Hexer-Edition 13: Ein Gigant erwacht
– selbst in jener Welt die wir das Jenseits nennen?
Lähmende Stille lag über der Wüste, als unser Schicksal entschieden wurde. Sitting Bull stand aufrecht und mit erhobenem Kopf vor Monahseetah und für endlose Minuten vereinigte sich sein Blick mit dem ihren. Es war der unglaublichste, bizarrste Kampf, den ich je miterlebt hatte; ein Krieg zwischen Hass und Liebe, zwischen Rache und Vergebung. Eine Schlacht, die allein in der Seele der jungen Squaw ausgetragen wurde.
Und die für uns entschieden wurde.
Plötzlich verblasste Monahseetahs Gestalt, wurde durchscheinend wie ein Nebelhauch und mit ihr vergingen auch die Skelettpferde und die reglose Gestalt General Custers. Es war eine Ironie des Schicksals, dass er, der eigentliche Urheber dieses ganzen Kampfes, in der letzten, entscheidenden Auseinandersetzung nicht einmal zu Wort gekommen war. Und während im Osten die ersten gleißenden Strahlen der Morgensonne den Horizont erhellten, verwehten die Nebel im Wind, tanzten noch sekundenlang wie eine Vision über der Wüste und gingen schließlich ein in die Ewigkeit.
Und rings um unser Lager sanken die toten Körper der Wächterindianer zu Boden, ihres unheiligen Lebens für immer beraubt.
Übrig blieb ein Gefühl der Wehmut in unseren Herzen, eine Mischung aus Trauer und Freude zugleich. Und die Erkenntnis, einen winzigen Teil des Geheimnisses um das Leben selbst erfahren zu haben.
Sitting Bull wandte sich um und blickte uns entgegen. Ich erschrak nicht einmal, als ich sah, wie sehr er gealtert war in diesen wenigen Minuten. Jetzt, da die Gefahr gebannt war, kehrte die Müdigkeit übermächtig zurück. Ich ließ mich auf den Rücken sinken und schloss die Augen.
Im nächsten Moment riss ich sie wieder auf und starrte in den Himmel über mir. Für einen Augenblick hatte ich geglaubt, etwas dort oben gesehen zu haben: die Silhouette eines großen, schwarzen Adlers, der genau über der Stelle stand, wo Monahseetah verschwunden war.
Aber dort war nichts. Ich musste mich wohl getäuscht haben …
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