist nicht meine Stadt, also muss ich die Leute hier auch nicht beschützen.« Das war natürlich nur ein Witz. Wenn man wegen irgendwelcher magischer Geschäfte jemanden umbrachte, lud man sich eine nicht unbeträchtliche Karmaschuld auf die Schultern. Außerdem war es eine ziemliche Verschwendung, es gab bessere Verwendungen für Menschen. »Ich weiß nicht, vielleicht eine Katze. Oder ein Huhn. Nichts zu hoch Entwickeltes. Ich bezweifle, dass Lao Tsung sich vor mir verstecken will.«
    »Warum müssen wir überhaupt nach ihm suchen? Warum hast du ihm nicht einfach gesagt, dass wir kommen?« Rondeau spielte mit den Fingern an seinem linken Ohr. »Schon mal was von einem Telefon gehört?«
    Marla schnaubte. »Er gehört nicht zu den Leuten, die
so etwas wie ein Telefon haben. Man kann ihm zwar eine Nachricht zukommen lassen, aber das dauert ein paar Tage, und dafür war nicht genug Zeit. Ich hab’s eilig.«
    »Das dachte ich mir«, sagte Rondeau und wischte sich die Lippen mit einem Knäuel Papierservietten ab. »Und zwar ungefähr ab dem Zeitpunkt, wo du in meine Wohnung gestürmt bist, mir befohlen hast, meine Tasche zu packen, mich zum Flughafen geschleift und in ein Flugzeug gestopft hast. Und ich durfte nicht mal am Fenster sitzen!« Er klang untröstlich. »Da sitz’ ich zum ersten Mal in meinem Leben in einem Flugzeug, und du quetschst mich direkt neben so’nen fetten Typen mit Schweißflecken unter den Achseln. Er hat gestunken.«
    »Ach, das hast du auch noch bemerkt? Nun, ich glaube, es ist diese hervorragende Beobachtungsgabe, die ich am meisten an dir schätze.«
    »Weißt du, ich hatte gehofft, du würdest freiwillig damit herausrücken, aber da du das nicht tust: Was machen wir eigentlich in San Francisco? Was ist so wichtig, dass wir diesen Lao Tsung gerade jetzt treffen müssen? Und warum musste ich mitkommen?«
    Marla dachte nach. Sie und Rondeau hatten einander weit öfter das Leben gerettet, als sie sich gegenseitig in Lebensgefahr gebracht hatten. Die Kunst, Geheimnisse bewahren zu können, war eine nützliche Angewohnheit und tief in ihrer Persönlichkeit verankert. Aber von Zeit zu Zeit war es gut, sich daran zu erinnern, dass sie ein paar Verbündete hatte, auf die sie sich verlassen konnte. »Es geht um Susan Wellstone«, sagte sie und merkte, wie sie fast abergläubisch nach den unter ihren Ärmeln versteckten Dolchen tastete.
    Rondeaus Augen weiteten sich. »Wirklich? Die? Von
allen, die so in Felport unterwegs sind, hätte ich ihr am wenigsten zugetraut, dass sie auf dich losgeht. Gregor vielleicht oder Viscarro

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