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Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Titel: Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Ball aus Nebel, der lautlos aus dem Tor herausglitt, flackernd und ohne fest umrissene Konturen. Ein dünner, rauchiger Strang begann aus dem Ball hervorzuwachsen, tastete sich ziellos wie ein blinder Wurm durch die Luft und näherte sich Shannons Gesicht.
    Der junge Magier musste sich mit aller Macht beherrschen, als der Nebelfaden seine Stirn berührte. Er spürte … Kälte. Zorn. Den Willen, zu töten. Schlimmer, zu vernichten. Alles zu zerstören, was Bestand hatte, nicht nur das Leben, sondern die Materie selbst zu zerstören, bis nur noch Chaos zurückblieb.
    Dann etwas wie ein Tasten. Ein Suchen und Sondieren und Erkennen, dann ein plötzliches, beinahe schmerzhaftes Zurückziehen des fremden Etwas, das seinen Geist durchleuchtet hatte.
    Der Strang aus Nebel und Nichts löste sich von seinem Gesicht, tastete weiter blind umher und berührte den ersten seiner Männer. Shannon sah die Furcht in seinen Augen aufflammen, als er die Berührung des UNAUSSPRECHLICHEN spürte, aber so wie bei ihm zuvor, zog sich der Arm nach einer kleinen Weile zurück, glitt weiter, berührte den nächsten Krieger, den übernächsten …
    Als es vorbei war, waren sie sicher. Das Wesen hatte sie als Verbündete erkannt. Shannon wusste es mit der gleichen, durch nichts begründeten Sicherheit, mit der er wusste, was dieser Ball aus brodelnder Schwärze bedeutete.
    Aber es war eine Sicherheit, die nicht lange währte. Vier Stunden, hatte Necron gesagt. Vier Stunden, das SIEGEL zu finden und zu holen. Dann würde mit dem UNAUSSPRECHLICHEN das Chaos über dieses Schiff hereinbrechen.
    Und über alles und jeden, der sich an Bord befand. Mit einem Ruck drehte sich Shannon herum und begann lautlos auf den Ausgang zuzuhuschen. Seine Männer folgten ihm und kurz nachdem sie den Raum verlassen hatten, begann das Tor endgültig zu erlöschen, der Ball aus dunklem Nebel zu verblassen.
    Lautlos folgte er den sieben schwarz verhüllten Gestalten der Drachenkrieger. Er war jetzt unsichtbar.
    Aber da, wo er entlangglitt, begann sich die Wirklichkeit zu verändern …
     
    Ich war wieder an Deck gegangen. Die Kälte hatte zugenommen und die brodelnde Wand aus Nebel, der Riss in der Wirklichkeit, auf den die DAGON zusteuerte, war breiter geworden, eine klaffende Schlucht, die das Schiff und alles, was darauf war, verschlingen würde.
    Trotzdem zog ich den Anblick dem der Menschenmenge unter Deck des Schiffes vor. Ich wusste, dass ich mich irrte, aber mich erinnerten die gut zweihundert Männer und Frauen im Rumpf der DAGON immer mehr an eine Schafherde, die sich widerstandslos zusammentreiben lässt, um zur Schlachtbank zu ziehen. Was, dachte ich, wenn Dagon gelogen hatte? Wenn nicht eine neue Welt, sondern der Tod, oder Schlimmeres auf diese Menschen wartete?
    Der Gedanke, der daraus folgerte, war furchtbar.
    Wenn es so war, dann trug ich die Schuld am Tode von zweihundert Menschen, denn all seine Macht hätte Dagon nichts genutzt, wäre ich nicht freiwillig an Bord dieses Schiffes gekommen.
    Meine Hand glitt beinahe von selbst in die rechte Tasche meines Rockes, schloss sich um das goldene Amulett und zog es hervor. Es fühlte sich kühl an, sehr schwer und so glatt, als wäre es sorgsam poliert worden, dabei war seine Oberfläche alles andere als eben, sondern von verwirrenden Linien und Mustern zerfurcht.
    Die Vorstellung, dass dieses so harmlos aussehende Stück Edelmetall über das Schicksal eines ganzen Dorfes entscheiden sollte, erschien mir lächerlich. Dagon hatte mir bisher – trotz meiner bohrenden Fragen – nicht gesagt, welche Bewandtnis es mit diesem Amulett hatte.
    Ich drehte das scheinbar nutzlose Ding ein paarmal in den Händen, seufzte tief und wollte es wieder wegstecken, als ich eine Bewegung wahrnahm. Als ich mich umdrehte, erkannte ich Bannermann, der offensichtlich hier oben auf mich gewartet und bisher hinter einem der mächtigen Masten gestanden hatte. Jetzt trat er auf mich zu, lächelte flüchtig und deutete mit der Hand auf den goldenen Stern in meinen Fingern.
    »Ist es das?«, fragte er.
    »Was?«
    »Andaras Amulett«, antwortete Bannermann.
    Ich nickte, machte Anstalten, es vollends einzustecken, aber Bannermann streckte fordernd den Arm aus und nach kurzem Zögern ließ ich den goldenen Stern in seine Hand fallen.
    »Woher wissen Sie davon?«, fragte ich.
    Bannermann strich fast behutsam mit den Fingerspitzen über die dünnen Linien, die in das Gold graviert worden waren. »Ihr Vater hatte es bei sich, als wir mit

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