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Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Titel: Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Furcht krümmten, wenn sie auch nur seinen Namen hörten? Was würden sie sagen, wenn sie wüssten, dass auch ihm, Necron, dem Herrn der Schatten und der Nacht, dem Mann, dessen Name Furcht und Tod war, die Angst ein wohlvertrauter Freund war? Dass auch er seine Tage in Furcht verbrachte; Furcht vor einem Wesen, das so schrecklich war, dass sein bloßer Anblick einen normalen Menschen um den Verstand gebracht hätte?
    Aber sie wussten es ja nicht.
    Necron atmete tief ein, beugte sich wieder über das aufgeschlagene Buch und begann mit seinem dürren Zeigefinger die Linien auf dem brüchigen Pergament abzufahren. Die Buchstaben, die er sah, gehörten zu keiner bekannten Sprache, zu keiner Schrift, die irgendein anderer Mensch auf der Welt zu entziffern in der Lage gewesen wäre. Für ihn waren sie so klar wie gedruckte Worte. Nur tausend Mal furchtbarer in ihrer Bedeutung.
    Selbst er zögerte, als sein Finger die gesuchte Zeile fand und unter den unheiligen Worten verharrte. So mächtig er war, hatte er bisher nie gewagt, diesen Fluch auszusprechen, den Bann zu lösen und den UNAUSSPRECHLICHEN zu befreien.
    Aber sein Zögern währte nur einen Augenblick. Was getan werden musste, duldete keinen Aufschub. Seine Feinde waren listig und schlau und Necron hatte nie zu denen gehört, die den Fehler begingen, ihre Gegner zu unterschätzen. Er konnte sich keinen Fehler leisten. Wenn er versagte, dann erwartete ihn ein Schicksal, das hundert Mal schlimmer war als die Hölle der Christen.
    Mit einem entschlossenen Ruck stand er auf, legte beide Hände mit gespreizten Fingern auf die aufgeschlagenen Buchseiten und begann Worte zu sprechen. Worte in einer uralten, seit Millennien vergessenen Sprache.
    Worte, die scheinbar ohne die geringste Wirkung blieben.
    Hier, tief unter den natürlich gewachsenen Grundmauern der Drachenburg, war dem auch so.
    Aber zehntausend Meilen entfernt und auf der anderen Seite der Welt stießen sie die Tore des Chaos auf.
     
    Das, was Bannermann als Passagierkabine bezeichnet hatte, war in Wirklichkeit ein gewaltiger, beinahe schiffsgroßer Saal, dessen Decke sich gute fünfzig Fuß hoch spannte und gewölbt wie die einer Katakombe war. Die knapp zweihundert Männer und Frauen, die im ersten Licht des Morgens an Bord der DAGON gegangen waren, saßen verteilt auf einer Anzahl hölzerner Stühle und Bänke, die sich vergeblich bemühten, dem Raum einen Anstrich von Wohnlichkeit zu verleihen. Er war zu groß dafür und das nackte Holz seiner Wände ließ mich eher an einen Viehtransporter denken denn an ein Schiff, in dem Menschen in eine neue Welt reisen wollten.
    Ich vertrieb den Gedanken, blieb unter der Tür stehen und sah mich aufmerksam um. Von Jennifer und ihrer Mutter war keine Spur zu entdecken, wie ich mit einem leisen Gefühl der Enttäuschung feststellte. Dafür entdeckte ich McGillycaddy und seinen Schlägertrupp.
    Es waren nicht einmal sehr viele. Nachdem Frane verschwunden war – ich hatte einen Teil des Morgens damit zugebracht, vergeblich nach ihm Ausschau zu halten – blieben McGillycaddy ein knappes halbes Dutzend Männer. Es war mir ein Rätsel, wie es diese Hand voll Krimineller jemals geschafft hatte, ein ganzes Dorf zu tyrannisieren.
    Aber selbst jetzt verbreiteten sie noch Furcht wie einen üblen Geruch. Obwohl der Saal gewaltig war, waren zweihundert Menschen doch mehr als genug, ihn zu füllen; an den meisten Tischen herrschte drückende Enge und nicht wenige hatten sich in Ermangelung eines Sitzplatzes auf dem Fußboden oder den Tischplatten niedergelassen. Aber McGillycaddy und seine Kumpane saßen allein, inmitten eines unregelmäßigen Kreises leer gebliebener Stühle und Bänke.
    McGillycaddys Gesichtsausdruck nach zu schließen, schien er dieses Gefühl der Macht sichtlich zu genießen.
    Rasch näherte ich mich dem Tisch, den er mit seinen Kumpanen besetzt hatte, starrte demonstrativ an ihm vorbei und ging weiter, in Richtung auf die zweite, etwas schmalere Tür, die tiefer ins Schiff hineinführte.
    Ich war nicht sonderlich überrascht, als McGillycaddy sich im letzten Moment herumdrehte und das Bein vorstreckte, sodass ich entweder einen größeren Schritt machen oder darüber fallen musste, wäre ich weitergegangen.
    Ich tat keines von beiden, sondern blieb stehen.
    »Wo wollen Sie hin, Craven?«, fragte er lauernd. »Da hinten ist absolut nichts, was Sie interessieren dürfte.«
    Einen Moment lang überlegte ich ernsthaft, ihn schlichtweg zu hypnotisieren, um mir so

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