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Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Titel: Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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riesiges bizarres Tier zuckte und bebte.
    Erst als eine der grauenhaften Kreaturen auf mich zuzukriechen begann, erwachte ich endlich aus meiner Erstarrung.
    Mit einem Schrei sprang ich zurück, prallte gegen die marmorne Fensterbank und riss den Abzug des Revolvers durch.
    Der peitschende Knall zerriss die Stille wie ein Kanonenschlag. Die Kugel verfehlte das Tier und riss eine Handbreit neben ihm Splitter aus dem Boden, denn meine Hände zitterten so stark, dass ich die Waffe kaum zu halten, geschweige denn zu zielen vermochte. Aber die Ratte erschlaffte trotzdem mitten in der Bewegung, zuckte noch einmal und lag dann still.
    Wie zur Antwort auf den Knall des Pistolenschusses ertönte irgendwo im Haus ein erschrockener Ruf, dann hörte ich eine Tür schlagen und eine zweite Stimme schreien, aber die Geräusche schienen irgendwie nicht an mein Bewusstsein zu dringen, sondern blieben irreal und bedeutungslos. Der furchtbare Anblick hielt mich noch immer gefangen und mit jeder Sekunde, die sich meine Augen mehr an die Dunkelheit gewöhnten und ich weitere Einzelheiten zu erkennen vermochte, wuchs der Schrecken noch.
    Die Ratten bildeten einen fast halbmeterhohen, kribbelnden, wogenden Klumpen vor dem Kamin, aber dahinter, wie eine grausige Spur, zog sich eine ununterbrochene Kette toter Tiere quer durch die Bibliothek, lief im Zickzack über den Parkettboden und endete vor dem Schreibtisch.
    Mein Herz schien einen Schlag zu überspringen und hämmerte dann mit schmerzhafter Wucht und doppelt schnell weiter, als ich sah, dass einer der aufgedunsenen Kadaver direkt neben der Lampe auf der Schreibtischplatte lag, wenige Zentimeter von der Stelle entfernt, an der meine Hand gewesen war.
    Ich trat ein Stück vom Fenster fort und sah, dass sich die Spur aus toten oder sterbenden Ratten auf der anderen Seite des Schreibtisches fortsetzte, in einem leicht geschwungenen Bogen zur anderen Seite des Zimmers führte und am Fuße der Standuhr abbrach.
    Das hieß – nicht an ihrem Fuß.
    Die Tür des mannshohen, monströsen Möbels stand eine Hand breit offen und aus dem Spalt blickten mich die gebrochenen Augen einer Ratte an, erfüllt von einer Wut, die sich selbst im Tode noch in ihren Blick gebrannt hatte.
    Draußen auf dem Gang wurden polternde Schritte und Stimmen laut, dann wurde die Tür aufgestoßen; so heftig, dass sie wuchtig gegen die Wand krachte. Howard und Rowlf stürmten dicht hintereinander in die Bibliothek und blieben wie angewurzelt stehen. Howard keuchte, während Rowlf einen sonderbaren, quietschenden Laut ausstieß und zurückprallte.
    Aber ich bemerkte die beiden kaum, sondern starrte aus ungläubig aufgerissenen Augen auf die Standuhr.
    Die plötzliche Erschütterung ließ ihre Tür vollends aufgehen. Und aus dem schmalen Raum dahinter quollen Dutzende von toten Ratten wie eine schwarze, haarige Lawine auf den Boden …
     
    Irgendetwas hatte Garey Stome geweckt. Er wusste nicht, was; und er wusste nicht, woher das Geräusch gekommen war – aber der Laut war zu deutlich gewesen, um irgendwo zufällig entstanden zu sein; und zu real für den Teil eines Traumes, der ihm irgendwie in die Wirklichkeit gefolgt war.
    Für eine Weile blieb Stome reglos und mit geöffneten Augen auf dem Bett liegen, starrte die niedrige, fleckige Decke über seinem Kopf an und lauschte. Schließlich wiederholte sich der Laut.
    Es war ein Geräusch wie von Schritten; zahllosen, raschen, trippelnden Schritten, nicht die von Menschen, sondern von Tierfüßen …
    Stome lauschte noch einen Moment, dann schlug er – sehr vorsichtig, um seine Frau, die an seiner Seite lag und schlief – nicht zu wecken, die Decke beiseite, schwang die Beine aus dem Bett und stand auf. Die Kälte der Nacht war in das kleine Zimmer gekrochen und ließ ihn frösteln. Mit lautlosen Schritten ging er zum Fenster, zog die Gardine einen Spalt breit auf und spähte auf die Straße hinunter.
    Der Anblick unterschied sich in nichts von dem Bild, das er seit fünfundvierzig Jahren zu sehen gewohnt war, wenn er aus dem Fenster sah. Die schmale, wie mit einem Lineal gezogene Straße, zu deren Seiten sich die Hand voll Häuser von St. Aimes drängten, lag verlassen und dunkel hinter ihm. Der Himmel war mit schweren Regenwolken verhangen und nur hier und da lugte ein Stern oder ein Stück des samtblauen Nachthimmels hervor. Nichts schien sich zu rühren, nirgendwo war eine Bewegung oder ein Anzeichen von Leben zu gewahren.
    Aber das Geräusch war da.
    Stome fuhr

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