Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns
auf.
»Was hast du da?«, fragte einer seiner Begleiter.
Brennan zuckte abermals mit den Achseln. »Eine Splintschraube«, murmelte er. »Scheint von einem Wagen zu stammen.«
»Von ihrem?«
»Vielleicht«, antwortete Brennan unschlüssig. »Aber wenn er von ihrem Wagen stammt, dann sind sie nicht weit gekommen. Das Ding hält das Rad auf der Achse.« Er warf die Schraube fort, senkte seine Fackel und machte ein paar Schritte den Weg hinab.
Er fand noch mehr Metall: weitere Schrauben, Nägel, ein paar Nieten, wie man sie benötigte, um die Lederriemen eines Geschirrs zusammenzuhalten. Es sah fast so aus, dachte er erschrocken, als hätte sich ein ganzer Wagen an dieser Stelle in seine Bestandteile aufgelöst. Und überall dieses schwarze, glitzernde Wurzelzeug. Da und dort wuchs es fast knöchelhoch aus dem Morast empor und bildete kleine, verfilzte Nester, von denen dünne Stränge nach allen Richtungen liefen und im Boden versanken oder sich mit anderen verbanden.
Er vertrieb den Gedanken, ging zu seinem Pferd zurück und schwenkte die Fackel. »Wir reiten weiter«, befahl er. »Weiß der Geier, was das für ein Zeug ist. Los.«
»Landers ist nicht da«, sagte einer der Männer. Brennan drehte sich unwillig im Sattel um und setzte zu einer scharfen Antwort an, beließ es aber dann doch bei einem missmutigen Stirnrunzeln. Hinter ihm waren nur noch vier Reiter.
»Was soll das heißen, er ist nicht mehr da?«, schnauzte er.
»Er ist weg«, antwortete einer der Männer. »Muss irgendwo unterwegs zurückgeblieben sein. Soll ich ihn suchen?«
Brennan knurrte unwillig. »Nein«, sagte er. »Soll er doch bleiben, wo der Pfeffer wächst. Wenn der Feigling Angst hat, dann brauche ich ihn nicht.«
»Die Sache gefällt mir nicht«, antwortete der Reiter. »Er hätte es mir gesagt, wenn er zurückgeritten wäre.« Er schwieg einen Moment, richtete sich ein wenig im Sattel auf und blickte nach beiden Seiten in den Wald hinein. Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen fühlte er sich nicht sonderlich wohl in seiner Haut.
»Dieser ganze verdammte Wald gefällt mir nicht«, sagte er noch einmal. »Irgendwas stimmt hier nicht. Die Pferde sind so verdammt nervös, und dann dieses Zeugs im Boden … lass uns zurückreiten, Fred.«
Brennan starrte ihn für die Dauer eines Atemzuges wütend an. »Ich will dir sagen, was hier nicht stimmt, Matt«, zischte er. »Du bist es. Wenn du dir vor Angst in die Hosen machst, dann hau doch ab. Reite hinter Landers her und heul dich an seiner Schulter aus. Oder halt die Schnauze und reite weiter, du Feigling.«
»Ich habe keine Angst!«, widersprach Matt.
Brennan lachte hässlich. »Dann ist es ja gut. Weiter jetzt.« Mit einem wütenden Ruck fuhr er herum, gab seinem Pferd die Zügel und sprengte an der Spitze der kleinen Gruppe los.
Hinter ihnen senkte sich wieder der Vorhang der Nacht über den schmalen Waldweg. Wären sie noch einen Moment länger geblieben, dann hätten sie vielleicht bemerkt, dass sich das schwarze Gewebe im Boden nicht nur scheinbar bewegte. Es pulsierte, ganz, ganz langsam. Und es wuchs. Ebenso langsam. Aber unaufhaltsam.
Ich benötigte nur ein paar Sekunden, um aus dem Zimmer und die Treppe hinauf zu stürzen; und trotzdem war ich der letzte, der den Dachboden erreichte. Miss Winden und McMudock – letzterer mit ungläubig aufgerissenen Augen und in einer grotesken Haltung mitten in der Bewegung erstarrt – standen unweit der Tür, während Howard, seine Fackel hoch über dem Kopf erhoben und die linke Hand in einer abweisenden Bewegung in McMudocks und Miss Windens Richtung ausgestreckt, sich vorsichtig einem wuchtigen, staubverkrusteten Schreibtisch näherte.
»Was ist los?«, fragte ich. Mein Herz jagte. In meinen Ohren schien noch immer der Nachhall des grässlichen Schreies zu gellen. McMudocks Schrei …
Howard blieb stehen, wandte fast unwillig den Kopf und machte eine komplizierte Bewegung mit der Hand, mit der er wohl andeuten wollte, dass ich zu ihm kommen und die beiden anderen bleiben sollten, wo sie waren.
Unsicher trat ich zwischen McMudock und Miss Winden hindurch, hob meine Fackel ein wenig höher – und erstarrte.
Es war ein fürchterlicher Anblick.
Hinter dem Schreibtisch saß eine Leiche, eine männliche Leiche. Jedenfalls zum Teil.
Bis zum Gürtel hinab war es der Körper eines Mannes. Seine Haut und sein Haar waren grau und stumpf, als wären sie mit einer jahrzehntealten Staubschicht bedeckt, und seine Augen blickten wie
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