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Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Titel: Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unten.
    Aber trotz der hellen Farben und der fröhlich gemusterten Tapeten und Vorhänge entgingen mir nicht die Gitter vor den Fenstern, so wenig wie die Türen, die ein ganz kleines bisschen zu solide wirkten. Die Schlösser hätten sogar einen talentierten Einbrecher vor erhebliche Probleme gestellt. Und die dicken Teppiche und Vorhänge dienten hier nicht mehr dem Prestige, sondern der Schallisolierung. Das Dachgeschoss war ein Gefängnis. Ein schalldichtes Gefängnis.
    Mein Herz begann wie rasend zu klopfen, als ich die Hand auf den Türknauf legte und ihn zögernd drehte. Ich wusste, wen ich dahinter treffen würde, auch wenn Howard bisher nichts als sinistre Andeutungen gemacht hatte.
    Priscylla saß auf ihrem Bett, als wir den Raum betraten, halb aufrecht und von einem Kissen gestützt, das Gesicht zum Fenster gewandt, aber mit geschlossenen Augen. Eine ältliche, grauhaarige Frau saß auf einem Stuhl neben ihr und las in einem Buch. Als wir eintraten, klappte sie es zu, legte einen Finger auf die Lippen und kam uns mit lautlosen Schritten entgegen.
    Es dauerte einen Moment, bis ich sie erkannte.
    »Mary!«
    Mrs. Winden schüttelte missbilligend den Kopf ob meiner Lautstärke, lächelte aber gleich darauf und deutete mit einer übertrieben pantomimischen Bewegung hinter sich. Ich erkannte eine nur angelehnte Tür, die in einen zweiten, hell erleuchteten Raum führte. Sie bedeutete Howard und mir mit Gesten ihr zu folgen, und ging auf Zehenspitzen an Priscyllas Bett vorbei.
    Mein Blick streifte Pris Gesicht und ich blieb unwillkürlich stehen. Ein seltsames, beklemmendes Gefühl machte sich in mir breit, als ich das schlafende Mädchen betrachtete.
    Sie schien mir schöner als je zuvor, obwohl die Ereignisse, die sie durchgestanden hatte, tiefe Spuren in ihrem Antlitz hinterlassen hatten. Trotzdem war sie die schönste Frau der Welt.
    Wenigstens für mich.
    Meine Gedanken eilten zurück zu dem Tag, an dem ich sie das erste Mal gesehen hatte. Ich glaube, ich habe sie von der ersten Sekunde an geliebt und nichts von dem, was danach geschah, hat irgendetwas daran ändern können. Sie war wie ich als Waise aufgewachsen; in einem kleinen Fischerdorf an der schottischen Küste.
    Und kaum dass ich sie kennen gelernt hatte, wollte sie mich umbringen.
    Natürlich nicht sie selbst. Ihr Körper, sicher – aber nicht sie. Nicht die Priscylla, die ich kennen und lieben gelernt hatte, sondern die Hexe Lyssa, deren Geist vom Körper dieses unschuldigen Wesens Besitz ergriffen hatte.
    Howard ist vom ersten Tag an etwas anderer Meinung über diesen Punkt gewesen, aber ich weiß, dass die wirkliche Priscylla ein zartes, sanftmütiges Wesen voller Liebe und Zärtlichkeit war.
    Und ich würde sie heilen. Howard und Dr. Gray hatten vergeblich versucht, sie aus dem Zustand der Verwirrung zu reißen, in den ihr Geist nach der Vernichtung der Hexe versunken war, aber mir würde es gelingen. Ich wusste es. Vielleicht würde es all meine Macht, das ganze magische Erbe meines Vaters kosten. Aber ich würde sie heilen.
    Eine Hand legte sich auf meine Schulter. »Kommen Sie, Mister Craven«, sagte Mrs. Winden leise, um Priscylla nicht aufzuwecken. »Gehen wir nach nebenan. Dort können wir reden.«
    Ich nickte und folgte ihr – wenn auch widerstrebend – in das angrenzende Zimmer.
    Mary schloss die Tür und drehte sich mit einem befreiten Lächeln zu mir um. »Mister Craven!«, sagte sie. »Wie schön, dass Sie endlich da sind. Wir haben schon ungeduldig auf Sie gewartet. Besonders Priscylla.«
    »Wie geht es ihr?«, fragte ich.
    »Gut«, antwortete Mrs. Winden. »Sie schläft viel, aber manchmal, wenn sie erwacht, ist sie vollkommen klar, und …« Sie brach ab, starrte mich einen Moment betroffen an und murmelte: »Verzeihung.«
    »Schon gut.« Ich versuchte so gelassen wie möglich zu klingen, aber ganz gelang es mir nicht.
    »Es tut mir Leid, Mister Craven«, sagte sie niedergeschlagen. »Ich wollte Sie nicht -«
    »Es ist gut, Mary«, unterbrach sie Howard. »Es wird Zeit, dass sich Robert an die Wahrheit gewöhnt.«
    Ich fuhr herum und starrte ihn zornig an. Aber ich schwieg, obwohl alles in mir zu brodeln schien. Er hatte ja Recht. Und er konnte nichts dafür, dass meine Gefühle nicht nach Recht oder Unrecht fragen.
    »Es geht ihr wirklich gut, Mister Craven«, fuhr Mary fort. »Dr. Gray untersucht sie jeden Tag, und sie hat sogar schon nach Ihnen gefragt.«
    Die letzte Behauptung war eine Lüge, und es hätte nicht einmal

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