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Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Titel: Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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anlangte. Sein Gesicht war bleich vor Schrecken, aber er schien nicht ernsthaft verletzt, denn als ich nach ihm greifen wollte, schüttelte er den Kopf und deutete auf Gray, der auf der anderen Seite des Kronleuchters lag und sich nicht rührte.
    »Hilf ihm«, sagte er gepresst. »Mir fehlt nichts.«
    Ich nickte, eilte zu Dr. Gray hinüber und drehte ihn vorsichtig auf den Rücken. Der alte Mann hatte das Bewusstsein verloren. Sein Atem ging schnell und unregelmäßig und über seiner linken Braue klaffte ein hässlicher, tiefer Schnitt.
    »Bleiben Sie ruhig liegen«, sagte ich hastig, als er die Augen öffnete. »Ich lasse einen Arzt kommen.«
    »Nein!« Gray hob fast erschrocken die Hand. »Keinen Arzt. Ich … fühle mich schon wieder ganz gut. Mir ist nichts passiert. Es war … nur der Schrecken.« Seine Stimme zitterte vor Erregung. »Ich bin schon wieder ganz in Ordnung, siehst du?« Er lächelte schief, stemmte sich aus eigener Kraft hoch und schluckte einen Schmerzlaut hinunter, um mir zu beweisen, wie gut es ihm ging.
    »Sie sind verrückt, Gray«, sagte ich entschlossen. »Sie bleiben liegen und ich lasse einen Arzt kommen. Auch gegen Ihren Willen, wenn es sein muss.«
    »Aber warum denn, Robert?«, fragte Howard. Erstaunt blickte ich ihn an. Sein Gesicht war noch immer bleich, aber es wirkte auf die gleiche, unnatürliche Weise gefasst wie das Grays. Irritiert stand ich auf und blickte hilflos von ihm zu Gray. Irgendetwas stimmte hier doch nicht!
    »Wenn er keinen Arzt will, ist es in Ordnung«, fuhr Howard fort. »Er ist alt genug, um zu wissen, was gut für ihn ist, nicht? Du solltest lieber einen Handwerker kommen lassen, damit so etwas wie das hier nicht noch einmal passiert«, fügte er in verändertem Tonfall hinzu.
    In seiner Stimme war eine Kälte, die mich schaudern ließ. Aber ich kam nicht dazu, irgendetwas zu sagen, denn Howard bückte sich, half Gray ziemlich grob auf die Beine und wandte sich mit einer Geste zur Treppe hin wieder an mich. »Und jetzt komm«, sagte er. »Die Diener können aufräumen und sich darum kümmern, dass der Schaden behoben wird, während wir hinaufgehen. Wir werden erwartet.«
     
    Wieder war es anders als sonst gewesen.
    Selbst für ihn, der es gewöhnt war, Wege zwischen den Wirklichkeiten zu gehen und in den Schatten zu wandeln, war es jedesmal neu und erschreckend, das goldbeschlagene, lebende Tor zu benutzen.
    Necron wusste nicht, wieviel Zeit vergangen war; Stunden, vielleicht auch Tage oder Wochen. Wie die Wege, die seinen Geist befähigten, losgelöst von seinem Körper die Welt zu durchstreifen, durch die Augen anderer zu sehen und mit den Händen anderer zu handeln, war auch das Tor unberechenbar.
    Necron besaß die Macht, seinen Ausgang zu bestimmen, vorherzusagen, in welchem Teil der Welt er aus den Schatten treten würde, aber seine Macht reichte nicht, die Dauer seines Aufenthaltes in der anderen Welt zu bestimmen.
    Jetzt, als er sich langsam auf die Knie erhob und darauf wartete, dass das quälende Schwindelgefühl zwischen seinen Schläfen verebbte, spürte er, dass diesmal nur wenig Zeit vergangen war. Vielleicht weniger, als wirklich verstrichen war, seit er den Schritt in die Schatten getan hatte. Manchmal lief die Zeit auch rückwärts, wenn er das Tor benutzte.
    Langsam klärte sich sein Blick. Er war in einem niedrigen, dunklen Raum von unbestimmbaren Ausmaßen und mit gewölbter Decke. Es roch nach Ratten und Moder und von irgendwoher kam graues, flackerndes Licht. Gestalten waren um ihn herum, schlanke drohende Schatten vor der Dunkelheit des Kellergewölbes.
    Er versuchte auf die Knie zu kommen, sank kraftlos wieder zurück und griff dankbar nach der Hand, die sich helfend nach ihm ausstreckte. Necron fühlte sich schwach und ausgelaugt wie immer, wenn er das Tor benutzte, nur dass es diesmal viel, viel schlimmer gewesen war. Er hatte nicht nur für sich, sondern auch für zehn andere einen Weg durch die Schatten bahnen müssen. Selbst er, der die Zeit so viele Male betrogen hatte, spürte plötzlich das Gewicht der Jahrhunderte, die unsichtbar auf seinen Schultern lasteten.
    Einen Moment lang wurde das Schwindelgefühl so stark, dass er echte Angst empfand, sich übernommen zu haben. Er wusste, dass die Tore nicht ungefährlich waren, nicht einmal für einen so mächtigen Magier wie ihn. Schon so mancher war nicht wieder zurückgekommen aus der Welt der Albträume und der Furcht. Und so mancher, der zurückgekommen war, war als bloßer

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