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Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Titel: Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Augenwinkeln sah ich, wie er herumfuhr und den Mann neben sich mit einem blitzartigen Kinnhaken niederstreckte. Ich sprang vor, holte zu einem wuchtigen Hieb aus und stolperte ins Leere, als der Mann blitzschnell zur Seite trat. Die Axt in seinen Händen blitzte auf. Verzweifelt warf ich mich zur Seite. Die Axt zischte einen halben Fingerbreit an meinem linken Ohr vorbei, aber ihr Stiel traf mich mit betäubender Wucht an der Schulter.
    Ich schrie vor Schmerz und Schrecken, verlor vollends das Gleichgewicht und fiel. Hinter mir erscholl ein wütender Schrei. Instinktiv rollte ich mich auf den Rücken, riss schützend die Hände vor das Gesicht und trat zu. Mein Fuß traf die Kniescheibe des Mannes, im gleichen Moment, in dem er die Axt zum entscheidenden Hieb schwang. Er schrie auf, verlor, durch den Schwung seiner eigenen Bewegung nach vorne gerissen, den Halt und stürzte neben mich. Die Axt prallte klirrend gegen den Stein und zerbrach. Ihr Stiel traf mich an der Schläfe und ich verlor das Bewusstsein.
     
    Das erste, was ich fühlte, als ich wieder zu mir kam, war ein unangenehmes Stoßen und Rütteln und der eisige Biss des Windes. Ein stechender Schmerz saß in meiner rechten Schläfe. Ich hob die Hand, fühlte klebriges, kaum geronnenes Blut und stöhnte auf. Erst dann öffnete ich die Augen.
    Ich saß vorne auf dem Kutschbock, wie ein schlafendes Kind an Miss Windens Schulter gelehnt. Der Wagen fuhr mit scharfem Tempo in die Dunkelheit hinein und den Stößen und Schlägen nach zu urteilen, die sich über die ungefederten Achsen auf den Wagen übertrugen, musste sich die Straße noch erheblich verschlechtert haben. Mühsam setzte ich mich auf, tastete noch einmal nach der Platzwunde an meiner Schläfe und verzog das Gesicht. Das Stechen wuchs zu einem quälenden Kopfschmerz heran.
    Howard, der mit Miss Winden den Platz getauscht hatte, wandte kurz den Blick und konzentrierte sich dann wieder darauf, den Wagen über die ausgefahrene Straße zu lenken. »Alles in Ordnung?«
    Ich wollte nicken, aber allein der Gedanke daran steigerte das Pochen hinter meiner Stirn zu blanker Raserei, und so beließ ich es bei einem – wenn auch etwas gequältem – Lächeln. Der Wagen sprang und hüpfte wie ein Boot auf stürmischer See. Rechts und links des Weges waren dunkle Schatten wie Mauern, die den Weg säumten, und das Geräusch des Regens hatte sich verändert. »Was ist … passiert?«
    »Wir haben Pech gehabt«, sagte Howard, ohne mich dabei anzusehen. »Der Bursche, der dich niedergeschlagen hat, ist entkommen. Ich fürchte, wir werden bald Gesellschaft haben.«
    Ich erschrak. »Er ist entkommen?«, wiederholte ich ungläubig. »Er ist -«
    »Ich wollte ihn aufhalten, aber ich war nicht schnell genug. Ich fürchte, er ist jetzt schon fast wieder in der Stadt.«
    »Aber wie konnte das geschehen?«, fragte ich aufgebracht. »Du hattest deinen Revolver!«
    »Sollte ich ihn vielleicht erschießen?«, fragte Howard wütend.
    Einen Moment lang starrte ich ihn betreten an, dann senkte ich verlegen den Blick und sah weg. »Und … der andere?«
    Statt einer Antwort wies Howard mit dem Daumen nach hinten. Ich verdrehte mir halbwegs den Hals, um über die Schulter ins Wageninnere zurückblicken zu können. Rowlf lag noch immer reglos auf seinem Platz, aber auch die andere Bank war jetzt nicht mehr leer. Eine Gestalt in einem schwarzen Ölmantel lag darauf, an Händen und Füßen gebunden und mit einem zusammengedrehten Taschentuch geknebelt.
    »Wohin fahren wir?«, fragte ich.
    »Nach Bettyhill«, antwortete Miss Winden an Howards Stelle. »Ich habe dort Freunde, die Sie verstecken werden, keine Sorge.«
    »Aber sie holen uns ein, ehe wir die halbe Strecke geschafft haben!«, widersprach ich.
    »Vielleicht«, sagte sie. »Vielleicht auch nicht. Wir fahren den direkten Weg, durch den Wald. Wenn wir Glück haben und der Wagen nicht stecken bleibt, schaffen wir es. Die Dunkelheit schützt uns. Und es gibt Dutzende von Wegen, die durch den Wald führen. Sie können sie nicht alle absuchen.«
    »Und wenn wir stecken bleiben?«
    »Dann gehen wir zu Fuß weiter«, knurrte Howard. Seine Stimme hörte sich gereizt an. Er war nervös und hatte Angst und ich spürte, dass es besser war, jetzt nicht weiterzureden. So drehte ich mich wieder herum, versuchte auf der harten, schmalen Holzbank in eine einigermaßen bequeme Stellung zu rutschen, und starrte in die Dunkelheit rechts und links des Weges.
    Viel gab es allerdings nicht zu sehen:
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