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Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Titel: Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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faulen können.
    Nichts.
    Die staubigen Bretter der Regale waren leer und auf dem Boden lagen nur Schmutz und steinhart gewordenes Holz. Es gab nichts von dem, was zu dem Geruch und dem Bild gepasst hätte – keine hereingewehten Blätter, kein Schimmel, keine verfaulten Lebensmittelreste … nichts. Es gab nichts Organisches mehr in diesem Raum. Das Zimmer war steril.
    Der eisige Griff der Furcht um mein Herz wurde stärker. Ich machte einen Schritt in den Raum hinein, zögerte und drehte mich um, als irgendetwas auf dem Boden das Licht meiner Fackel glitzernd reflektierte. Hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, so schnell wie möglich aus diesem Zimmer herauszukommen, und schlichter Neugier blieb ich einen Moment stehen, wandte mich noch einmal um und ging in die Hocke; nicht ohne mich vorher mit einem raschen Blick davon zu überzeugen, dass die Tür noch offen war und ich im Notfall mit einem einzigen Satz aus dem Zimmer fliehen konnte.
    Auf dem Boden war eine Spur. Sie war etwas breiter als eine kräftige Männerhand und führte in komplizierten, scheinbar sinnlosen Windungen von der Tür aus kreuz und quer durch den Raum, wobei sie nacheinander alle vier Wände berührte. Sie und die Regale, die davor standen. Als hätte etwas das Zimmer gründlich inspiziert. Oder abgesucht. Nach etwas Fressbarem abgesucht.
    Mit klopfendem Herzen richtete ich mich auf, ging noch einmal zu einem der Regale zurück und hob meine Fackel etwas höher. Wieder fiel mir auf, wie leer die Regalbretter waren. Es lag nicht einmal Staub darauf. Sie waren sauber, sauber und so blank, als wären sie …
    … als wären sie poliert worden.
    Oder leergefressen.
    Wie die Bäume auf der grausigen Lichtung im Wald.
    Wie der Boden, in dem unser Wagen versunken war.
    Wie …
    Ich dachte den Gedanken nicht zu Ende. Denn in diesem Moment erscholl über mir der unmenschlichste Schrei, den ich jemals in meinem Leben gehört hatte.
     
    Die Fackeln rissen flackernde Inseln aus blasser, rötlicher Helligkeit aus der Nacht. Während der letzten halben Stunde hatte der Regen nachgelassen, der Sturm hatte seine größte Wut verbraucht und war aufs Meer zurückgekrochen, um sich irgendwo weit vor der Küste vollends auszutoben, und hier, unter dem schützenden Blätterdach des Waldes, war der Regen zu einem kaum noch merklichen, wenn auch eisigen Nieseln geworden.
    Trotzdem waren die zwölf Männer bis auf die Haut durchnässt, obwohl sie schwarze Ölmäntel und -hüte trugen, die sie tief in die Gesichter gezogen hatten. Keiner von ihnen saß noch aufrecht im Sattel. Die durchwachte Nacht und die Anstrengungen des vorangegangenen Tages – einige von ihnen waren mit am Hafen gewesen, um bei den Löscharbeiten zu helfen – forderten ihren Preis und auch die Pferde, vom mühsamen Vorwärtsschleppen durch den knöcheltiefen Matsch, in den sich die Wege verwandelt hatten, erschöpft, waren auf den letzten Meilen immer langsamer geworden. Trotzdem machte keiner ihrer Reiter auch nur einen Versuch, sie zu größerem Tempo anzuspornen. Wären die unbarmherzigen Kommandos des Mannes an ihrer Spitze nicht gewesen, wären die meisten von ihnen wahrscheinlich schon längst umgekehrt.
    Mitternacht war lange vorüber, als die kleine Gruppe eine Weggabelung erreichte und anhielt. Der Mann an der Spitze blickte einen Moment unschlüssig nach rechts und links und hob die Fackel etwas höher, um besser zu sehen. Natürlich war der Erfolg gleich Null – der Regen hätte selbst die Spuren einer ganzen Armee verwischt.
    Einer seiner Begleiter deutete nach rechts. »Wahrscheinlich sind sie dort entlang«, sagte er. »Ist der kürzeste Weg nach Bettyhill, Freddy.«
    »Und wer sagt dir, dass sie wirklich dahin wollten?«, knurrte der Anführer. »Diese Schweine werden den Teufel tun und ausgerechnet in die Richtung reiten, die sie mir verraten haben.« Er überlegte einen Moment, drehte sich halb im Sattel herum und ließ seinen Blick prüfend über das Dutzend erschöpfter Gestalten hinter sich gleiten. »Wir teilen uns«, sagte er schließlich. »Du nimmst Pete, Sean, Leroy und Fred und Norbert und reitest nach rechts, ich gehe mit den anderen nach links.«
    »Aber da gibt es nichts«, widersprach sein Begleiter. »Nur Wald und die Küste. Bei dem Wetter kommt da keiner durch.«
    »Diese Burschen sind nicht auf normale Wege angewiesen«, behauptete Fred. »Wahrscheinlich hocken sie irgendwo da vorne im Wald und lachen sich ins Fäustchen, während wir hier herumsuchen.

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