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Hexer-Edition 02: Als der Meister starb

Hexer-Edition 02: Als der Meister starb

Titel: Hexer-Edition 02: Als der Meister starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einem fremden, ungeheuer starken Willen, federte zur Seite und schlug ungeschickt auf den glitschigen Decksplanken auf. Ein Schrei gellte über das Schiff, und irgend etwas Dunkles, Feuchtes und ungeheuer Starkes krallte sich in meinen Rücken, riss mich in die Höhe und versuchte mich gegen den Mast zu schleudern.
    Diesmal reagierte ich instinktiv. Statt mich gegen die Kraft zu stemmen, wie es der Angreifer erwartet haben musste, machte ich im Gegenteil einen blitzschnellen Schritt nach vorne, griff mit beiden Händen über meine Schultern zurück und bekam eine haarige Hand zu fassen. Ich vollführte eine halbe Drehung, knickte in der Hüfte ein und legte alle Kraft in die Bewegung nach vorne. Meine Füße verloren auf dem glitschigen Deck den Halt; ich fiel. Aber der Kerl, der mich gepackt hatte, wurde in hohem Bogen über meinen gekrümmten Rücken hinweggeschleudert, segelte drei, vier Meter durch die Luft und schlitterte mit haltlos rudernden Armen gegen die Reling.
    Sie zerbrach unter seinem Aufprall. Der Mann rutschte mit fast unvermindertem Tempo über das Deck hinaus, drehte sich im letzten Moment und bekam ein Stück der zerborstenen Reling zu fassen. Mit einem Ruck, der ihm fast die Arme aus den Gelenken reißen musste, fing er seinen Sturz ab.
    Und plötzlich hatte ich das Gefühl, von einem eiskalten Hauch gestreift zu werden.
    Ein Gesicht erschien über dem Deck, bleich, ein Teil eines zertrümmerten Schädels, die Augen weit geöffnet und erstarrt. Es war das Gesicht eines Toten. Mannings Gesicht.
    Das Gesicht eines Mannes, der vor meinen Augen zu Tode gestürzt war …
    Robert! LAUF!!!
    Andaras Warnung kam zu spät. Ich prallte zurück, fuhr mit einer verzweifelten Bewegung herum – und erstarrte.
    Mannings war nicht der einzige Tote, der noch einmal zu grauenhaftem Leben auferstanden war! Vor mir, nicht einmal zwei Schritte entfernt, stand Barton, sein Mörder. Sein Körper war zusammengestaucht von dem Sturz und auf groteske Weise verdreht, als wäre jeder einzelne Knochen in seinem Leib gebrochen und auf falsche Weise wieder zusammengewachsen, und genau zwischen seinen Augen war ein kleines rundes Loch, wo ihn Bannermanns Kugel getroffen hatte. Seine gebrochenen Totenaugen starrten mich an, und seine Hände hoben sich in einer zitternden, mühsamen Bewegung und tasteten in meine Richtung.
    Ein Schuss krachte. Dicht neben Barton spritzten Holzsplitter aus dem Deck, und ich hörte Andaras Stimme schreien: »Hört auf zu schießen! Ihr könnt Robert treffen!«
    Die Worte rissen mich endgültig aus meiner Erstarrung. Hastig wich ich zwei, drei Schritte zurück, presste mich gegen den Mast und blickte mich gehetzt um. Barton und Mannings schienen die einzigen Toten zu sein, die noch einmal aus dem Schattenreich zurückgekehrt waren, aber beinahe im gleichen Augenblick, in dem ich den Gedanken dachte, sah ich die Bewegung unter den weißen Leichentüchern …
    Und im gleichen Augenblick erbebte die LADY OF THE MIST unter einem gewaltigen Schlag!
    Die Erschütterung riss jeden an Deck von den Füßen. Ich fiel, rollte mich instinktiv zusammen und kugelte unter Bartons zugreifenden Händen hindurch. Die Matrosen begannen zu schreien, und ein ungeheures, knirschendes Mahlen lief durch den Rumpf. Ich spürte, wie tief unter uns die Planken zerbrachen und Wasser gurgelnd in den Bauch des Schiffes strömte. Ein weiterer Schlag traf das Schiff, nicht ganz so heftig wie der erste, aber noch immer stark genug, mich erneut von den Füßen zu reißen.
    Als ich mich zum zweiten Male hochstemmte, blickte ich direkt in Mannings schreckliches Gesicht.
    Der Tote war, beseelt von einer Kraft, die nicht mehr die eines Menschen war, wieder an Deck gekrochen und auf mich zugetaumelt. Ich schrie auf, warf den Kopf zurück und versuchte rücklings vor der furchtbaren Erscheinung davonzukriechen, aber Mannings war schneller. Seine Hand schoss vor, packte mich bei den Rockaufschlägen und zerrte mich mit übermenschlicher Gewalt zurück. Ich schrie erneut, trat in blinder Angst um mich und hämmerte ihm die Fäuste ins Gesicht.
    Es war ein Gefühl, als würde ich in einen warmen Schwamm schlagen. Mannings schien den Hieb nicht einmal zu spüren, aber meine Gegenwehr steigerte seine Wut noch. Seine linke, unverletzte Hand legte sich auf mein Gesicht, drückte meinen Kopf mit in den Nacken und versuchte, mir das Genick zu brechen. Ich spürte, wie der Druck auf meine Nackenwirbel ins Unerträgliche stieg. Noch wenige Sekunden,

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