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Hexer-Edition 08: Engel des Bösen

Hexer-Edition 08: Engel des Bösen

Titel: Hexer-Edition 08: Engel des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Bulldoggengesicht war unverkennbar, selbst über die große Entfernung hinweg. Er stand, beide Hände in die Jackentasche vergraben und ungeduldig mit den Füßen aufstampfend, vor der Tafel mit den Abfahrtszeiten und blickte abwechselnd auf die kleingedruckten Buchstaben und die Normaluhr, die über seinem Kopf von der Decke hing. Dann schlug er den Jackenkragen hoch und ging mit weit ausgreifenden Schritten zu der Teebude am anderen Ende des Bahnhofes hinüber. Ich überlegte einen Moment, ob ich ihm folgen sollte, entschied mich aber dann dagegen.
    Die Gefahr, erkannt zu werden, war zu groß. Wenn wir uns erst im Zug trafen, waren wir auf jeden Fall sicherer.
    Der Gedanke ließ mich lächeln. Ich begann mich schon zu benehmen und – was schlimmer war – so zu denken, als wäre ich auf der Flucht. Dabei waren die Männer, vor denen ich mich im Moment verbarg, meine Verbündeten. Es war zum Verrücktwerden!
    Ich sah auf die Uhr, stellte fest, dass ich noch knapp dreißig Minuten Zeit bis zur Abfahrt hatte, und wandte mich fröstelnd um, um ins Bahnhofscafe zu gehen. Es brachte niemandem etwas, wenn ich eine halbe Stunde hier herumstand.
    Ich betrat das Lokal, suchte mir einen Platz in der hintersten Ecke, von dem aus ich den Eingang im Auge behalten konnte, ohne sofort selbst gesehen zu werden, bestellte einen heißen Kaffee und blickte unter dem Rand meiner Kapuze hinweg zur Tür.
    Nach einer Weile näherten sich Schritte meinem Tisch. Ich sah auf und griff gleichzeitig in die Tasche, um eine Münze hervorzuholen.
    Aber es war nicht der Ober, den ich erwartet hatte.
    Der Mann vor mir war ein Riese mit schütterem Haar, einer dünnen, goldgefassten Brille und dem grimmigsten Gesichtsausdruck, der mir jemals untergekommen war. Und diesmal trug er nicht den abgewetzten grauen Anzug, mit dem ich ihn in seinem Büro gesehen hatte, sondern die schwarze Uniform der Londoner Polizei, auf deren Schultern die Goldtressen seines Captainsranges blitzten.
    »Cohen!«, entfuhr es mir. »Sie?«
    Er nickte – auf eine sehr grimmige, abgehackte Weise, zog sich unaufgefordert einen Stuhl heran und ließ sich darauf nieder. Das wackelige Möbelstück ächzte unter seiner Leibesfülle, aber Cohen schien es nicht einmal zu bemerken.
    Finster starrte er mich durch die halb beschlagenen Gläser seiner Brille an und scheuchte den Kellner, der mit meinem Kaffee herankam, mit einer ungeduldigen Handbewegung davon.
    »Es freut mich, dass Sie sich wenigstens noch an meinen Namen erinnern, Craven«, sagte er. »Um ehrlich zu sein, hatte ich schon fast gefürchtet, dass Sie unser Gespräch vom heutigen Morgen bereits vergessen haben könnten.«
    »Worauf wollen Sie hinaus, Captain?«, fragte ich.
    Cohen lächelte kalt. »Nichts, Craven, nichts. Sie wollen verreisen?«
    »Ich folge nur Ihrem Rat«, antwortete ich bissig. »Heute Morgen konnten Sie mich nicht schnell genug aus der Stadt herausbekommen, oder?«
    Cohen seufzte. Auf seinem Gesicht erschien ein Ausdruck, der gleichzeitig gelangweilt wie ergeben wirkte. Unbemerkt blickte ich an ihm vorbei zum Ausgang. Die beiden Männer, die rechts und links der Tür standen und interessiert in ihren Zeitungen blätterten, waren mir beim Hineingehen nicht aufgefallen. Aber ich war sicher, dass ich sie bemerkt hätte, wären sie zu diesem Zeitpunkt bereits dort gewesen.
    Vor allem, weil einer von ihnen seine Zeitung verkehrt herum hielt.
    So viel zu dem Gedanken an Flucht.
    Ich straffte mich, schlug die alberne Kapuze, die ich noch immer über dem Kopf hatte, zurück und sah Cohen herausfordernd an. »Was wollen Sie von mir, Captain?«, fragte ich noch einmal. »Sie haben mir geraten, die Stadt zu verlassen. Jetzt tue ich es.«
    »Ohne Koffer?«, fragte Cohen.
    Ich zuckte mit den Achseln. »Ich reise immer mit kleinem Gepäck. Also – was wollen Sie?«
    »Sie haben es sehr eilig, wie?«, murmelte Cohen lauernd. »Man könnte meinen, Sie laufen vor irgendetwas davon.«
    »Sie selber haben mir gesagt -«
    »Ich weiß, was ich Ihnen gesagt habe, Mister Craven«, unterbrach mich Cohen. Plötzlich klang seine Stimme ganz kalt, hart und unnachgiebig wie Stahl. »Aber das war heute Morgen, Craven. Mittlerweile haben sich gewisse Dinge geändert.«
    »Gewisse Dinge?«, wiederholte ich lauernd. Plötzlich war ich mir sicher, dass Cohen mit einer ganz bestimmten Absicht hier war.
    »Sehen Sie, Craven, selbst Scotland Yard ist nicht so dumm, wie ihr Amerikaner zu glauben scheint«, sagte Cohen. Seine Stimme

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